Die Pferdelords 04 - Das verborgene Haus der Elfen. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750221635
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      sich allmählich über sie legte. Jahreswenden vergingen, formten sich zu

      Jahrhundertwenden und ließen Legenden entstehen. Das elfische Haus

      Deshay, das mächtige Haus des Urbaums, versank in den Tiefen der Zeit.

      Kapitel 2

       In der Gegenwart…

      Sommer in der Hochmark: Das bedeutete brütende Hitze, die am Tag über

      den Tälern lag und die kaum gelindert wurde, wenn ein sanfter Wind durch

      die Täler strich. Die Felsen hatten sich aufgeheizt und strahlten selbst in der

      Nacht noch lange ihre Wärme ab, die sich erst gegen Morgen verlor. Nur

      wenige Stunden der Kühle, bis die Sonne sich erneut über das Land erhob und

      es mit Licht und Wärme übergoss. So unerbittlich schroff die Wintermonde

      sein konnten, in denen ein Herdenwächter auf seiner einsamen Wache gegen

      Kälte und Müdigkeit ankämpfte, so schonungslos gleißend konnten die

      Sommermonde sein. Die Menschen und Tiere drängten sich an jenen Stellen,

      an denen es ausreichend Wasser gab, um den Durst zu stillen und den Leib,

      wenigstens vorübergehend, zu kühlen.

      Auch die beiden Reiter, die im leichten Trab auf den Horngrundweiler

      zuhielten, litten unter der Hitze. Sie trugen keine Helme, und ihre

      unbedeckten Haare klebten verschwitzt an ihren Schädeln. Dennoch hätten sie

      niemals darauf verzichtet, ihre bodenlangen grünen Umhänge zu tragen, die

      Zeichen ihrer Ehre als Pferdelords. Der eine der beiden war ein schlanker

      junger Mann, der Jagdbogen und Köcher führte. Der Reiter neben ihm war

      ungewöhnlich klein gewachsen für einen Mann des Pferdevolkes, und die

      Falten und Narben seines Gesichts verrieten sein Alter, noch bevor man die

      Augen des Mannes erblickte. Obwohl beide Männer nicht gerüstet waren und

      keine Schilde hatten, hing eine ungewöhnlich langstielige Axt am Sattelknauf

      des kleinen Reiters. Dieser ritt einen grobknochigen Wallach, der Größere

      hingegen einen braunen Hengst mit einer weißen Blesse an der Stirn. Hinter

      den Reitern wölbten sich lederne Tragetaschen an den Sätteln, deren bauchige

      Formen verrieten, dass sie prall gefüllt waren.

      »Vielleicht sollten wir es uns doch noch einmal überlegen, Nedeam, mein

      Freund«, brummte der kleinwüchsige Reiter und blickte nachdenklich zu dem

      Weiler hinüber, den sie bald erreichen würden.

      Nedeam schüttelte den Kopf und sah seinen älteren Freund und Mentor

      Dorkemunt kurz an. »Wir haben es schon oft besprochen, Dorkemunt, mein

      Freund. Mit den Schafen allein kommen wir nur gerade eben über die

      Runden. Wenn wir zwei oder drei der Tiere verlieren, wird es bereits

      schwierig, die Wintervorräte einzuhandeln, und es gibt nicht genug Wild, das

      wir stattdessen jagen könnten.« Nedeam schüttelte erneut den Kopf und strich

      sich eine Strähne seines verschwitzten Haares aus der Stirn. »Nein, wir

      müssen zusehen, dass wir außer den Schafen auch ein paar Hornviecher

      aufziehen. Das gibt zusätzliches Fleisch, Milch und Leder.«

      Dorkemunt stieß ein leises Brummen aus. »Du hast ja recht. Aber glaube

      mir, der Umgang mit Hornvieh ist nicht so einfach, wie du es dir vorstellst.

      Ich war früher Herdenwächter einer Hornviehherde, und ich weiß, wovon ich

      spreche.«

      Nedeam drang nicht weiter auf seinen Freund ein, denn er wusste, dass er

      damit einen wunden Punkt in Dorkemunts Vergangenheit berührt hätte. Vor

      etlichen Jahreswenden war der kleine Pferdelord Herdenwächter in einem

      Weiler der unteren Marken gewesen und hatte bei einem Überfall der Orks

      seinen Sohn, die Schwiegertochter und seine geliebte Frau verloren. Die Orks

      hatten den Weiler niedergebrannt und alles Leben ausgelöscht, und

      Dorkemunt war nichts geblieben als der Hass. Doch dann war er dem 12-

      jährigen Knaben Nedeam begegnet und hatte ihn unter seinen Schutz

      genommen. Inzwischen waren sie beide älter an Jahren und einander in fester

      Freundschaft verbunden. Sie bewirtschafteten gemeinsam das kleine Gehöft,

      das Nedeam nach dem Tod seines Vaters Balwin von seiner Mutter Meowyn

      übernommen hatte. Sie nannten es noch immer Balwins Gehöft, obwohl es

      nun eigentlich Nedeams Namen hätte tragen müssen.

      Keiner der beiden ungleichen Pferdelords hätte sich vorstellen können,

      ohne den anderen in den Kampf zu ziehen. Sie waren ein ebenso

      unzertrennliches wie unverwechselbares Gespann, und als nun einige

      Bewohner des Weilers den schlanken, hochgewachsenen Reiter neben dem

      Kleinwüchsigen sahen, wussten sie sofort, dass es sich um Nedeam und

      Dorkemunt von Balwins Gehöft handelte.

      Es war Mittag, und die hoch stehende Sonne brannte unbarmherzig vom

      Himmel herab. Selbst die zahlreichen Kratzläufer, die sonst emsig zwischen

      den Häusern des Horngrundweilers umherliefen und nach Körnern und

      Würmern pickten, wirkten von der Hitze erschöpft. Nedeam und Dorkemunt

      rann der Schweiß übers Gesicht, und die Kleidung klebte ihnen am Leib, als

      sie zwischen den Häusern hindurchritten und die Pferde zum größten Haus

      hinüberlenkten.

      »Sitzt ab und seid uns willkommen, Ihr guten Herren«, grüßte eine ältere

      Frau und gab ihrem Sohn einen Wink, damit er sich der Pferde annahm.

      »Nehmt es uns nicht übel, gute Frau«, lehnte Dorkemunt das Angebot ab.

      »Es sind unsere Pferde, und wir kümmern uns selbst um sie.«

      »Wahre Pferdelords«, erwiderte die Alte. »Erst das Pferd und dann der

      Mann.«

      »So ist es Brauch.«

      Sie ließen die Pferde trinken und steckten anschließend selbst die Köpfe in

      die Tränke, die vor dem Haus stand. Nedeam prustete erleichtert und ließ das

      kühle Wasser lächelnd aus seinen Haaren fließen. »Ah, das tut gut. Eine

      verfluchte Hitze ist das heute.«

      Die