Traumtänzer. M. A. Audren. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M. A. Audren
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754907252
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Den Wecker hatte sie mehr als nur großzügig verschlafen und als wäre das nicht genug, hatte sie sich hoffnungslos in ihren Laken verwickelt. Zumindest hatte sie es zuerst für ihre Laken gehalten - aber die edlen Stickereien und bunten Farben wirkten nicht, als wären sie von dieser Welt - und ganz sicher nicht aus Ellies Wäschekorb. In der Arbeit angekommen war nicht nur Edith krank gewesen, auch Marlyn fühlte sich nicht sonderlich und neben Cains schlechter Laune musste sie sich auch Sorgen machen, ob sie sich noch selbst anstecken würde. Die Welt schien voller Chaos - im Supermarkt brauchte sie eine halbe Stunde länger, weil weit und breit kein Verkäufer zu finden war und dann musste sie sich noch auf die Suche nach einer neuen Krankenschwester machen. Die bisherige war auf einmal nicht mehr verfügbar und dass die Frau von der Versicherung nicht zu erreichen war, war auch nicht gerade hilfreich. Trotz alledem steckte den ganzen Tag nur ein Satz in Ellies Kopf fest.Du bist wirklich hier.Wieder und wieder hallten die Worte durch ihren Kopf. Wie eine Schallplatte, die immerzu dieselbe Stelle abspielt, bis die Worte keinen Sinn mehr machten und alles zu einem stotternden Störton wurde. Die Wunde, die Kleidung … Selbst wenn dieser Layan recht gehabt hatte und nicht bloß eine Ausgeburt ihrer Fantasie war. Es warf eine Frage auf - nein, eigentlich hunderte. Und es gab nur einen wirklichen Weg, Antworten zu bekommen. Diesmal war sie vorbereitet, das hoffte sie zumindest - auch, wenn sie sich dabei lächerlich vorkam. Mit Shirt, Weste und Jeans bekleidet saß sie auf der Bettkante, ihre Füße in ein dickes paar Socken und leichte Hausschuhe gepackt. Mit Turnschuhen ins Bett zu gehen, war ihr dann doch zu viel gewesen … aber sie hatte ernsthaft mit dem Gedanken gespielt.»Alles oder nichts.« Murmelte sie, als sie sich möglichst bequem hinlegte, den alten Traumfänger dabei fest in Händen. Sie hatte ihren Vater darauf angesprochen, hatte vielleicht sogar gehofft, die Geschichte würde ihn aus seinem Koma holen - doch er schlummerte stumm weiter. Der einzige, den sie um Hilfe bitten konnte, war Layan. Vielleicht konnte er ihr sagen, was genau vor sich ging. Ob da mehr war als ein ‘du bist zufällig hier gelandet’. Dass er ihr etwas verschwiegen hatte, wusste sie, aber nun brannte es in ihr, herauszufinden, was genau. Sie konnte nur hoffen, dass sie sich an ihre Vorsätze erinnerte, wenn sie einmal eingeschlafen war.Vor dem breiten Holztor, das den Eingang zu Lancars bildete, stand Layan. In seinem Gesicht prangte das übliche, breite Lächeln und über seinen Schultern schwebten jeweils ein blauer und grüner leuchtender Orb.»Gut, dass du immer bei mir landest.« Er warf einen prüfenden Blick in den Himmel, während die beiden Feen schon ungebremst auf Ellie zurasten. »Und heute bist du früher dran.« Ellie vermutete, dass sie bei ihm gelandet war, weil sie mit dem Traumfänger an ihn gedacht hatte … aber das würde sie ihm bestimmt nicht unter die Nase reiben. Aber nun war es offiziell: Drei von drei. Das alles war kein Zufall. Und erst Recht kein Traum.»Und du hast freundlicherweise schon auf mich gewartet? Rem, Bel, hallo!