Maria Stuart. Friedrich Schiller Schiller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Schiller Schiller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197159
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Ein einz'ger Mann lebt, der sie öffnen kann.

      Mortimer. O nennt mir diesen Mann –

      Maria. Graf Leicester.

      Mortimer (tritt erstaunt zurück). Leicester!

       Graf Leicester! – Euer blutigster Verfolger,

       Der Günstling der Elisabeth – von diesem –

      Maria. Bin ich zu retten, ist's allein durch ihn.

       – Geht zu ihm. Öffnet Euch ihm frei,

       Und zur Gewähr, daß ich's bin, die Euch sendet,

       Bringt ihm dies Schreiben. Es enthält mein Bildnis

      (Sie zieht ein Papier aus dem Busen, Mortimer tritt zurück und zögert es anzunehmen.)

      Nehmt hin.Ich trag es lange schon bei mir,

       Weil Eures Oheims strenge Wachsamkeit

       Mir jeden Weg zu ihm gehemmt – Euch sandte

       Mein guter Engel –

      Mortimer. Königin – dies Rätsel –

       Erklärt es mir –

      Maria. Graf Leicester wird's Euch lösen.

       Vertraut ihm, er wird Euch vertraun – Wer kommt?

      Kennedy (eilfertig eintretend).

       Sir Paulet naht mit einem Herrn vom Hofe.

      Mortimer. Es ist Lord Burleigh. Faßt Euch, Königin!

       Hört es mit Gleichmut an, was er Euch bringt.

      (Er entfernt sich durch eine Seitentür, Kennedy folgt ihm.)

      Siebenter Auftritt

      Maria, Lord Burleigh, Großschatzmeister von England, und Ritter Paulet.

      Paulet. Ihr wünschtet heut Gewißheit Eures Schicksals,

       Gewißheit bringt Euch Seine Herrlichkeit

       Mylord von Burleigh. Tragt sei mit Ergebung.

      Maria. Mit Würde, hoff ich, die der Unschuld ziemt.

      Burleigh. Ich komme als Gesandter des Gerichts.

      Maria. Lord Burleigh leiht dienstfertig dem Gerichte,

       Dem er den Geist geliehn, nun auch den Mund.

      Paulet. Ihr sprecht, als wüßtet Ihr bereits das Urteil.

      Maria. Da es Lord Burleigh bringt, so weiß ich es.

       – Zur Sache, Sir.

      Burleigh. Ihr habt Euch dem Gericht

       Der Zweiundvierzig unterworfen, Lady –

      Maria. Verzeiht, Mylord, daß ich Euch gleich zu Anfang

       Ins Wort muß fallen – Unterworfen hätt' ich mich

       Dem Richterspruch der Zweiundvierzig, sagt Ihr?

       Ich habe keineswegs mich unterworfen.

       Nie konnt' ich das – ich konnte meinem Rang,

       Der Würde meines Volkes und meines Sohnes

       Und aller Fürsten nicht so viel vergeben.

       Verordnet ist im englischen Gesetz,

       Daß jeder Angeklagte durch Geschworne

       Von seinesgleichen soll gerichtet werden.

       Wer in der Committee ist meinesgleichen?

       Nur Könige sind meine Peers.

      Burleigh. Ihr hörtet

       Die Klageartikel an, ließt Euch darüber

       Vernehmen vor Gerichte –

      Maria. Ja, ich habe micht

       Durch Hattons arge List verleiten lassen,

       Bloß meiner Ehre wegen und im Glauben

       An meiner Gründe siegende Gewalt,

       Ein Ohr zu leihen jenen Klagepunkten

       Und ihren Ungrung darzutun – Das tat ich

       Aus Achtung für die würdigen Personen

       Der Lords, nicht für ihr Amt, das ich verwerfe.

      Burleigh. Ob Ihr sie anerkennt, ob nicht, Mylady,

       Das ist nur eine leere Förmlichkeit,

       Die des Gerichtes Lauf nicht hemmen kann.

       Ihr atmet Englands Luft, genießt den Schutz,

       Die Wohltat des Gesetzesm, und so seid Ihr

       Auch seiner Herrschaft untertan!

      Maria. Ich atme

       Die Luft in einem englischen Gefängnis.

       Heißt das in England leben, der Gesetze

       Wohltat genießen? Kenn ich sie doch kaum.

       Nie hab ich eingewilligt, sie zu halten.

       Ich bin nicht dieses Reiches Bürgerin,

       Bin eine freie Königin des Audlands.

      Burleigh. Und denkt Ihr, daß der königliche Name

       Zum Freibrief dienen könne, blut'ge Zwietracht

       In fremdem Lande straflos auszusäen?

       Wie stünd' es um die Sicherheit der Staaten,

       Wenn das gerechte Schwert der Themis nicht

       Die schuld'ge Stirn des königlichen Gastes

       Erreichen könnte wie des Bettlers Haupt?

      Maria. Ich will mich nicht der Rechenschaft entziehen,

       Die Richter sind es nur, die ich verwerfe.

      Burleigh. Die Richter! Wie, Mylady? Sind es etwa

       Vom Pöbel aufgegriffene Verworfne,

       Schamlose Zungendrescher, denen Recht

       Und Wahrheit feil ist, die sich zum Organ

       Der Unterdrückung willig dingen lassen?

       Sind's nicht die ersten Männer dieses Landes,

       Selbständig g'nug, um wahrhaft sein zu dürfen,

       Um über Fürstenfurcht und niedrige

       Bestechung weit erhaben sich zu sehn?

       Sind's nicht die selben, die ein edles Volk

       Frei und gerecht regieren, deren Namen

       Man nur zu nennen braucht, um jeden Zweifel,

       Um jeden Argwohn schleunig stumm zu machen?

       An ihrer Spitze steht der Völkerhirte,

       Der fromme Primas von Canterbury,

       Der weise Talbot, der des Siegels wahret,

       Und Howard, der des Reiches Flotten führt.

       Sagt! Konnte die Berherrscherin von England

       Mehr tun, als aus der ganzen Monarchie

       Die edelsten auslesen und zu Richtern

       In diesem königlichen Streit bestellen?

       Und wär's zu denken, daß Parteienhaß

       Den einzelnen bestäche – Können vierzig

       Erlesne Männer sich in einem Spruche

       Der Leidenschaft vereinigen?

      Maria (nach einigem Stillschweigen).

       Ich höre staunend die Gewalt des Mundes,

       Der mir von je so unheilbringend war –

       Wie werd ich mich, ein ungelehrtes Weib,

       Mit so kunstfert'gem Redner messen können! –

       Wohl! wären diese Lords, wie Ihr sie schildert,