Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Schöppner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742772664
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selbst habe in einem Kerker

       zu Hof Buße gethan, oder sei, wie sich noch heutiges

       Tages die Leute der Gegend erzählen, als Büßerin

       auf bloßen Knieen von Plassenburg bis nach Himmelkron

       gerückt.

       186. Die weiße Frau.

       Von L. Z a p f .

       Die Gräfin Orlamünde

       Wallt nächtlich durch das Schloß,

       Und große Schlüsselbünde

       Umklirren ihr den Schoß.

       Sie läßt sie rasselnd fallen

       Droht Unheil ihrem Haus,

       Daß durch die stillen Hallen

       Es mächtig dröhnt und graus.

       Sie kann nicht Ruhe finden

       Die Kindesmörderin,

       Sie muß die Hände winden

       Und wandeln her und hin;

       Die alten, öden Zimmer

       Durchrauschen allezeit

       Um Mitternacht, und nimmer

       Wird sie davon befreit.

       Sie schreitet in den Gängen

       Im weißen Bauschgewand,

       In stummer Trauer hängen

       Die Ahnen an der Wand.

       Sie blicken starr hernieder,

       Gespenstisch auf ihr Leid,

       Wenn durch das Dunkel wieder

       Aufschimmert hell ihr Kleid.

       So büßend ihre Sünde

       Wallt durch den weiten Bau

       Die Gräfin Orlamünde,

       Die blut'ge weiße Frau.

       187. Die Gräfin von Orlamünde.

       Von A u g u s t N o d n a g e l .

       Von des Schlosses hohem Söller

       Schaut die Gräfin in das Thal;

       Auf dem Schlosse ruht die Zither,

       Sieh! da sprengt ein stolzer Ritter

       Her im Abendsonnenstrahl.

       Albrecht war's, genannt der Schöne,

       Nürnbergs hochberühmter Graf,

       Der die Städter zwang zu weichen

       Und mit scharfen Schwertesstreichen

       Jeden kecken Gegner traf.

       Freundlich blickt er auf zum Schlosse

       Und sein Helmbusch flattert weit;

       Denn er grüßt mit Flammenblicken

       Liebe fordert sein Entzücken,

       Erster Wonne Seligkeit.

       Zum Vasallen tritt die Gräfin:

       »Hayder, sattle flugs dein Roß!

       Beut dem Grafen Hand und Minne,

       Ob ich ihn zum Herrn gewinne

       Und zum Lohne nimm dies Schloß!«

       Wie der Bot' auch fliegt von dannen,

       Träg enteilt ihr doch die Zeit.

       Sieh! da springen in das Zimmer

       Ihre Kinder, lieb wie immer

       Voller schelm'scher Fröhlichkeit.

       Wollt' ihr einen Vater haben,

       Herzgeliebte Kinder mein? –

       »Vater ging zu Gottes Freuden,

       Wo die Wolkenlämmer weiden,

       Spielt er mit den Engelein.«

       Hayder kommt zurück und kündet,

       Was betrübt der Ritter sprach:

       »Laßt, o Herrin dies Beginnen,

       Nimmer darf Euch A l b e r t minnen,

       Eh' der Tod vier Augen brach!«

       Weh! sie starrt just auf die Kinder

       Und durchschnitten zuckt ihr Herz.

       Der verschmähten Liebe Plagen

       Kann die Stolze nicht ertragen

       Und zur Wuth wächst an der Schmerz.

       Mit der Flamme in dem Busen

       Wandelt sie drei Tage hin –

       Hört nur in den eignen Hallen

       Spott und Hohngelächter schallen,

       Kann sich selbst nicht mehr entfliehn.

       »Hayder – fleht sie dumpfen Tones –

       Fördre meine Ungeduld;

       Morde die verhaßten Kleinen,

       Sie, nur sie kann Albrecht meinen

       Und ich trage jede Schuld!«

       Hayder lockt die beiden Kleinen

       In's Gebüsch mit Spiel und Scherz;

       Dort am Weiher, ohn' Erbarmen

       Packt die Eisenfaust die Armen,

       Zuckt den Dolch auf's zarte Herz.

       Ach, das Mägdlein fleht zum Mörder,

       Thränen in dem Angesicht:

       »Lieber Hayder laß uns leben,

       Will dir Orlamünda geben –«

       Doch das rührt den Buben nicht.

       Auch das Knäblein ringt die Hände:

       »Lieber Hayder schone mich,

       Kriegst dann meinen Helm, den neuen,

       Traun! es wird dich nicht gereuen,

       Mutter selbst belohne dich!«

       Doch sie fallen – da verwirrt

       Gottes Zorn des Mörders Sinn;

       Und er kommt mit wildem Tritte,

       Schleudert in der Diener Mitte

       Seinen Dolch der Gräfin hin.

       »Kennst du wohl das Blut der Kinder,

       Das der Wolf im Forste leckt?

       Die dort, wo die Birken neigen

       Haselbusch mit schlanken Zweigen

       Wehmuth zitternd nun bedeckt?« –

       Albrecht kam in's nahe Kloster:

       »Heilige Väter, tröstet mich,

       Dieser Mord, davon in Tagen

       Später Zeit man noch wird sagen,

       Ward begangen – weh! um mich!

       Agnes liebt' ich wie mein Leben,

       Höher stand mein Gott mir nur;

       Aber treue Kindespflichten

       Wollt' ich dennoch stets verrichten,

       Bis mich löset die Natur.

       Vater lebt mir noch und Mutter,

       Dennoch bin ich nun allein. –

       Ach ihr Männer! heil'gen Lebens

       Nimmer schloßt ihr euch vergebens

       Vor dem tiefen Elend ein!«

       Und im Kloster ruhn die Leichen

       Arm in Arm, wie man sie fand.

       Agnes war seit jenen Stunden

       Aus der Heimathflur verschwunden

       Pilgernd in's gelobte Land.

       188. Volkslied von der Herzogin von

       Orlamünde.