Und du bist nicht da. Kerstin Teschnigg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Teschnigg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752929393
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Ihr seid viel zusammen…“, stammle ich.

      Jetzt grinst er. „Jetzt bin ich aber gerade hier.“

      Ich kann diese Ansage nicht richtig einordnen. Es klingt fast so, als wolle er mir damit sagen, er könne sich die Mädels aussuchen, je nach Laune. Das gefällt mir nicht. Ich schwimme ohne Kommentar weiter und lasse ihn zurück.

      „Anna?“, ruft er mir hinterher, was ich ignoriere. Er holt auf und ist wieder neben mir.

      „Janine ist nicht deine Freundin, oder?“, fragt er nach.

      Ich schüttle den Kopf ohne ihn anzusehen. Wir sind schon weit draußen, ich will wenden um wieder zurück zu schwimmen, als er mich an meiner Hand zurückhält. Er zieht mich ein Stück zu sich und greift nach meiner anderen Hand. Da ist er wieder. Dieser Blick. Es ist als würden kleine Blitze durch meine Körper fahren. Seine Hände halten meine etwas fester, wieder bekomme ich eine Gänsehaut. Sein Gesicht kommt näher an meines.

      „Ich bin nicht wie Janine“, sage ich als er stoppt, kurz bevor sich unsere Nasen berühren. Er weicht wieder zurück. „Ich bin auch nicht wie die Mädchen die ihr so jeden Tag von hier abschleppt“, füge ich noch hinzu. Mein Ton ist kühl. Fast zu kühl.

      Er sieht mich verwundert an. Mein Herz klopft. Auch wenn ich jetzt mit Sicherheit alles zerstört habe, was ich so gerne gehabt hätte, bin ich froh es gesagt zu haben. Seine Hände halten meine aber immer noch, doch er sagt nichts. Gerade als ich noch etwas sagen will, zieht er mich an meinen Händen hinunter und taucht mit mir unter Wasser. Zwar nur kurz, aber es war so überraschend, dass ich Wasser in die Nase bekommen habe und nach dem Auftauchen ordentlich husten muss.

      „Was machst du denn?“, beschwere ich mich, muss dann aber lachen, weil er es auch tut.

      Immer noch lachend greift er wieder nach meiner Hand, mit der anderen streicht er meine Haare die mir wirr ins Gesicht hängen zur Seite. Ich schließe kurz meine Augen. Gott…Warum habe ich es nicht einfach zugelassen. Er kommt wieder näher an mein Gesicht, lächelt mich an und streicht mit seinen Händen meine Arme hoch, seine Beine berühren meine unter Wasser. Ich bekomme kaum Luft und bin unglaublich froh unter Wasser zu sein, denn ich spüre wie sich meine Brustwarzen aufrichten, was mit Sicherheit nicht vom kalten Wasser ist.

      „Ich weiß schon, dass du nicht wie Janine bist“, flüstert er in mein Ohr, ehe er mich unerwartet loslässt. „Komm, schwimmen wir zurück!“

      Was? Zurückschwimmen? Jetzt? Ein wenig enttäuscht schwimme ich ihm hinterher. Bis wir am Ufer sind, hat sich mein Puls beruhigt und ich hoffe meine Brustwarzen auch. Vorsichtshalter verschränke ich meine Arme bis ich mich in mein Handtuch wickle.

      „Du hast kein Handtuch“, stelle ich fest und sehe Julian an wie ihm das Wasser von der Nase tropft. Ich greife in meine Tasche und gebe ihm eines von mir. Es ist zwar klein, aber besser als keines.

      „Danke. Darf ich noch bei dir bleiben?“, fragt er.

      Ja…Das wäre schön“, lächle ich ihn an, gerade als auch Ella zu unserem Platz zurückkommt. Ohne dass es Julian sieht, zwinkert sie mir aufgeregt zu.

      „Hi“, begrüßt er sie und streckt sich auf meinem Liegetuch aus.

      „Hi…“, meint Ella und hält ihm die Hand entgegen. „Ich bin Ella.“

      „Julian.“

      Ich rubble verlegen meine Haare ab.

      „Wollt ihr allein sein?“, flüstert Ella in mein Ohr.

      „Nein…“, schüttle ich den Kopf.

