Tigermädchen. Delia Muñoz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Delia Muñoz
Издательство: Bookwire
Серия: Tigermädchen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748557203
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ging, dass sie keine Angst mehr haben musste.

      „Sie haben etwas von einem Tigermädchen geschwafelt, das wir verstecken würden ...“ Emma schüttelte verwirrt den Kopf. „Das ist aber normal. Es kommen immer wieder Blacks hierher bis an die Grenze und wollen Informationen über das Tigermädchen.“

      Erstaunt hob Melanie die Augenbrauen. „Die sind ja echt aufdringlich.“

      Emma gelang ein Lächeln. „Wir sollten ja auch nicht nachts rausgehen. Ich ... äh ... hab dich gesucht.“ Sie warf Melanie einen fragenden Blick zu. „Du warst nicht da. Wo bist du hergekommen?“

      Melanie biss sich auf die Lippe. Emma war ihretwegen angegriffen worden! Sie hätte ihr eine Nachricht hinterlassen sollen. „Ich bin rausgegangen, weil mir langweilig war. Tut mir leid. Ich brauche nur circa vier Stunden Schlaf, weißt du?“

      „Das ist echt cool!“, rief Emma aus, die ihr nicht mehr böse zu sein schien, und stand nun schon eigenständig auf beiden Beinen. „Warst du schon lange da draußen?“

      Melanie schüttelte den Kopf. „Höchstens eine halbe Stunde.“

      Die beiden Mädchen machten sich stumm und langsam auf den Weg zum Gebäude 3.1. Melanie hielt immer noch Emmas zitternde Hand fest und Emma blickte zu Boden. Sie kamen am Gebäude an und schlichen die Treppe hoch zu ihrem Zimmer.

      „Das nächste Mal musst du dir keine Sorgen machen, okay?“, bat Melanie flüsternd.

      Emma nickte. „Außer du bist morgens noch nicht da. Und bitte, sei vorsichtig.“

      „Klar“, versicherte Melanie, selbst nicht ganz sicher, ob sie es ernst oder sarkastisch meinte.

      Die Zeitung schien etwas sehr Wichtiges zu sein im Land der Nacht.

      Wahrscheinlich, weil sie die einzige Verbindung zur Außenwelt war. Im Frühstücksraum hatte sich Emanuel die aktuelle „TagesBild“ geschnappt und las laut vor: „Die dunkle Retterin ist zurück! Heute Nacht ist Die dunkle Retterin wieder in Aktion getreten und hat gleich zwei Opfer gerettet. Die beiden sind zum Glück unbeschadet davongekommen. Das Mädchen in Schwarz war offenbar voller Eifer dabei; obwohl sich die beiden Fälle an anderen Schauplätzen abgespielt haben, war sie bei beiden anwesend. Gegen Mitternacht wurden die beiden Übeltäter bei der Polizei gemeldet, aber es fehlt bisher jede Spur von ihnen. Die dunkle Retterin schien sich nicht anders verhalten zu haben als zuvor, es ist immer noch ein Rätsel, wieso sie nach drei Jahren diese Auszeit von drei Tagen genommen hat. Ist sie wegen der Aufrufe in den Zeitungen nun doch wieder aufgetaucht oder hat sie ganz andere Gründe? Wahrscheinlich wird das Rätsel nie gelöst werden, aber die Opfer sind dankbar: Das eine Mädchen bat die Polizei ausdrücklich, bekannt zu machen, wie sehr sie die Hilfe des Mädchens in Schwarz schätze.“ Emanuel endete und sah auf.

      „Das ist ... echt nett von dem Mädchen“, bemerkte Melanie.

      „Diese Auszeit ist echt komisch ...“, sagte Daniel nachdenklich, der hinter Melanie stand. „Also, ich finde es ja okay, aber verstehen tue ich es trotzdem nicht.“

      „Ich auch nicht“, meinte Caroline. „Aber das ist doch echt egal. Was ich mich frage, ist, wie dieses Mädchen kämpfen gelernt hat. Und ob sie in die Schule geht und Eltern hat.“

      Bei dem Wort Eltern zuckten sowohl Emma als auch Daniel zusammen. Die anderen schauten Caroline nur mit einem seltsamen Blick an – keiner hatte sich bisher solche Gedanken gemacht.

      „Du hast Recht!“ Emma klang erstaunt.

      „Warum sollte sie keine Eltern haben?“, fragte Melanie und schaute möglichst unauffällig zu Daniel; ihr war schon bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen, dass er auf dieses Thema sensibel reagierte. Was war denn mit seinen Eltern geschehen? Und mit Emmas? Irgendwie schienen hier alle nicht im Paradies großgeworden zu sein. Andererseits gab es bei ihr auch Tabuthemen …

      Caroline zuckte als Antwort auf Melanies Frage mit den Schultern. „Wissen die, dass ihre Tochter solche Sachen macht, und machen sich gar keine Sorgen? Und wenn nicht: Wie kann sie sich aus dem Haus schleichen?“

      Darauf wusste wieder einmal keiner eine Antwort, und die dunkle Retterin war erneut das Hauptgesprächsthema bis zum Unterrichtsbeginn.