« Sie begrüßte die Feen, die um sie herum flatterten und nutzte den Moment um den Tänzer genauer zu mustern. Er war wieder barfuß und trug dieselben weißen Stoffbahnen wie in den Nächten zuvor. Er hielt einen großen Weidekorb vor der Brust, voll von irgendeinem moosähnlichem Kraut, von dem ein starker Pfeffer-Geruch ausging. Über seiner linken Schulter hingen eine gefaltete Decke und eine Mischung aus Bändern und Lederschnüren mit allerlei bunten Anhängern.»Ich musste sie mitbringen. Die zwei waren richtig beleidigt, als sie herausgefunden haben, dass du hier warst, ohne Hallo zu sagen.«»Verständlich. Wenn man den hiesigen Gerüchten glauben schenken darf, bringst du nicht allzu viele Freunde mit.«»Diese verflixten Kinder.« Er wirkte alles andere als wütend, bei all dem was passiert war, schien er das Konzept von Wut nicht einmal zu kennen und sein Lächeln schien zu schön, um echt zu sein. Wieso vertraute sie ihm eigentlich? Im Grunde genommen war er ein vollkommen Fremder. Er konnte ihr alles mögliche erzählen. Wieder dachte sie an die letzte Nacht: Was hatte er ihr sonst noch verschwiegen? »Guck nicht so, Ellie.« Während sie in Gedanken schwelgte, war Layan neben sie getreten und automatisch suchten ihre Augen seine. »Das hier ist die Welt deiner Träume, hier brauchst du keine Sorgen zu haben.«»Ist die Tatsache, dass ich hier bin nicht schon Anlass genug zur Sorge?« Ihre Stimme war etwas schärfer als beabsichtigt, doch Layan reagierte mit einem nachsichtigem Lächeln.»Nicht für mich.« Sie wusste wieder, warum sie ihm so schnell vertraut hatte: Ein einzelner Satz und ihr Herz flatterte wie wild. »Dein Timing ist übrigens perfekt, ich wollte dir etwas zeigen.« Als er, wie so oft, nach ihrem Handgelenk griff, zuckte sie aus seiner Reichweite.»Sehr gerne. Aber nur unter der Bedingung, dass du aufhörst, mich durch die Gegend zu zerren.«»Wie die Dame wünscht. Nach Dir.« Er deutete eine kurze Verbeugung an, ganz anders als die Begrüßung Palyks, und Ellie schüttelte sacht den Kopf als sie sich in Bewegung setzte, Rem flatterte neben ihrer Schulter mit.»Was hast du da eigentlich?«»Pfefferkraut und ein Zaumzeug.« Mit kraus gezogener Nase folgte sie dem Tänzer und bald hatte er sie auf eine Ebene südlich des Dorfes geführt. Ellie stockte der Atem, und das nicht nur wegen des Pfefferkrauts.»Layan … was ist das?«»Eine Herde Rakkys.« Mit einem breiten Lächeln setzte Layan den Korb ab, packte etwas Grünzeug und ging auf die Tiere zu. Ellie hingegen musste einen Schrei unterdrücken, als sich eines von ihnen in Bewegung setzte: Die Wesen waren enorm. Gigantische, achtbeinige Monstrositäten mit Silber glänzendem Fell, einem Gesicht, das sie bis in ihre Albträume jagen würde und verschlungenen Hörnern, die weiter in die Luft ragen als ihr lieb war: Sie sahen ein bisschen aus wie mutierte Nilpferde.»Du hast sie nicht mehr alle.« Ihr ungläubiger Blick brachte ihr nur ein erheitertes Lachen ein.»Mach dir keine Sorgen, sie sind sehr friedfertig - und ungelenk. Dieses Kraut ist ihr Lieblingssnack aber es wächst sehr gut versteckt inmitten der Wälder. Die Bäume stehen zu dicht für die Rakkys. Gegen ein bisschen Pfefferkraut lassen sie sich deshalb gerne bestechen und als Last- oder Reit-Tiere verwenden.