Im Auftrag des Feindes. Günter Hein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Hein
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738051599
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auch schon auf dem Weg nach drüben sein. Laufen lassen. Die Frau ist der Schlüssel.«

      »In Ordnung. Bin auf dem Weg in die Zentrale. Ende.«

      Kapitel 3

      Am Geländer des Spreekanals nahe dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in Berlin-Mitte genoss Aiden Carter die warme Frühlingssonne. Den Kopf leicht gesenkt, nahm er eine Schachtel F6 Zigaretten aus seiner Jackentasche und zündete sich ein Stäbchen an. Sein Blick fiel auf das Gebäude. Die moderne Stahlbetonkonstruktion mit seinem pompösen Haupteingang direkt am Spreeufer war Bestandteil des Ostberliner Regierungsbereiches am Marx-Engels-Platz. Daneben stand die Friedrichswerdersche Kirche und das Zeughaus Unter den Linden.

      Vor der Tür parkte ein Kastenwagen der Marke Barkas mit laufendem Motor. Carter kannte die Barkas B1000 Fahrzeuge. Sie boten Platz für acht Personen. Zwei auf den vorderen Sitzplätzen, jeweils drei in den hinteren zwei Reihen. Die Fahrerkabine war durch ein Sicherheitsglas von der restlichen Kabine getrennt. Bei den Fahrzeugen im Fuhrpark der Staatssicherheit waren zudem innen die Türgriffe abmontiert, so dass der Wagen nur von außen geöffnet werden konnte.

      Carter zog tief an seiner Zigarette und schaute sich unauffällig um. Wieder fiel sein Blick auf den Eingang des Gebäudes, aus dem jetzt ein großer Mann trat. Er trug einen langen Wollmantel und einen Hut. Die Tür aufhaltend schaute er nach links und rechts. Dann blickte er zurück ins Gebäude und nickte. Anscheinend ein Zeichen. Einen Augenblick später kamen ein Mann und eine Frau aus dem Gebäude. Dem Anschein nach wurde die Frau eher geführt, als dass sie freiwillig ging. Carter erkannte sie erst auf den zweiten Blick. Die Männer steuerten sie auf den Kastenwagen zu und drückten die sich hilfesuchend umsehende Frau in den hinteren Teil des Fahrzeugs. Ein Mann setzte sich neben sie, während der Andere die Tür schloss und sich anschließend auf den Beifahrersitz Platz nahm. Der Wagen setzte sich in Bewegung und entfernte sich schnell.

      Carter schnippte seine Zigarette in den Fluss und ging in entgegengesetzter Richtung davon. Er musste Kontakt zu seinen Vorgesetzten bei der CIA aufnehmen. Reintraut Otto war soeben von Mitarbeitern der Staatssicherheit verhaftet worden.

      Kapitel 4

      Die Hitze in Washington war für Anfang Mai fast unerträglich. CIA-Direktor Ross Miller hoffte, dass die Klimaanlage lief, als er das Oval Office im Weißen Haus betrat. Der Präsident hatte seinen Stab zusammen gerufen. Neben dem Berater des Präsidenten waren der Verteidigungsminister, der Stabschef, der oberste General der NATO und der Chef der NSA anwesend. Wie immer wusste Miller nicht, worum es ging. Den Anruf für das Treffen hatte er vor zwei Tagen erhalten. Miller nickte jedem Einzelnen zu, bevor er sich setzte. Der Präsident stand auf und erhob das Wort.

      »Guten Morgen, meine Herren. Ich habe sie zusammenkommen lassen, weil es in Europa schon wieder ein Problem gibt. Eine wichtige Agentin in Ost-Berlin ist enttarnt worden. Das ist nun der vierte Fall in kürzester Zeit. Meine Frage lautet: Wie zum Teufel kann es sein, dass unsere Leute ständig auffliegen?«

      Die Frage des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Joel Graham, lies Miller leicht zusammenzucken.

      »Ich treffe mich nächste Woche mit dem sowjetischen Staatschef und kann nur hoffen, dass es keine unangenehmen Fragen gibt.«

      Miller räusperte sich. »Mister President, irgendwo ist ein Loch. Die da drüben wussten von Anfang an Bescheid. Anders kann ich mir das nicht erklären. Unser Kontaktmann, der die Verantwortung für die Betreuung hatte, ist sich sicher, alles korrekt abgeschätzt zu haben. Er hat keinerlei Risiko gesehen, zumal die Informationen, die die Dame zu sammeln hatte, jeden Tag über ihren Schreibtisch liefen.«