      Sie verdreht belustigt die Augen und schnappt sich ihr Handtuch. „Ich geh ein bisschen weiter in die Sonne.“

      Irgendwie weiß ich nicht wie ich mich jetzt hinlegen soll, nach kurzem Überlegen versuche ich aber nicht mehr nachzudenken und lege mich einfach neben ihn. Am Bauch liegend drehe ich meinen Kopf zu ihm. Er hat seine Hände unterm Kopf verschränkt und die Augen zu. Seine Brust ist braun, glatt und er ist sportlich. Ich sollte da zwar nicht hinsehen, aber vom Nabel abwärts säumen seinen Bauch dunkelbraune Haare. Ein paar Wassertropfen tanzen noch auf seiner Haut. Ich würde gern darüberstreichen, traue mich aber nicht. Ich schließe meine Augen.

      „Wie alt bist du Anna?“, reißt er mich aus meinen Bestaun Modus.

      Ich sehe auf und hebe meinen Kopf ein wenig an. „Ich werde achtzehn im Herbst. Und du?“

      „Am Samstag einundzwanzig.“

      Einundzwanzig. Am Samstag. Er dreht sich zu mir und lächelt mich schon wieder an. Meine Halsschlagader pumpt.

      „Da drüben am anderen Ufer soll es ganz schöne Plätze geben. Kennst du die?“, fragt er mich.

      „Ja. Da muss man aber ein Stück durch den Wald“, erkläre ich.

      Er nickt und scheint etwas zu überlegen. „Zeigst du es mir? Morgen?“

      „Morgen?“, frage ich ungläubig nach. Hat er mich gerade gefragt etwas allein mit ihm zu machen?

      „Ja morgen“, bestätigt er.

      „Nur wir zwei?“

      Er nickt und streicht mit dem Zeigefinger über die Schürfwunde an meinem Ellenbogen.

      „Ok…“, hauche ich und spüre wie sich schon wieder alles in meinem Bauch zustimmend zusammenzieht.

      Es ist ein perfekter Tag. Einfach perfekt. Auch wenn er mich nicht geküsst hat, was ich ja selbst verbockt habe. Die Zeit vergeht so schnell und hätte mich Ella nicht erinnert, dass es bald acht ist, würde ich heute schon wieder zu spät nach Hause kommen.

      „Du musst echt schon gehen?“, fragt mich Julian ungläubig und hilft mir die Handtücher zusammen zu legen.

      „Ja, leider. Aber wir sehen uns doch morgen.“

      Er nickt nicht ganz zufrieden. „Aber heute bring ich dich nach Hause. Keine Widerrede.“

      Ich kratze mich nervös am Kopf. Ella sieht aus dem Augenwinkel zu mir. „Nein…Danke… Ich…“

      „Warum denn nicht?“, unterbricht er mich hartnäckig.

      „Weil ihr Vater ein Tyrann ist“, mischt sich Ella auf einmal ein. Shit. Warum macht sie das?

      „Dein Vater? Er will nicht das dich ein Mann nach Hause bringt? Noch dazu irgendein Typ der bald wieder verschwindet.“ Er zuckt mit den Schultern und sieht mich fast mitleidig an. „I understand…“, murmelt er noch.

      „Nein, das verstehst du nicht.“ Ich nehme meine Tasche und werfe Ella einen bösen Blick zu. „Danke dafür“, murmle ich ihr zu.

      „Es ist doch die Wahrheit Anna“, verteidigt sie sich.

      Julian greift nach meiner Hand. „Ist schon gut Anna.“

      „Nein…Nein…Du verstehst das nicht“, ich sehe direkt in seine Augen. „Ich will nicht über meinen Vater reden. Kannst du mich ein Stück vor unserer Hofeinfahrt absetzen?“

      Jetzt lächelt er wieder. „Sicher kann ich das.“ Fast als hätte er Angst ich würde es mir gleich wieder anders überlegen nimmt er schnell meine Tasche und geht los. Ich verabschiede mich noch von Ella, dann gehen wir über die große Wiese. Sanft streift er mit seinen Fingern meine Hand. Weil hier immer noch so viele Leute sind, traue ich mich aber nicht diese zu umfassen. Ich sehe schüchtern zu Boden. Draußen reicht er mir den Helm, als ich mich aufs Moped setzte durchströmt mich ein seltsames Gefühl. Jetzt bin ich auch nicht besser als Janine. Julian dreht sich zu mir um.

      „Alles klar?“

      Ich zucke mit den Schultern. Nein. Gar nichts ist klar.

      „Ich fahre nicht so schnell, keine Sorge“, lächelt er meine Zweifel weg. Er greift nach meinen Händen. „Halt dich fest.“

      Zögerlich halte ich mich an seinen Hüften fest. Der Fahrtwind ist herrlich und es ist total lustig