Er meinte, meine Unterlagen, die ich im Frühjahr eingereicht hätte, wären geprüft worden und in Ordnung. Der Finanzier würde circa 1012 % Zinsen per anno verlangen. Das müsste zwar noch konkretisiert werden, aber im Grunde hätte er grünes Licht für die Sache.
Er übergab mir einen Kreditvermittlungsvertrag, ohne den er nicht tätig werden könnte. Dort verlangte die Firma WD KÖH LER 16.500, DM Aufwandsentschädigung als Vorkasse und den gleichen Betrag noch einmal als Vermittlungsgebühr nach dem erfolgreichen Abschluss der Finanzierung. SODERLAND wollte den Vertrag innerhalb einer Woche unterzeichnet zurückhaben. Die Zahlung der Aufwandsentschädigung hatte ebenfalls in die ser Zeit zu erfolgen.
Die Finanzierung wäre dann nur noch eine reine Formsache, sagte er, obwohl er mir den Namen des Finanziers nicht nennen wollte.
Ich hatte mich um andere Möglichkeiten, ein Darlehen zu be kommen, nicht mehr gekümmert. Ich müsste nun klären, woher
ich die 16.500,00 DM nehmen sollte, ohne meine Liquidität ge gen Null zu fahren.
Mir fiel das Angebot meines Freundes Dieter ein, der mir vor einiger Zeit vorschlug, sollte ich einmal einen Engpass haben, er hätte 20.000,00 DM frei.
Ich kam auf sein Angebot zurück in dem festen Glauben, dass er es spätestens in ein bis zwei Monaten zurückhaben würde, unter schrieb den Vertrag mit SODERLAND und zahlte die verlangte Summe.
Nachdem in den letzten Wochen etwas Ruhe eingekehrt war, ging es nun wieder verstärkt mit dem Telefonterror los. Beate be richtete mir, dass auch sie wieder mit Anrufen bis spät in die Nacht bombardiert würde. Erstmals hätte sich jemand mit ausländischem Akzent gemeldet und sie gewarnt, sie solle auf die Kinder aufpas sen. Sie könnte sich das alles nicht erklären.
Ich schon, der nächste Zahltag stand an. So machten sie es jedes Mal.
Ich wusste, auf Dauer würde ich das so nicht durchhalten. Aber was sollte ich machen? Es war ein Tanz auf dünnem Seil. Jederzeit konnte ich abstürzen. Die Folgen wären fatal gewesen in jeder Hinsicht, Ich versuchte meine Lage, so gut es ging, zu verdrän gen. Ich hätte sonst nicht mehr arbeiten können.
So lange ich den Hyänen etwas Futter gab, würde den Men schen, die mir nahe standen, nichts passieren.
Doch die Forderungen wurden immer massiver und mein Ner venkostüm immer dünner.
In dieser Verfassung eine stressige Promotiontour mit der kana dischen Band durchzuführen, wäre kaum möglich gewesen. So kam es mir nicht ungelegen, dass die Sache ins Frühjahr ‘95 ver schoben wurde, weil die Songs für die CD noch nicht fertig wa ren.
Die heimische Zeitung brachte einen großen Artikel über mich und PRO MEDIA zum Thema „Macher im MusikBusiness“. Ein Radiosender wollte ein Interview haben.
Ich kam mir vor, wie auf einem permanenten Ritt zwischen Him mel und Hölle.
Von SODERLAND hörte ich lange Zeit nichts in Sachen Fi nanzierung. Mitte Dezember rief er an und teilte mir mit, dass der Kapitalgeber in letzter Minute abgesprungen sei.
Dieser Schock saß tief.
Erbost verwies ich darauf, dass die Gebühren bereits gezahlt wären und eine Absage inakzeptabel sei. Er meinte, er hätte noch andere Investoren, die er nun kontaktieren wolle. Er würde sich melden.
Das Warten begann von vorn.
Bis zum Frühjahr 1995 kamen die Erpresser noch zwei Mal. Personell standen bei PRO MEDIA Veränderungen an. Meine
Schwägerin Elli erwartete ihr zweites Kind und würde im Mai in Mutterschaft gehen. Mein verantwortlicher Mann für das Stamm geschäft brachte immer weniger Leistung. Ich musste eine Ent scheidung treffen.
Doris hatte inzwischen die Scheidung eingereicht. Ich musste mir einen Anwalt nehmen. Einmal besuchte sie mich noch im Büro, aber nur, um mir eine gegenseitige Unterhaltsverzichtser klärung vorzulegen. Ich akzeptierte. Wenn unsere Ehe in ihren Augen schon ein großer Irrtum war, so sollte wenigstens finanziell keiner dafür bluten. Wie es in Wirklichkeit in mir aussaß, interes sierte sie sowieso seit langem schon nicht mehr. Ich erzählte ihr auch nichts von den Ereignissen seit dem letzten Jahr.
