Maria Stuart. Friedrich Schiller Schiller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Schiller Schiller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197159
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tat sie das? Weil sie den Ränken Vertraut, den bösen Künsten der Verschwörung, Und unheilspinnend diese ganze Insel Aus ihrem Kerker zu erobern hofft.

      Kennedy. Ihr spottet, Sir – Zur Härte fügt Ihr noch

       den bittern Hohn! Sie hegte solche Träume, Die hier lebendig eingemauert lebt, Zu der kein Schall des Trostes, keine Stimme Der Freundschaft aus der lieben Heimat dringt, Die längst kein Menschenangesicht mehr schaute Als ihrer Kerkermeister finstre Stirn, Die erst seit kurzem einen neuen Wächter Erhielt in eurem rauhen Anverwandten, Von neuen Stäben sich umgittert sieht –

      Paulet. Kein Eisengitter schützt vor ihrer List.

       Weiß ich, ob diese Stäbe nicht durchfeilt,

       Nicht dieses Zimmers Boden, diese Wände,

       Von außen fest, nicht hohl von innen sind

       Und den Verrat einlassen, wenn ich schlafe?

       Fluchvolles Amt, das mir geworden ist,

       Die unheilbrütend Listige zu hüten.

       Vom Schlummer jagt die Furcht mich auf, ich gehe

       Nachts um, wie ein gequälter Geist, erprobe

       Des Schlosses Riegel und der Wächter Treu'

       Und sehe zitternd jeden Morgen kommen,

       Der meine Furcht wahr machen kann. Doch wohl mir!

       Wohl! Es ist Hoffnung, daß es bald nun endet.

       Denn lieber möcht' ich der Verdammten Schar

       Wachstehend an der Höllenpforte hüten,

       Als diese ränkevolle Königin.

      Kennedy. Da kommt sie selbst!

      Paulet. Den Christus in der Hand,

       Die Hoffart und die Weltlust in dem Herzen.

      Zweiter Auftritt

      Maria im Schleier, ein Kruzifix in der Hand. Die Vorigen.

      Kennedy (ihr entgegeneilend).

       O Königin! Man tritt uns ganz mit Füßen,

       Der Tyrannei, der Härte wird kein Ziel

       Und jeder neue Tag häuft neue Leiden

       Und Schmach auf dein gekröntes Haupt.

      Maria. Faß dich!

       Sag an, was neu geschehen ist?

      Kennedy. Sieh her!

       Dein Pult ist aufgebrochen, deine Schriften,

       Dein einz'ger Schatz, den wir mit Müh gerettet,

       Der letzte Rest von deinem Brautgeschmeide

       Aus Frankreich ist in seiner Hand. Du hast nun

       Nichts königliches mehr, bist ganz beraubt.

      Maria. Beruhige dich, Hanna. Diese Flitter machen

       Die Königin nicht aus. Man kann uns niedrig

       Behandeln, nicht erniedrigen. Ich habe

       In England mich an viel gewöhnen lernen,

       Ich kann auch das verschmerzen. Sir, Ihr habt euch

       Gewaltsam zugeeignet, was ich euch

       Noch heut zu übergeben willens war.

       Bei diesen Schriften findet sich ein Brief,

       Bestimmt für meine königliche Schwester

       Von England – Gebt mir Euer Wort, daß Ihr

       Ihn redlich an sie selbst wollt übergeben

       Und nicht in Burleighs ungetreue Hand.

      Paulet. Ich werde mich bedenken, was zu tun ist.

      Maria. Ihr sollt den Inhalt wissen, Sir. Ich bitte

       In diesem Brief um eine große Gunst –

       Um eine Unterredung mit ihr selbst,

       Die ich mit Augen nie gesehen – Man hat mich

       Vor ein Gericht von Männern vorgefordert,

       Die ich als meinesgleichen nicht erkennen,

       Zu denen ich kein Herz mir fassen kann.

       Elisabeth ist meines Stammes, meines

       Geschlechts und Ranges – Ihr allein, der Schwester,

       Der Königin, der Frau kann ich mich öffnen.

      Paulet. Sehr oft, Mylady, habt Ihr Euer Schicksal

       Und Eure Ehre Männern anvertraut,

       Die Eurer Achtung minder würdig waren.

      Maria. Ich bitte noch um eine zweite Gunst,

       Unmenschlichkeit allein kann mir sie weigern.

       Schon lange Zeit entbehr ich im Gefängnis

       Der Kirche Trost, der Sakramente Wohltat.

       Und die mir Kron' und Freiheit hat geraubt,

       Die meinem Leben selber droht, wird mir

       Die Himmelstüre nicht verschließen wollen.

      Paulet. Auf Euren Wunsch wird der Dechant des Orts –

      Maria. (unterbricht ihn lebhaft).

       Ich will nichts vom Dechanten. Einen Priester

       Von meiner eigenen Kirche fordre ich.

       – Auch Schreiber und Notarien verlang ich,

       Um meinen letzten Willen aufzusetzen.

       Der Gram, das lange Kerkerelend nagt

       An meinem Leben. Meine Tage sind

       Gezählt, befürcht ich, und ich achte mich

       Gleich einer Sterbenden.

      Paulet. Das tut Ihr wohl,

       Das sind Betrachtungen, die Euch geziemen.

      Maria. Und weiß ich, ob nicht eine schnelle Hand

       Des Kummers langsames Geschäft beschleunigt?

       Ich will mein Testament aufsetzen, will

       Verfügung treffen über das, was mein ist.

      Paulet. Die Freiheit habt Ihr. Englands Königin

       Will sich mit Eurem Raube nicht bereichern.

      Maria. Man hat von meinen treuen Kammerfrauen,

       Von meinen Dienern mich getrennt – Wo sind sie?

       Was ist ihr Schicksal? Ihrer Dienste kann ich

       Entraten, doch beruhigt will ich sein,

       Daß die Getreun nicht leiden und entbehren.

      Paulet. Für Eure Diener ist gesorgt.

      (Er will gehen.)

      Maria. Ihr geht, Sir? Ihr verlaßt mich abermals,

       Und ohne mein geängstigt fürchtend Herz

       Der Qual der Ungewißheit zu entladen.

       Ich bin, dank Eurer Späher Wachsamkeit,

       Von aller Welt geschieden, keine Kunde

       Gelangt zu mir durch diese Kerkermauern,

       Mein Schicksal liegt in meiner Feinde Hand.

       Ein peinlich langer Monat ist vorüber,

       Seitdem die vierzig Kommissarien

       In diesem Schloß mich überfallen, Schranken

       Errichtet, schnell, mit unanständiger Eile,

       Mich unbereitet, ohne Anwalts Hilfe,

       Vor ein noch nie erhört Gericht gestellt,

       Auf schlaugefaßte schwere Klagepunkte