Sonnenwarm und Regensanft - Band 4. Agnes M. Holdborg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Agnes M. Holdborg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738046632
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er es viel­leicht doch mit­be­kä­me. »Was geht dir durch den Kopf, Vi­tus? Du scheinst mit dei­nen Ge­dan­ken mei­len­weit ent­fernt zu sein?«

      »Hm?« Vi­tus sah sie zu­nächst geis­tes­ab­we­send an, be­vor er sie mil­de an­lä­chel­te, so wie ein Va­ter sein er­tapp­tes Kind. »Oh, nicht ge­ra­de mei­len­weit ent­fernt, Ke­ned, und vor al­len Din­gen na­he ge­nug, um dei­nen Kaf­fee­kon­sum zu re­gis­trie­ren. Und die zwei­te Tas­se sei dir heu­te mal ge­gönnt.« Sie seufz­te und er lä­chel­te er­neut, wur­de dann aber ernst. »Ich ha­be tat­säch­lich nach­ge­dacht und fra­ge mich, wie es An­na ge­lun­gen ist, sich mei­ner so­wie Vik­tors be­ru­hi­gen­den Kraft zu ent­zie­hen und die­sen Mann zu ohr­fei­gen. Au­ßer­dem hat sie so­wohl Rich­ter als auch Rechts­an­walt em­pa­thisch ma­ni­pu­liert.«

      Er mus­ter­te An­na ein­ge­hend. »Du warst wirk­lich gut. Ich ha­be in die­sen paar Mo­men­ten fast nichts von dir wahr­neh­men kön­nen. Dei­ne Re­ak­ti­o­nen selbst wa­ren zwar er­fass­bar: Dei­ne Ohr­fei­ge. Dei­ne Ent­schul­di­gung beim Rich­ter. Dei­ne Bli­cke zu dem Win­kel­ad­vo­ka­ten. Aber an­sons­ten hat­test du den Geist völ­lig ver­sie­gelt, bis du dich end­lich ent­spannt und nur noch auf die Fra­gen des Vor­sit­zen­den und der An­wäl­te kon­zen­triert hast.«

      Vi­tus setz­te ein süf­fi­san­tes Grin­sen auf. »Den Geist der­art zu ver­schlie­ßen, ge­hört nicht ge­ra­de zu dei­nen Stär­ken.«

      An­na über­leg­te. Wenn man sie schon auf ihr Ver­hal­ten im Ge­richts­saal an­sprach, so soll­te sie nun tat­säch­lich ge­nau­er dar­über nach­den­ken. »Ich weiß nicht, wie und war­um das pas­siert ist. Ei­gent­lich war ich ganz ru­hig, dach­te ich je­den­falls. Aber dann hat­te ich ur­plötz­lich ei­ne un­glaub­li­che Wut im Bauch. Des­halb konn­te ich euch in dem Au­gen­blick wohl nicht mehr spü­ren. Das lässt sich al­so ei­ni­ger­ma­ßen lo­gisch er­klä­ren. Na ja, so­weit man bei El­fen­macht von Lo­gik spre­chen kann.«

      »Tut mir leid, Sil­vi, dass wir das jetzt doch noch durch­kau­en«, wand­te sie sich an Jens‘ Freun­din. »Aber ein paar Ant­wor­ten in die­ser Sa­che fänd ich schon in­ter­es­sant.«

      Sil­vi wink­te läs­sig ab. »Mach nur. Ich hö­re zu. Mich in­ter­es­siert das ge­nau­so.«

      »Dan­ke, das ist echt lieb von dir. – Wo war ich ste­hen­ge­blie­ben? Ach ja, ich hat­te plötz­lich ei­ne Stink­wut und auf­grund eben die­ser Wut hab ich mich of­fen­bar men­tal kom­plett ab­ge­kap­selt. Und dann … Ich woll­te mich auf kei­nen Fall bei die­sem, sor­ry, Arsch­loch ent­schul­di­gen. Nein, so et­was hät­te ich nie und nim­mer über die Lip­pen ge­bracht. Nichts und nie­mand hät­ten mich da­zu zwin­gen kön­nen. Au­ßer­dem hät­te ich es to­tal un­ge­recht ge­fun­den, wenn mich der Rich­ter für die mei­nes Er­ach­tens durch­aus be­rech­tig­te Ohr­fei­ge be­straft hät­te. Zitt hat­te die Ohr­fei­ge näm­lich, weiß Gott, mehr als ver­dient. Hhm, wenn ich jetzt so drü­ber nach­den­ke, dann fällt mir ein, dass ich all die­se Din­ge im Kopf hat­te, als ich den Rich­ter und da­nach den An­walt an­ge­se­hen ha­be.« Sie über­leg­te kurz. »Kann das denn sein? Hab ich mei­ne Ge­dan­ken auf sie pro­ji­ziert und sie da­mit be­ein­flusst?«

      »So könn­te man es aus­drü­cken«, er­wi­der­te Vi­tus ernst. »Du hast ih­nen so­zu­sa­gen un­be­wusst dei­nen Wil­len auf­ge­zwun­gen. Das ist Sug­ge­s­ti­on und geht tief in die el­fi­sche Macht, Toch­ter. Und da­mit du dei­ne Macht in die rich­ti­gen Bah­nen len­ken kannst, wer­de ich dich un­ter­rich­ten.«