« Wie um seine Aussage zu bestätigen, zupfte der Rakky vor ihm ungeduldig an den Blättern in seiner Hand.» … Reittiere?«»Ja - ich dachte mir, wir nutzen die Zeit und machen einen kleinen Ausflug.«»Einen Ausflug … Mich bringen keine zehn Pferde auf dieses Ding! Die zehn Pferde wären mir da auch schon lieber als das.« Der Rakky gab ein leises Grummeln von sich doch als Layan ihm das Kraut unter die Nase hielt wurde das beleidigte Geräusch mehr zu einem zufriedenen Schnurren. »Es schnurrt? Warum schnurrt das Nilpferd?!«»Es ist kein Nilpferd! Versuch es, sie sind ganz sanft.« Der Rakky vor Ellie gab ein, wohl ermutigendes, Schnauben von sich und blickte sie dabei so treuherzig an, dass sie beinahe versucht war, es darauf ankommen zu lassen. Wenn das keine Gelegenheit war, herauszufinden, ob sie Layan trauen konnte, was dann?Sie nahm ein bisschen von dem Kraut, ein merkwürdiges Gewächs, das weder Moos noch Farn zu sein schien, und schlich neben den Traumtänzer. Zaghaft streckte sie die flache Hand mit dem Kraut nach vorne - und schon war es im Maul des zufrieden schnurrenden Rakkys verschwunden. Layan indes hatte das Lederkonstrukt entworren und sich daran gemacht, es dem Wesen anzulegen.»Wir könnten zu Fuß gehen?«»Keine Angst, ich bin hier um auf dich aufpassen.« Mit einem großzügigem Schwung legte er eine Decke quer über den Rücken seines Tiers - ein behelfsmäßiger Sattel.»Soll mich das jetzt etwa beruhigen?«»Wir reiten die paar Meilen gemeinsam, das ist einfacher. Die kleine Dame sollte das schaffen.« Er überging sie einfach! Klopfte dem Vieh auf die Flanke und streckte seine Hand nach Ellie aus, die ihrerseits nur in stummen Horror den Kopf schüttelte. »Vertrau mir.« Layan schwang sich erstaunlich flott auf das gigantische Wesen und schon hatte er sie mit sich auf den breiten Rücken des Rakky gezogen. Ungelenk krallte sie sich im dichten Nackenfell fest, was das Tier kaum zu stören schien. Es gab ihr etwas Sicherheit als Layan die Hände an ihre Hüfte legte, aber gleichzeitig machte es sie ungewohnt nervös. Sie sollte allerdings keine Zeit haben sich genauer mit dem Grund dafür zu beschäftigen. Kaum hatten Bel und Rem sich zwischen ihren Händen in den silbrigen Pelz gegraben, spürte sie, wie Layan seine Beine in die Flanken des Tiers drückte.»Hopphopp.«Sie waren schnell. Ein lautes Kreischen hallte über die Ebene als der Rakky Anlauf nahm und Ellie gnadenlos gegen Layan gedrückt wurde. Ein D-Zug war nichts dagegen. Erst, als ihr die Kehle weh tat, schaffte sie es die Luft anzuhalten und sich eng an das warme Fell unter ihr zu drücken. Instinktiv bewegte sie ihre Hände dichter zu Rem, die der Geschwindigkeit kaum etwas entgegenzusetzen hatte. Bel hingegen schwirrte kurzerhand in ihre Weste - auch eine Methode um sich in Sicherheit zu bringen Ein Gespräch anzuknüpfen, oder auch nur hörbar um Hilfe zu schreien, war schier unmöglich. Das Getrampel des Nilpferd-Geschöpfs war ohrenbetäubend. Den meisten Teil des Ritts war Ellie ohnehin damit beschäftigt, ihrer Panik Herr zu werden und sich, mehr oder minder, aufrecht zu halten. Als der Rakky endlich anhielt, bereute sie, ihre Knochen nicht nummeriert zu haben. Die beiden Feen surrten augenblicklich davon, während