Mir schnürte es förmlich die Kehle zu. Mit niemanden konnte ich reden, unter was für einem Druck ich stand.
Und der Druck wurde stärker, die Forderungen der Verbrecher immer unverschämter. Die Summen, die sie verlangten, konnte ich nicht mehr aufbringen.
Beate erzählte mir von einem Anrufer, der in gebrochenem Deutsch damit drohte, dass es mir nun an den „Kragen“ ginge. Die männliche Stimme hätte gewusst, wann die Kinder das Haus verlassen würden, sie selbst zur Arbeit geht und zurückkommt. Sie wollte von mir wissen, was das alles zu bedeuten hätte.
Ich wiegelte ab und beruhigte sie.
Sie sprach von seltsamen Dingen, die im Moment passierten:
In der Parfümerie, in der sie zu der Zeit arbeitete, tauche immer ein Mann auf, der ausschließlich von ihr bedient werden wolle, aber nie etwas kaufen würde.
Einmal hätte ein schmieriger, bulliger Typ den ganzen Tag vor dem Schaufenster gestanden und sie beobachtet. Er wäre ihr sogar hinterher gelaufen, als sie im Parkhaus die Uhr nachlösen musste. Ihrem Chef wäre dieser Typ ebenfalls aufgefallen. Als er ihn zur Rede stellen wollte, wäre der Mann aber plötzlich verschwunden gewesen.
Ich ließ mir die Person beschreiben und wusste gleich, dass es sich um einen der Erpresser handelte. Spätestens zu diesem Zeit punkt hätte ich mich outen müssen. Doch ich tat es nicht und schwieg. Ich wollte sie nicht noch mehr beunruhigen.
Ich kam mir beschissen und feige vor.
SODERLAND meldete sich wieder. Er hätte einen Finanzier in Griechenland gefunden, der sehr interessiert wäre. Für den Auf wand, den er betrieben hätte, müsse er aber noch mal 5000 DM haben. Wir verabredeten einen Termin in meinem Büro.
Wieder wirkte er absolut sicher, nun den richtigen Kapitalgeber zu haben. Die 5000 DM wollte er in bar, ich ließ mir aber eine Quittung unterschreiben. Zusätzlich buchte ich auf seinen Na men bei meinem Reisebüro einen Flug von Frankfurt nach Kreta und zurück.
In aller Deutlichkeit machte ich ihm klar, dass er nun für den erfolgreichen Abschluss der Sache zu sorgen hätte und ich eine unverzügliche Rückmeldung erwarten würde.
Er fragte, ob PRO MEDIA auch Visitenkarten drucken lassen könne. Ich klärte ihn auf, dass wir das per Computer machen und eine Druckerei nicht unbedingt nötig sei.
Um ihn zusätzlich zu animieren, bot ich ihm an, einen Entwurf zu erstellen und ihm diesen auf Diskette zuzusenden. Dann kön ne er sich so viele Exemplare ausdrucken lassen, wie er wolle. Das DesignerProgramm, mit dem PRO MEDIA arbeitete, kannte er. Die Diskette sandte ich ihm zwei Tage später zu.
Zwei Wochen lang hörte ich nichts. Dann erhielt ich auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht von SODERLAND, dass auch diese Sache geplatzt sei. Ich wurde misstrauisch.
Über mein Reisebüro kam ich an die Passagierliste für den Flug nach Kreta. SODERLAND hatte diesen Flug nie angetreten. Sofort wählte ich die Nummer der WD KÖHLER in Hannover. Der Anschluss existierte nicht mehr.
Ich war einem Betrüger aufgesessen. Das Geld war weg und SO DERLAND auch. Meinem Freund Dieter konnte ich seine 20.000 DM nicht zurückzahlen. Das war das Peinlichste an der Sache.
Ich klinkte mich wieder zunehmend ins Stammgeschäft ein. Die Aktivitäten mit den Künstlern liefen nur noch nebenbei. Die Pro motiontour mit der Band aus Kanada zog ich zwar noch durch, alles andere jedoch, wurde von der Schallplattenfirma erledigt.
Meinem Vertriebsleiter für Werbung auf Einkaufswagen kün digte ich zum nächsten Termin und stellte ihn sofort von der Ar beit frei, als er mir vorschlug, ich solle ihm drei Monate sein ehe maliges Gehalt zahlen,