Die Suche nach dem ICH. Stefan Kleine Wolter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Kleine Wolter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753129464
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Leben?

      W A R U M ?

      Wut

      Warum können einige nur mit Worten

      ganze Menschenleben zerstören?

      Und warum schaffe ich es nicht einmal

      meine Wut und Aggression

      an einem Kopfkissen auszulassen?

      Besserung?

      War heute bei meiner Ärztin für Psychiatrie.

      Als sie mich fragte, wie ich mich fühle,

      habe ich ihr fast stumm und den Tränen nahe,

      einen Zettel hingelegt.

      Hatte in den letzten Tagen dort meine Gefühle und Ängste aufgeschrieben,

      war fast vollgeschrieben (DINA4 mit dem Computer).

      Komischerweise war sie gar nicht überrascht.

      Auch nicht,

      dass ich jetzt krankgeschrieben bin,

      auch nicht,

      als sie meinen Unterarm sah.

      Ihr war es wichtig,

      dass mein Hausarzt mich in zwei Wochen auch weiter krankschreiben würde,

      ...wenn es mir nicht besser geht.

      Hört sich für mich so an,

      dass sie nicht damit rechnet,

      dass ich vorerst wieder ans arbeiten komme.

      Keine Ahnung, was ich davon halten soll. Antidepressiva wird noch mal erhöht.

      Neue Pillen für Abends, sollen die Albträume eindämmen, Antipsychotika.

      Klingt für mich nicht gerade hoffnungsvoll.

      Irgendwann muss es doch mal bergauf gehen oder?

      Die Diagnose sollte doch mal eine Besserung bestätigen.

      Nicht immer nur eine Verschlechterung.

      Wie weit geht das denn noch.

      Welche Diagnose kommt als Nächstes?

      Was kommt nach „anhaltende schwere Depression, Angststörung und posttraumatische Belastungsstörung PTBS?“

      Nach F32.2*1 kommt F32.3*1 (Hab’s mir durchgelesen, möchte ich aber nicht).

      Ist komisch,

      wenn die Ärzte einem plötzlich keinen Mut mehr machen.

      Oder ich hab’s nicht rausgehört.

      Vielleicht haben meine Gefühle meine Ohren auch schon unter Kontrolle? Wer weiß?

      Egal was die Ärzte und Therapeuten sagen, egal was kommen mag.

      (*1 ICD-Code für Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome)

      (*2 ICD-Code für Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen)

      Nachdenken

      Habe heute sehr viel Zeit zum Nachdenken gehabt.

      Immer wieder liest man:

      „Sei Du selbst“

      Wann war ich ICH selbst?

      Wann durfte ich ICH sein?

      Fragen, wieder Fragen, die ich nicht wirklich beantworten kann.

      Als Kind musste ich immer Rücksicht nehmen.

      Als Jugendlicher musste ich zusätzlich dazu Aufpasser sein.

      Als junger Mann und junger Vater durfte ich mein Glück und Leid nicht teilen.

      Als junger Vater waren die Bedürfnisse der Kinder wichtiger.

      Dann habe ich, glaube ich, verlernt ICH zu sein.

      Ich habe mich immer hinten angestellt.

      Jetzt endlich, mit Mitte fünfzig, zeigt mir unsere jüngste Tochter (23),

      dass ich wieder ICH sein darf, dass ich ICH sein kann.

      Sie ist sich treu, sie tut das,

      was ihr Spaß macht,

      sie weiß was mir Spaß macht.

      Sie nimmt mich sehr oft mit.

      Sie machte einen Tandemfallschirmsprung und hat sich so gewünscht, dass ich dabei bin.

      Ich war dabei und habe mich so für sie gefreut,

      als ich sie von unten beobachtete und anschließend ihr strahlendes Gesicht sah.

      Sie unterstützt und fordert mich bei meiner Fotografie.

      Meine andere Tochter und meine Frau unterstützten mich auch sehr, aber nicht so wie sie, anders.

      Sie bringt mir langsam aber sicher wieder bei ICH selbst zu sein.

      Ich weiß nicht, ob ihr das bewusst ist.

      Ich kann mich nur bei ihr bedanken, das tue ich immer wieder.

      Ist sie vielleicht doch ein, von irgendwo her, geschickter Engel?

      Sonnenaufgangsführung

      Am Dienstag war ich mit meiner Tochter bei einer Führung zu den letzten Wildpferden in Europa.

      Die leben in einem Naturschutzgebiet bei uns im Münsterland.

      Morgens um 07:15 Uhr war Treffen.

      Im Dunkeln, bei zwei Grad über null.

      Dann noch ein paar Minuten Fahrt und wir, eine Gruppe mit ca. fünfundzwanzig Personen und die Försterin, waren direkt bei den Wildpferden.

      Zu Fuß ging es dann mitten in die Herde. Es war ein absolut faszinierender Moment.

      Diese Ruhe, diese Stille.

      Keine Hektik, kein Stress.

      Für einige Zeit fühlte ich mich wie in einer anderen Welt.

      Hier gab es kein Gut und kein Böse.

      Keine Schuldgefühle, keine Kopfschmerzen, kein Tinnitus.

      Kein Mobbing, keine Vorwürfe, kein wenn und kein aber.

      Eine Stunde waren wir bei den absolut wild lebenden Pferden.

      Eine Stunde im Paradies.

      Eine Stunde keine Depression.

      Eine Stunde frische klare Luft.

      Eine Stunde Faszination.

      Eine Stunde tolle Fotomotive.

      Heute Abend habe ich die letzten Fotos sortiert und bearbeitet.

      Heute Abend konnte ich noch einmal den Moment genießen.

      Verfolgung

      Wieder mal tobt in mir ein Kampf zwischen Gefühl und Verstand.

      Die beiden vertragen sich in der letzten Zeit überhaupt nicht.

      Egal was der eine meint, der andere ist dagegen.

      Heute Mittag wieder.

      Ich bin mit unserem Hund losgegangen, täglicher Spaziergang,

      tägliches Training (inneren Schweinehund ärgern, unter Menschen sein ...).

      Nach ca. dreihundert Meter fing das Gefühl an zu stänkern:

      (G-efühl;