Maria Stuart. Friedrich Schiller Schiller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich Schiller Schiller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197159
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dem Gedächtnis Rede stehen lassen –

       Wie Geister kamen sie und schwanden wieder.

       Seit diesem Tage schweigt mir jeder Mund,

       Ich such umsonst in Eurem Blick zu lesen,

       Ob meine Unschuld, meiner Freunde Eifer,

       Ob meiner Feinde böser Rat gesiegt.

       Brecht endlich Euer Schweigen – laßt mich wissen,

       Was ich zu fürchten, was zu hoffen habe.

      Paulet (nach einer Pause).

       Schließt Eure Rechnung mit dem Himmel ab.

      Marie. Ich hoffe auf seine Gnade, Sir – und hoffe

       Auf stenges Recht von meinen ird'schen Richtern.

      Paulet. Recht soll Euch werden. Zweifelt nicht daran.

      Maria. Ist mein Prozeß entschieden, Sir?

      Paulet. Ich weiß nicht.

      Maria. Bin ich verurteilt?

      Paulet. Ich weiß nichts, Mylady.

      Maria. Man liebt hier rasch zu Werk zu gehen. Soll mich

       Der Mörder überfallen, wie die Richter?

      Paulet. Denkt immerhin, es sei so, und er wird Euch

       In beßrer Fassung dann, als diese, finden.

      Maria. Nichts soll mich in Erstaunen setzen, Sir,

       Was ein Gerichtshof in Westminsterhall,

       Den Burleighs Haß und Hattons Eifer lenkt,

       Zu urteln sich erdreiste – Weiß ich doch,

       Was Englands Königin wagen darf zu tun.

      Paulet. Englands Beherrscher brauchen nichts zu scheuen

       Als ihr Gewissen und ihr Parlament.

       Was die Gerechtigkeit gesprochen, furchtlos,

       Vor aller Welt wird es die Macht vollziehn.

      Dritter Auftritt

      Die Vorigen. Mortimer, Paulets Neffe, tritt herein und, ohne der Königin einige Aufmerksamkeit zu bezeugen, zu Paulet.

      Mortimer. Man sucht Euch, Oheim.

      (Er entfernt sich auf ebendie Weise. Die Königin bermerkt es mit Unwillen und wendet sich zu Paulet, der ihm folgen will.)

      Maria. Sir, noch eine Bitte.

       Wenn Ihr mir was zu sagen habt – von Euch Ertrag ich viel, ich ehre Euer Alter. Den Übermut den Jünglings trag ich nicht, Spart mir den Anblick seiner roher Sitten.

      Paulet. Was ihn Euch widrig macht, macht mir ihn wert.

       Wohl ist es keiner von den weichen Toren,

       Die eine falsche Weiberträne schmelzt –

       Er ist gereist, kommt aus Paris und Reims

       Und bringt sein treu altenglisch Herz zurück:

       Lady, an dem ist Eure Kunst verloren! (Geht ab.)

      Vierter Auftritt

      Maria. Kennedy.

      Kennedy. Darf Euch der Rohe das ins Antlitz sagen!

       Oh, es ist hart!

      Maria (in Nachdenken verloren).

       Wie haben in den Tagen unsers Glanzes

       Dem Schmeichler ein zu willig Ohr geliehn;

       Gerecht ist's, gute Kennedy, daß wir

       Des Vorwurfs ernste Stimme nun vernehmen.

      Kennedy. Wie? so gebeugt, so mutlos, teure Lady?

       Wart Ihr doch sonst so froh, Ihr pflegtet mich zu trösten,

       Und eher mußt' ich Euren Flattersinn

       Als Eure Schwermut schelten.

      Maria. Ich erkenn ihn.

       Es ist der blut'ge Schatten König Darnleys,

       Der zürnend aus dem Gruftgewölbe steigt,

       Und er wird nimmer Friede mit mir machen,

       Bis meines Unglücks Maß erfüllet ist.

      Kennedy. Was für Gedanken –

      Maria. Du vergissest, Hanna-

       Ich aber habe ein getreu Gedächtnis –

       Der Jahrestag dieser unglückseligen Tat

       Ist heute abermals zurückgekehrt,

       Er ist's, den ich mit Buß' und Fasten feire.

      Kennedy. Schickt endlich diesen bösen Geist zur Ruh'.

       Ihr habt die Tat mit jahrelanger Reu',

       Mit schweren Leidensproben abgebüßt.

       Die Kirche, die den Löseschlüssel hat

       Für jede Schuld, der Himmel hat vergeben.

      Maria. Frischblutend steigt die längst vergebne Schuld

       Aus ihrem leichtbedeckten Grab empor!

       Des Gatten racheforderndes Gespenst

       Schickt keines Messedieners Glocke, kein

       Hochwürdiges in Priesters Hand zur Gruft.

      Kennedy. Nicht Ihr habt ihn gemordet! Andre taten's!

      Maria. Ich wußte drum. Ich ließ die Tat geschehn

       Und lockt' ihn schmeicheln in das Todesnetz.

      Kennedy. Die Jugend mildert Eure Schuld. Ihr wart

       So zarten Alters noch.

      Maria. So zart – und lud

       Die schwere Schuld auf mein so junges Leben.

      Kennedy. Ihr wart durch blutige Beleidigung

       Gereizt und durch des Mannes Übermut,

       Den Eure Liebe aus der Dunkelheit,

       Wie eine Götterhand, hervorgezogen,

       Den Ihr durch Euer Brautgemach zum Throne

       Geführt, mit Eurer blühenden Person

       Beglückt und Eurer angestammten Krone.

       Konnt' er vergessen, daß sein prangend Los

       Der Liebe großmutsvolle Schöpfung war?

       Und doch vergaß er's, der Unwürdige!

       Beleidigte mit niedrigem Verdacht,

       Mit rohen Sitten Eure Zärtlichkeit,

       Und widerwärtig wurd' er Euren Augen.

       Der Zauber schwand, der Euren Blick getäuscht,

       Ihr floht erzürnt des Schändlichen Umarmung

       Und gabt ihn der Verachtung preis – Und er –

       Versucht' er's, Eure Gunst zurückzurufen?

       Bat er um Gnade? Warf er sich bereuend

       Zu Euren Füßen, Besserung versprechend?

       Trotz bot Euch der Abscheuliche – Der Euer

       Geschöpf war, Euren König wollt' er spielen,

       Vor Euren Augen ließ er Euch den Liebling,

       Den schönen Sänger Rizzio, durchbohren –

       Ihr rächtet blutig nur die blut'ge Tat.

      Maria. Und blutig wird sie auch an mir sich rächen,

       Du sprichst mein Urteil aus, da du mich tröstest.

      Kennedy. Da Ihr die Tat geschehn ließt, wart Ihr nicht