      Er schau­te An­na mit sei­nen in­ten­si­ven Au­gen bis tief in ih­re See­le. Sei­ne stren­ge Mie­ne ließ kei­ne Wi­der­re­de zu, wur­de ihr klar. »Ja, das ist ei­ne wirk­lich gu­te Idee. Fin­dest du nicht auch, An­na? Ich wer­de dich un­ter­rich­ten, dich – und Vik­tor – und …«, nun wan­der­te sein Blick zu Vik­to­ria, »… dich na­tür­lich auch. Mal über­le­gen, ja, ein­mal pro Wo­che soll­te ge­nü­gen. Am bes­ten füh­ren wir einen spe­zi­el­len Tag da­für ein. Einen, an dem Le­na zu Lo­a­na ge­hen kann, um von ihr mehr über die Heil- und Kräu­ter­kun­de zu er­fah­ren.«

      Wie so oft, wenn er nach­dach­te, trom­mel­te Vi­tus mit den Fin­gern auf sei­nen Ober­schen­keln her­um. Dann sah er un­ver­mit­telt zu Jens. »Du könn­test auch da­zu­ler­nen. Na­tür­lich nur, falls du es willst und dei­ne Freun­din sich nicht ängs­tigt.«

      »Tja«, mein­te Jens ver­le­gen.

      Nach ei­nem Blick­wech­sel mit Sil­vi zuck­te die mit den Ach­seln, sag­te aber in auf­rich­ti­gem Ton­fall: »Ich wer­de mich nie­mals vor dir ängs­ti­gen, Jens. Du hast zum Teil el­fi­sches Blut in dir und da­durch be­son­de­re Ga­ben mit in die Wie­ge ge­legt be­kom­men. Es wä­re Fre­vel, die nicht zu nut­zen. Das wä­re fast so, als ob El­tern ver­schie­de­ner Na­ti­o­na­li­tä­ten ihr Kind nicht zwei­spra­chig er­zie­hen und ihm da­her ei­ne Spra­che, ei­ne Kul­tur, ja, ei­ne hal­be Iden­ti­tät vor­ent­hal­ten wür­den.« Sie hob die Hän­de, als Jens et­was sa­gen woll­te. »Al­so, ler­ne dei­ne gan­ze Iden­ti­tät ken­nen und zu nut­zen.«

      An­na war be­ein­druckt von die­sem State­ment und von Jens, der Sil­vi an der Hand zu sich zog, um sie zu küs­sen. Sei­ne grau­en Au­gen durch­dran­gen mit ih­rem Blick Sil­vis reh­brau­ne.

      »Du bist das Bes­te, was mir je pas­siert ist, Sil­vi. Ich lie­be dich über al­le Ma­ßen.«

      »Das will ich wohl mei­nen«, gab die­se er­heb­lich tro­ckener zu­rück, als ihr of­fen­bar zu­mu­te war.

      »Nun denn«, un­ter­brach Vi­tus die rühr­se­li­ge Sze­ne, »das wä­re dem­nach ge­klärt. Viel­leicht be­kom­men wir einen Ter­min zu­sam­men, der sich so­wohl mit den Zei­ten, die An­na in der Schu­le und Vik­to­ria in der Uni­ver­si­tät ver­brin­gen, als auch mit Jens‘ und Le­n­as Ar­beits­zei­ten ver­ein­ba­ren lässt.« Schief grin­send füg­te er hin­zu: »In­ter­es­san­ter­wei­se scheint es für Lo­a­na, Vik­tor und so­gar mich selbst als Füh­ren­de ei­nes recht gro­ßen El­fen­rei­ches ein­fa­cher zu sein, die Ter­mi­ne mit euch ab­zu­stim­men.«

      An­schei­nend war für ihn da­mit das The­ma vor­erst vom Tisch, denn er stand auf und nahm sei­ne Frau bei der Hand. »Der ers­te Ver­hand­lungs­tag ist jetzt üb­ri­gens vor­bei. Wie ich es mit­be­kom­men ha­be, hat die­ses Arsch­loch, wie An­na den Kerl so tref­fend ge­nannt hat, vor Kur­z­em ein um­fang­rei­ches Ge­ständ­nis ab­ge­legt. Viel­leicht wird des­halb schon mor­gen das Ur­teil ver­kün­det wer­den. Ob­wohl, ich be­fürch­te, dass der Rechts­an­walt wei­ter­hin auf un­zu­rech­nungs­fä­hig plä­die­ren wird. So oder so, die­ses Arsch­loch, um das schö­ne Wort noch ein­mal zu wie­der­ho­len, bleibt weg­ge­sperrt.«

      Er küss­te zu­erst An­na, da­nach sei­nem Sohn, Jens und Sil­vi die Stirn. »Jo­han­nes und The­resa sind bald hier. Des­halb ge­hen wir jetzt. Dann ist es et­was ru­hi­ger, wenn sie ein­tref­fen. Bit­te grü­ße sie herz­lich von uns, An­na, und rich­te ih­nen aus, dass wir sie gern wie­der­se­hen möch­ten. Ach, und sag Be­scheid, dass Le­na mor­gen früh von Sen­tran di­rekt zum Fri­seur­sa­lon ge­bracht wird.«

      Das war das Stich­wort für die an­de­ren, sich eben­so zu er­he­ben. Nach kur­z­em Hän­de­schüt­teln und di­ver­sen Wan­gen­küs­sen wa­ren sie fort.

      Kei­nem Kraut ge­wach­sen

      Sie