Vae Victis. György Kristián Szitás. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: György Kristián Szitás
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748590743
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betonte er.

      „Hast Du schon einmal eine Phalanx gesehen, die sich schnell umdrehen kann, mit all ihren schweren Schildern und Lanzen, die noch dazu in sich verhakt sind, damit man sie nicht durchbrechen kann?“

      Kaeso sah Marcus in die Augen, während die Skepsis langsam dem Erkennen wich, worauf sein Gegenüber hinaus wollte: „Nein! Dafür sind sie zu langsam und auch nicht genug ausgebildet.“

      „Genau!“ antwortete grinsend Marcus: „Was hast Du in Deinem Kampfunterricht über die Schlacht der Hellenen bei den Thermopylen gehört?“

      Marcus fragte seinen älteren Kollegen, wie ein Lehrer, der seinen Schüler ausfragt.

      Kaeso sah ihn an.

      „Die Spartiaten, hervorragend ausgebildete Hopliten, hielten der persischen Übermacht zwei Tage lang stand, um dann am dritten Tag, nachdem sie von den Persern eingekesselt wurden, vollkommen aufgerieben zu werden. Auch ihr König Leonidas fiel. Das wäre aber nicht passiert, wenn sie nicht verraten worden wären.“

      „Ja!“ unterbrach ihn Marcus scharf, da er keine geschichtliche Lehrstunden hören wollte.

      „Aber was hat man aus dieser Niederlage gelernt?“ bohrte er weiter.

      Kaeso wusste nicht, worauf sein Gegenüber hinaus wollte und streckte hilflos die Arme zur Seite.

      „Ich sage es Dir: Nichts!“

      Mit einem Ruck stand Marcus auf.

      „Nichts hat man aus der tapferen Niederlage gelernt. Wir kämpfen immer noch wie damals. Ja, man lobt die sinnlose Tapferkeit der dreihundert heldenhaften Spartiaten, die damit ihren hellenischen Verbündeten die Möglichkeit gaben, ihre Truppen zu sammeln, um die Perser wieder zurückzuschlagen. Aber sonst?“

      Camillus war laut geworden, während Kaeso betreten schwieg.

      „Sonst hat man daraus nichts gelernt.“ erklärte Camillus weiter: „Das Problem an der Phalanx ist ihre Unbeweglichkeit – was bei entsprechendem Gelände, ihr großer Vorteil ist – ohne jeden Zweifel. Aber in einem offenen Gelände, ist die Phalanx starr und unbeweglich. Ich aber will kleinere Einheiten, die sich schnell zusammenstellen können, die Formation schnell wieder auflösen können, um dann sofort in die nächste Formation überzugehen, je nach dem, wie es die Situation erfordert. Mit mehreren tausend Hopliten, versammelt in einer starren Phalanx, ist das unmöglich. Mir schweben kleinere Einheiten, von vielleicht hundert oder hundertzwanzig Mann, vor. Deren Anführer taktisch so gut ausgebildet wurden, dass sie auch einzeln operieren können.“

      Kaeso verstand langsam – sehr langsam:

      „Dann beißen sich die Kampfwagen ihre Zähne an unseren Burschen aus, weil sie ihnen kein greifbares Ziel mehr bieten.“

      Man hörte richtiggehend Kaesos Gehirn arbeiten und Marcus wartete ab.

      „Dann müsste man unsere Leute aber in mehreren Wellen gegen den Feind schicken,“ sprudelte es aus Kaeso plötzlich heraus.

      „Ja! Und zwar in dreien!“ rief Marcus.

      „Dann müssen wir unsere Bauern, denen wir auf die Schnelle ihre Waffen in die Hand geben, auf diese Kampfweise ausbilden.“

      „Du hast Recht,“ gestand ihm Marcus zu. „Die Schnelligkeit ist auch hier das Alpha und das Omega!“

      Kaeso nickte und schimpfte schreiend: „Du willst aus der Bürgerarmee ein Söldnerheer machen! Das ist gefährlich für die Republik!“

      „Ich befürchte, dass das viele Senatoren so sehen werden.“ gab Camillus ruhig zu. „Aber schau Dir unsere Krieger an: Die jungen Männer werden, im Falle eines Krieges, der jedes Jahr geführt wird, zu den Waffen gerufen. Aber nicht, um unsere Stadt gegen Feinde zu verteidigen, sondern um unsere Sphäre zu vergrößern. Und was verspricht man ihnen dafür?“

      Kaeso sah ihn an, dieses neue Argument verstand er nicht. Den meisten Bürgern war es eine Ehre für ihre Stadt in den Krieg zu ziehen.