      »Trotzdem ist sie verraten worden. Wir sitzen hier und können für die Frau nichts machen, weder rausholen noch sonst irgendetwas. Und peinlich ist das für uns auch. Die lachen sich kaputt im Osten, während ihre Spione hier und in den Westsektoren Berlins schalten und walten können, wie sie wollen.«

      Präsident Graham beugte sich leicht in Richtung Miller. »Ich will, dass das komplett neu organisiert wird. Wir brauchen dringend die Informationen, was in Ost-Berlin vor sich geht. Wie wir aus ihren Berichten wissen, planen die Sowjets in Afghanistan irgendetwas. Ich erwarte Ergebnisse.«

      »Wir werden tun, was in unserer Macht steht, Mister President. Unsere Männer in Kabul, Prag, Moskau und Warschau sind intensiv am Arbeiten. Und für Ost-Berlin finden wir eine Lösung.«

      »Ich hoffe es für sie, Miller. Ich hoffe es. Wir können uns solche Pleiten nicht erlauben. Was planen Sie zu tun?«

      »Ich werde einen meiner besten Männer nach Europa schicken, um die Angelegenheit persönlich in die Hand zu nehmen. Ich glaube, unser Hauptproblem ist, dass wir zu wenig Personal drüben haben.«

      Präsident Graham rieb sich das Kinn.

      »Ich hoffe, das funktioniert diesmal. Der Mann soll alles, was bisher dort läuft, in Frage stellen. Gibt es sonst irgendwelche Neuigkeiten?«

      Graham sah in die Runde. Miller meldete sich noch einmal zu Wort.

      »Die Pakete für Afghanistan sind soweit vorbereitet. Falls die Sowjets aktiv werden, ist dafür gesorgt, dass die Mudschahidin sich wehren können. Auch Pakistan und Saudi-Arabien beteiligen sich an der Unterstützung. Im Stillen hoffen wir natürlich, dass die Sowjets die Füße still halten.«

      Der Präsident nickte zustimmend.

      »Das hoffen wir alle.«

      Dann erhob er sich. Alle Teilnehmer der Besprechung folgten seinem Beispiel.

      »Na dann, meine Herren. An die Arbeit.«

      Der Dienstsitz der CIA befindet sich seit den 1950er Jahren in Langley, Virginia, einem Vorort nordwestlich von Washington D.C., im sogenannten Langley Research Center. Der Komplex hat keine offizielle Adresse, die dorthin führenden Straßen sind namenlos. Es gibt auch keinerlei Angaben zu der offiziellen Mitarbeiterzahl. Manche schätzen jedoch, dass es sich um 20.000 Menschen handelt, die auf dem circa einen Quadratkilometer großen Gelände arbeiten.

      Das Gebäude selbst war ein 180.000m² großer Klotz voll Glas, Beton und modernster Technik. Die CIA galt als der mächtigste Geheimdienst der Welt, gefolgt vom russischen KGB und dem israelischen Mossad.

      Mark Madsen las noch einmal den Bericht, den er gerade geschrieben hatte. Zufrieden stand er auf und ging zum Fotokopierer. 5-fache Ausfertigung. Immer dasselbe Spiel.

      Er sah auf die Uhr. Noch 10 Minuten bis zur Besprechung mit dem DCI, dem Direktor. Er spürte eine gewisse Anspannung. Das Gespräch konnte alles bedeuten. Eine Beförderung, eine neue Aufgabe. Madsen hatte keinen blassen Schimmer, was ihn erwartete. Er zündete sich eine Zigarette an und verfluchte sich dafür. Schon lange wollte er damit aufhören, hatte es aber bis heute nicht geschafft. Er atmete gierig den Rauch ein und legte sich seine Unterlagen zurecht, die er gleich zu der Besprechung mitnehmen wollte.

      Mark Madsen war 37 Jahre alt und ledig. Mit einer Größe von 1,87 m und seinen stahlblauen Augen war er eine imposante Erscheinung. Er war kräftig, hatte aber keinen Gramm Fett am Körper, weil er regelmäßig Sport trieb. Von seiner letzten Freundin hatte er sich vor einigen Tagen getrennt. Sie sahen beide keinen Sinn mehr in der Beziehung, weil Madsen zu viel und zu lange arbeitete. Als Einzelkind aufgewachsen, hatte er noch eine starke Bindung zu seinen Eltern, die in Detroit lebten. Sein Vater, John Madsen, war in der Automobilbranche als Verkäufer tätig, und seine Mutter Meredith verdiente durch einen Job als Reinigungskraft ein wenig dazu. Beide sind über die ganzen Jahre hinaus bescheiden geblieben und haben diese Werte ihrem einzigen Kind vermittelt.

      Madsen hatte die High School besucht und war in dieser Zeit ein leidenschaftlicher Eishockeyspieler, was ihm