Ein Raunen ging durch die Reihen der Menschen, die das Schauspiel der immer kleiner werdenden Erde verfolgten. Der blaue Planet lag wunderschön anzusehen unter ihnen. Die von den Weltmeeren umschlossenen Kontinente in ihren unterschiedlichen Farben waren teilweise von weißen Wolken eingehüllt, während über der Sahara und anderen Wüsten sowie den Trockengebieten der Erde kein Wölkchen die Sicht behinderte. Markus erfreute der Anblick von Grönland, einer schneebedeckten Eiswüste hoch im Norden. Einen tiefen Eindruck hinterließ der durch dichten Dschungel sich schlängelnde Amazonas …
Als einen schmalen, durchsichtigen Saum umgab die lebensnotwendige Atmosphäre den Erdball.
Über dem Äquator, schon weit draußen im Weltall, steuerten die Alien das Ufo in eine Erdumlaufbahn. Wie bei einer Perlenkette aneinandergereiht, schwebten unter ihnen die geostationären Satelliten. In vergleichsweise geringer Höhe über der Erdoberfläche zogen Wettersatelliten von Pol zu Pol ihre Bahn um den Globus. Und schräg zum Äquator umrundete die Raumstation ISS den Heimatplaneten.
Tausende große und kleine Satelliten auf unterschiedlichen Bahnen umkreisten die Erde, oft begleitet von Weltraummüll, der seit dem Start des Sputniks den Erdorbit unsicher macht …
Als sich mehrere kleine graue Alien den entführten Menschen an Bord näherten, gerieten einige in Panik und rannten davon.
Markus konnte ihr Verhalten nicht verstehen. Er fragte eine junge, gut aussehende Frau südländischen Typs, die verschie-dene Sprachen beherrschte und eine Mehrfachentführte war:
„Weshalb geraten Menschen in Panik, wenn ihnen kleine Graue begegnen?“
„Viele haben mir berichtet, dass die kleinen Alien gemein zu ihnen waren. Sie haben sie gezwungen, Hals über Kopf mitzukommen, ohne sich von ihren Angehörigen verabschieden zu können. – Oder bei Nacht hat man sie aus dem Schlaf gerissen und in ein Ufo verschleppt. Niemand weiß, wo sie abgeblieben sind.
Daran zerbrechen viele, auch weil sie nicht wissen, was die Außerirdischen mit ihnen vorhaben. – Gutes oder Böses?“
Markus wurde nachdenklich und antwortete der schönen, intelligenten Dolmetscherin aus dem Mittelmeerraum:
„Diese Erfahrungen habe ich nicht gemacht.“
Seine Gesprächspartnerin fügte noch hinzu:
„Die kleinen Grauen sind geschlechtslose Arbeitssklaven der menschenähnlichen Alien. Sie ‚sprechen’ selten und sind nicht zimperlich im Umgang mit ihren Abduktionsopfern.“
Markus hatte verstanden. Er schien eine bevorzugte Behandlung zu genießen –.
Wissbegierig wie er war, wollte er das „Gehirn“, die Steuer-zentrale des Ufos, kennenlernen und schritt Stufe für Stufe die nächstliegende Wendeltreppe empor.
Als er die Etage mit den „Hotelzimmern“ hinter sich gelassen hatte, standen unerwartet zwei bewaffnete kleine Alien vor ihm und versperrten den Weg.
