zu Hof Buße gethan, oder sei, wie sich noch heutiges
Tages die Leute der Gegend erzählen, als Büßerin
auf bloßen Knieen von Plassenburg bis nach Himmelkron
gerückt.
186. Die weiße Frau.
Von L. Z a p f .
Die Gräfin Orlamünde
Wallt nächtlich durch das Schloß,
Und große Schlüsselbünde
Umklirren ihr den Schoß.
Sie läßt sie rasselnd fallen
Droht Unheil ihrem Haus,
Daß durch die stillen Hallen
Es mächtig dröhnt und graus.
Sie kann nicht Ruhe finden
Die Kindesmörderin,
Sie muß die Hände winden
Und wandeln her und hin;
Die alten, öden Zimmer
Durchrauschen allezeit
Um Mitternacht, und nimmer
Wird sie davon befreit.
Sie schreitet in den Gängen
Im weißen Bauschgewand,
In stummer Trauer hängen
Die Ahnen an der Wand.
Sie blicken starr hernieder,
Gespenstisch auf ihr Leid,
Wenn durch das Dunkel wieder
Aufschimmert hell ihr Kleid.
So büßend ihre Sünde
Wallt durch den weiten Bau
Die Gräfin Orlamünde,
Die blut'ge weiße Frau.
187. Die Gräfin von Orlamünde.
Von A u g u s t N o d n a g e l .
Von des Schlosses hohem Söller
Schaut die Gräfin in das Thal;
Auf dem Schlosse ruht die Zither,
Sieh! da sprengt ein stolzer Ritter
Her im Abendsonnenstrahl.
Albrecht war's, genannt der Schöne,
Nürnbergs hochberühmter Graf,
Der die Städter zwang zu weichen
Und mit scharfen Schwertesstreichen
Jeden kecken Gegner traf.
Freundlich blickt er auf zum Schlosse
Und sein Helmbusch flattert weit;
Denn er grüßt mit Flammenblicken
Liebe fordert sein Entzücken,
Erster Wonne Seligkeit.
Zum Vasallen tritt die Gräfin:
»Hayder, sattle flugs dein Roß!
Beut dem Grafen Hand und Minne,
Ob ich ihn zum Herrn gewinne
Und zum Lohne nimm dies Schloß!«
Wie der Bot' auch fliegt von dannen,
Träg enteilt ihr doch die Zeit.
Sieh! da springen in das Zimmer
Ihre Kinder, lieb wie immer
Voller schelm'scher Fröhlichkeit.
Wollt' ihr einen Vater haben,
Herzgeliebte Kinder mein? –
»Vater ging zu Gottes Freuden,
Wo die Wolkenlämmer weiden,
Spielt er mit den Engelein.«
Hayder kommt zurück und kündet,
Was betrübt der Ritter sprach:
»Laßt, o Herrin dies Beginnen,
Nimmer darf Euch A l b e r t minnen,
Eh' der Tod vier Augen brach!«
Weh! sie starrt just auf die Kinder
Und durchschnitten zuckt ihr Herz.
Der verschmähten Liebe Plagen
Kann die Stolze nicht ertragen
Und zur Wuth wächst an der Schmerz.
Mit der Flamme in dem Busen
Wandelt sie drei Tage hin –
Hört nur in den eignen Hallen
Spott und Hohngelächter schallen,
Kann sich selbst nicht mehr entfliehn.
»Hayder – fleht sie dumpfen Tones –
Fördre meine Ungeduld;
Morde die verhaßten Kleinen,
Sie, nur sie kann Albrecht meinen
Und ich trage jede Schuld!«
Hayder lockt die beiden Kleinen
In's Gebüsch mit Spiel und Scherz;
Dort am Weiher, ohn' Erbarmen
Packt die Eisenfaust die Armen,
Zuckt den Dolch auf's zarte Herz.
Ach, das Mägdlein fleht zum Mörder,
Thränen in dem Angesicht:
»Lieber Hayder laß uns leben,
Will dir Orlamünda geben –«
Doch das rührt den Buben nicht.
Auch das Knäblein ringt die Hände:
»Lieber Hayder schone mich,
Kriegst dann meinen Helm, den neuen,
Traun! es wird dich nicht gereuen,
Mutter selbst belohne dich!«
Doch sie fallen – da verwirrt
Gottes Zorn des Mörders Sinn;
Und er kommt mit wildem Tritte,
Schleudert in der Diener Mitte
Seinen Dolch der Gräfin hin.
»Kennst du wohl das Blut der Kinder,
Das der Wolf im Forste leckt?
Die dort, wo die Birken neigen
Haselbusch mit schlanken Zweigen
Wehmuth zitternd nun bedeckt?« –
Albrecht kam in's nahe Kloster:
»Heilige Väter, tröstet mich,
Dieser Mord, davon in Tagen
Später Zeit man noch wird sagen,
Ward begangen – weh! um mich!
Agnes liebt' ich wie mein Leben,
Höher stand mein Gott mir nur;
Aber treue Kindespflichten
Wollt' ich dennoch stets verrichten,
Bis mich löset die Natur.
Vater lebt mir noch und Mutter,
Dennoch bin ich nun allein. –
Ach ihr Männer! heil'gen Lebens
Nimmer schloßt ihr euch vergebens
Vor dem tiefen Elend ein!«
Und im Kloster ruhn die Leichen
Arm in Arm, wie man sie fand.
Agnes war seit jenen Stunden
Aus der Heimathflur verschwunden
Pilgernd in's gelobte Land.
188. Volkslied von der Herzogin von
Orlamünde.