      Am Nachmittag wusste Melanie nicht, was sie machen sollte. Emma hatte gerade den Gemeinschaftsraum verlassen, um in ein Wahlfach zu gehen. Den Namen hatte Melanie schon wieder vergessen, aber es hatte auf jeden Fall mit Mathematik zu tun gehabt. Gerade als auch sie ihre Sachen zusammenpackte und in ihr Zimmer gehen wollte, kam Caroline zu ihr. „Hey, ist dir langweilig?“ Sie lächelte.

      Melanie sah erstaunt auf. „Ehm ... Ja, wieso?“

      „Du könntest mal mit in die Schmiede kommen, das ist echt interessant.“

      Tatsächlich wusste sie wenig über das Schmieden und sie würde gerne mal zuschauen. Jetzt, da sie im Unterricht ein Schmiedeprojekt ausarbeiteten, wäre es bestimmt hilfreich, wenn sie sich ein Bild von dieser Tätigkeit verschaffen könnte. Also stimmte Melanie zu, erhob sich und folgte Caroline aus dem Gemeinschaftsraum zu einer dicken Tür, die neben der nach oben führenden Treppe kaum sichtbar war.

      Caroline drehte sich kurz zu ihr um. „Vielleicht solltest du die Jacke ausziehen, da unten ist es ziemlich heiß.“

      Melanie schlüpfte aus ihrem schwarzen Hoodie. Darunter trug sie nur ein schwarzes Tanktop mit einem feinen, silbernen Muster darauf. Caroline öffnete die Tür und augenblicklich schlug ihr eine atemberaubende Hitze entgegen. Caroline hatte nicht übertrieben, es war in der Tat wärmer als in allen Strandferien, in denen Melanie je war – was sich auf zwei beschränkte. Schon oben an der Treppe war die Luft stickig und glühte fast.

      Caroline stieg eine schmale Treppe herunter, die in eine erstaunlich große Schmiede führte. Rechts von der Treppe lief eine Wand entlang, links erstreckte sich ein Raum, mindestens so groß wie Melanies Schlafzimmer. An der Wand, die am weitesten von der Treppe entfernt war, waren drei Schmieden eingebaut, daneben stand eine große Werkbank mit einem Amboss und einer Schüssel Wasser. Die eine Schmiede war kalt und verlassen, die anderen beiden standen regelrecht in Flammen. Und davor saßen Daniel und Ramón, beide der Hitze wegen in schlichte Muskelshirts gekleidet. Ebenso trugen sie Handschuhe und Schutzbrillen – auch wenn sie die Brillen auf die Stirn geschoben hatten. Caroline stupste Melanie in die Seite und jene blinzelte, ganz vertieft in die Betrachtung der Schmiede. Oder Ähnliches ...

      Jetzt schienen die beiden Jungs die Gäste gehört zu haben, denn sie drehten sich auf ihren Hockern um. Caroline lächelte Ramón warm zu und er erwiderte die Geste. Daniel begrüßte sie ebenfalls lächelnd und nickte Caroline zu. Sie war wahrscheinlich oft in der Schmiede, da Ramón ständig hier war.

      „Hi Melanie, bist du zum ersten Mal hier unten?“, wandte sich Daniel an Melanie.

      Melanie nickte, unsicher, was sie sagen oder tun sollte. „Gar nicht gewusst, dass das sozusagen euer Hobby ist.“

      Die beiden lachten und winkten sie etwas näher heran. „Schau doch mal bei unserem Hobby zu“, meinte Daniel und Melanie fragte sich, ob er sie veräppeln wollte, kam aber trotzdem näher. Caroline war schon neben Ramón getreten und hatte einen Arm auf seine Schulter gelegt. „Keine Angst, normalerweise werfen sie keine Neuen ins Feuer“, scherzte Caroline und ihre Augen blitzten belustigt.

      „Erst, wenn sie schon seit langem hier sind?“, lachte Melanie. „Pass auf, dass du nicht zu nah ran gehst, Caroline.“

      Caroline, die hinter ihrem Freund stand, machte demonstrativ einen Schritt zurück und grinste.

      „Wir haben unsere Methode zu anzünden geändert“, protestierte Daniel und hob zum Beweis ein an der Spitze glühendes Schwert hoch, das er gerade mit einem Hammer auf dem Amboss bearbeitete. So nah am Feuer war es noch heißer und Melanie bemerkte, dass Ramón und Daniel ins Schwitzen gekommen waren. Um sich davon abzulenken, dass Daniel komischerweise attraktiv aussah, während ihm der Schweiß an der Haut abperlte, fragte sie: „Meinte John deshalb, dass wir uns bei euch Tipps holen sollen?“

      Daniel