Im Kopf hörte er eine harsche Stimme:
„Zutritt für Menschen verboten!“
Er wurde ganz verlegen – sagte dann kleinlaut:
„Habe verstanden …“, und begab sich wieder zu den anderen Menschen aus aller Welt, die wie er eine Reise ins Ungewisse machten …
Der Gemütszustand unter den Entführten wechselte ständig; denn die innere Uhr jedes Einzelnen tickte anders. Wenn die einen schlafen wollten, wurden die anderen munter. Auch Hunger und Durst meldeten sich zu unbestimmten Zeiten. Besonders die zuerst Entführten und Kinder mussten leiden. Kleine Alien brachten schließlich Lebensmittel und Getränke, die sie von der Erde haben mitgehen lassen, wie die Alten meinten. Die Toiletten an Bord schienen aus leerstehenden Urlauberhotels zu stammen, funktionierten aber. Manche staunten nicht schlecht, in einem außerirdischen Raumschiff WCs vorzufinden! …
Auf der Erde bestimmte der Wechsel von Tag und Nacht das Leben der Menschen. Während ein Teil der Weltbevölkerung schlief, war der andere Teil aktiv. Wenn auf der Nordhalbkugel Winter war, war auf der Südhalbkugel Sommer. Nur in der Äquatorzone gab es keine Jahreszeiten – auch waren die Tage und Nächte nicht unterschiedlich lang …
Weil die Alien Menschen aus verschiedenen Erdteilen gleichzeitig in ihrem Ufo gefangen hielten, entstanden Probleme: Es fehlten der 24-Stunden-Rhythmus, der Wechsel von Hell und Dunkel und die Zeit. Keiner kannte weder Datum noch Uhrzeit – Dinge, die den Menschen tagtäglich begleiten oder bestimmen. Das Ufo flog scheinbar zeitlos durch das All. Wer, wie Markus als Sterngucker, sich für das Weltall interessierte, konnte interessante Beobachtungen anstellen, wenn er aus dem Ufo heraus in den tiefschwarzen Sternen-himmel blickte …
Unbemerkt von den meisten Menschen an Bord hatte das Raumschiff seine Parkbahn in etwa 40 000 km Höhe über dem Erdäquator verlassen. Es beschleunigte rasant, was Markus an der schnell kleiner werdenden Erde erkennen konnte. Ihr Anblick war überwältigend! Und doch war sie nur ein Planet unter den Planeten der Sonne, die hell strahlend am Himmel stand, umgeben von unzähligen Sternen. Obwohl die Sonne schien, herrschte außerhalb des Ufos, im Vakuum des Kosmos, die absolute Weltraumkälte. Die Sterne funkelten nicht – sie leuchteten in einem ruhigen Licht in
unter-schiedlichen Farben. Da es kein Oben und Unten gab, war es für Markus schwierig, selbst die bekanntesten Sternbilder aufzufinden. Die Planeten hingegen fielen sofort ins Auge und waren leicht an ihrer Helligkeit und Farbe zu unterscheiden: Die Venus, der Morgen- und Abendstern, strahlte wie immer in einem silbernen Licht. Den Mars verriet seine rot-orangene Farbe. Der größte Planet der Sonne, Jupiter, leuchtete goldgelb und der weiter entfernte Ringplanet Saturn lichtschwächer als Jupiter.
Über den ganzen Himmel erstreckte sich das breite, zarte Band der Milchstraße, bestehend aus abertausend winzigen Licht-punkten.
Schade, dass Markus keinen Feldstecher zur Hand hatte!
Je länger er mit großer Geduld und Hingabe in die endlosen Weiten des Universums schaute, desto mehr Achtung empfand er vor der Schöpfung. Als letztendlich unser Nachtgestirn, der Mond, sehr viel größer als die Sonne, durch die Bullaugen schien, war allen klar – die Reise geht zum Mond!
Der Mond kam näher und näher und war herrlich anzuschauen. Neben den ausgedehnten dunklen Mondmeeren, die in Wirklichkeit flache Wüsten vulkanischen Ursprungs waren, beherrschten die ungezählten kleinen und auch großen runden Krater das Bild der unwirklichen Mondoberfläche. Sie ist seit Urzeiten unverändert, eine Urwelt, die bis zur Ankunft der Alien unbewohnt war.
An der Lichtgrenze zwischen der Tag- und Nachtseite ragten die höchsten Gipfel der Mondgebirge wie Leuchttürme aus dem Dunkel der Mondnacht.
Der auffällig helle Krater Tycho mit seinem ausgedehnten Strahlensystem beeindruckte besonders diejenigen Mitrei-senden, die noch nie durch ein Fernrohr einen Blick auf unseren „guten alten Mond“ werfen durften.
Das Ufo wurde langsamer, bis es sich auf einer Mondumlaufbahn befand. In relativ großer Höhe umkreiste es den Erdtrabanten. Da sahen Markus und andere aufmerksame Beobachter, wie drei Raumschiffe, ebenfalls „Fliegende Untertassen“, aber kleiner, von der Mondoberfläche aufstiegen, an ihnen vorbei rasten und entschwanden …
Auf seiner Umlaufbahn überflog „ihr Ufo“ auch die Rückseite des Nachtgestirns, die wegen der gebundenen Rotation des Mondes von
der Erde aus unsichtbar ist. Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sandten Raumsonden die ersten Bilder von der erdabgewandten Seite des Mondes zur Erde. Die Rückseite ist sehr gebirgig. Krater aller Größen reihen sich aneinander. Es fehlen fast vollständig die Mondmeere.
Die Oberfläche des Mondes ist von Gesteinsbrocken übersät und von Mondstaub bedeckt.
Große Ringgebirge, langgestreckte Kettengebirge, rillen-förmige Täler, weite Wallebenen, Mondkrater mit und ohne Zentralberge bestimmen das Antlitz dieser schroffen, lebensfeindlichen Welt, die sehr viel kleiner ist als unsere Erde.
Weil