      „Sie erhalten keinen Lohn und müssen ihre Waffen auch noch selbst bezahlen. Und mancher Senator neidet ihnen noch die Beute, die sie im Kampf machen.“

      „Aber die Ehre ...“ wandte Kaeso verblüfft ein.

      Marcus winkte ab:

      „Von der Ehre kann man nicht leben. Wenn einer der Legionäre ein paar Sklaven als Beute mit nach Hause nehmen kann, können die wenigstens seinen Haushalt führen und seine Felder bewirtschaften, während er wieder in den nächsten Krieg ziehen muss.“

      Marcus blickte Kaeso an, um zu sehen, welche Wirkung seine Worte auf den Mann machten.

      „Aber wir haben noch ein Problem,“ Marcus redete sich nun in Fahrt. „Dadurch, dass unsere Legionäre ihre eigenen Waffen mit in die Schlacht führen müssen, passen sie auf diese teuren Waffen zu gut auf.“

      „Willst Du ihnen die Waffen etwa von Staats wegen stellen?“ fragte Kaeso endgültig verblüfft.

      „Natürlich! Solange die Schlachten hier, in der Nähe Roms stattfinden, haben wir ja kein Problem mit Nachschub. Aber was, wenn wir ein paar Tagesmärsche weit weg sind. So mancher Bürger, will seine Lanze und sein Schwert nur von einem bestimmten Schmied. Was ich auch nachvollziehen kann, weil man eine gewisse Qualität haben will, die man auch bezahlen kann. Aber was, wenn dieser Schmied nicht mehr nachkommt, weil er zu viele Aufträge hat, oder ganz einfach krank ist?“

      Kaeso war zu verblüfft um zu antworten. Was hatte Marcus vor?

      „Wenn wir unseren Legionären die Ausrüstung stellen, Lohn bezahlen und ihnen zusätzlich die Beute lassen, folgen sie uns umso williger in den Kampf. Und unsere Befehle werden wesentlich besser anerkannt.“

      „Aber das alles durchzusetzen wird Dir schwerfallen,“ brummte Kaeso zurück.

      „Ja, wir müssen hierzu kleine Schritte machen und ich weiß nicht, ob wir damit alles so zustande bekommen, wie ich mir das vorstelle,“ musste Marcus zugeben.

      „Gegen welche Stadt willst Du als nächstes ziehen?“ fragte Kaeso, um wieder von etwas Greifbarem zu reden..

      „Falerii braucht mal wieder eine Abreibung,“ antwortete Marcus. „Selbstverständlich mit Zustimmung des Senats. Aber uns erwächst möglicherweise ein noch größerer Gegner.“

      „Welcher?“ wollte Kaeso wissen, dem mittlerweile der Kopf dröhnte. Weniger von dem Wein aus Piatentia, der wirklich gut war, sondern mehr von den Ideen seines Gegenübers. Hätte er nicht gewusst, dass es sich um einen erwachsenen Mann handelte, hätte er ihn für einen übermütigen Jungen halten können.

      „Die Kelten!“ sprach Camillus weiter. „Wenn meine Spione richtig informiert sind, sammelt sich derzeit nördlich der Alpen eine größere Gruppe, um in Etrurien einzufallen. Wohl zunächst mal, um dort zu siedeln, weil um den Padus herum viele Bauernhöfe, Dörfer und Städte wegen der letzten Missernten verlassen wurden. Aber es wird Ärger geben und möglicherweise werden wir, bis in ein paar Jahren, da mit hineingezogen. Und dann will ich nicht unvorbereitet in die Schlacht ziehen. Wenn all das stimmt, was mir von den Kelten berichtet wurde.“

      Aus dem übermütigen Jungen war plötzlich ein besonnener Staatsmann geworden.

      Marcus Camillus groß sich Wein nach und erläuterte noch etwas genauer, wie er seine Truppen bei einer Schlacht aufstellen würde, aber Kaeso hörte nicht mehr so genau hin und verfiel in Gedanken. Nach einer Weile entschuldigte er sich bei Marcus und verließ schweigend und nachdenklich das Haus.

      Marcus Gedanken waren vermutlich zu viel, für die konservativen Senatoren, aber er hatte Recht. Wenn Rom wachsen und gedeihen wollte, dann dürfte es nicht aufhören bis zu den nächsten Städten zu denken, dann müsste man sich den gesamten Apennin einverleiben, ja bis hinunter nach Sizilien und hinauf bis zu den Alpen, vielleicht sogar darüber hinaus.

      Als Kaeso über das Forum wankte – der Wein und die frische Luft danach,