Ein Jona verteilt seine Erbsensuppe
Richtete seine Suppe ausnahmsweise kein Unheil an, so stieß er mit traumwandlerischer Sicherheit die Kaffeetasse seines Nachbarn um, welche dieser nur für einen Augenblick abgestellt hatte, um seinen Knietisch auf dem Schoß auszubalancieren. Die wortreichen Entschuldigungen des Jona (und diese waren stets wortreich und zugegebenermaßen auch ernst gemeint) waren gänzlich unzureichend, das angerichtete Leid zu lindern. Jeder andere Soldat im Zelt hätte mit arglistigem Vorsatze diese Tasse in hohem Bogen aus dem Zelt hinaus treten können und es wäre ihm weniger aufgebrachte Empörung entgegengeschlagen als jenem unbeholfenen Pechvogel für sein aufrichtiges Versehen. Womöglich wollte er sich die Tinte eines anderen Soldaten borgen. Natürlich konnte dieser sie ihm nicht rundheraus verwehren. Womöglich hatte der Soldat sie mit aus der Heimat geschicktem Tintenpulver angerührt ... vielleicht war es sogar der letzte Rest seines Pulvers und er wollte selbst einen Brief damit schreiben. All dies tat nichts zur Sache. Der Jona nahm die Tinte zufrieden entgegen, versprach, sorgsam auf sie achtzugeben, verstaute sie vorsichtig in einem kleinen Kistchen an seiner Seite und stieß dieses fünf Minuten später mit gewohnter Zuverlässigkeit um.
Das Lagerfeuer vor dem Erscheinen des Jona
Der folgende Jona war ein begeisterter Koch. Man konnte ihn nahezu den gesamten Tag hindurch (und auch in den Nachtstunden, sofern er Posten stand) am Lagerfeuer finden, wo er irgendetwas in einer Tomatendose oder seiner Blechtasse zubereitete. Hin und wieder warf er verstohlene Blicke um sich und holte aus den Tiefen seiner Uniformjacke oder seines Brotbeutels ein kleines Päckchen hervor, dessen Inhalt er prisenweise in sein Gebräu streute. Im Laufe seines kulinarischen Treibens geschah es auch, dass er sein volles Potential als Pechvogel entfaltete. Er erschien am Lagerfeuer (das er, nebenbei bemerkt, niemals selbst entzündete), um sich und seinem Essgeschirr die besten Plätze zu sichern und wenn sich dann auf den beiden Holzbalken, welche in der Regel ein Lagerfeuer einrahmten, dicht die abgestellten Kaffeetassen seiner Kameraden drängten, konnte der zerstörerische Genius des Jona diese Gelegenheit einfach nicht ungenutzt verstreichen lassen. Der Gedanke schoss ihm in den Kopf, dass er sich dringend noch irgendetwas borgen müsse und er sprang unvermittelt auf, um zu seinem Zelt zu eilen. Hierbei stolperte er natürlich über einen oder gar beide Balken und (dies wird wohl niemanden mehr verwundern) die gefüllten Tassen fielen ins Feuer und löschten es. An dieser Stelle wäre es wohl angebracht, den Mantel des Schweigens über die Szene zu breiten, doch die Geschichte soll trotzdem bis zu ihrem bitteren Ende erzählt werden. Der durchschnittliche Soldat war kein besonders gläubiger Mann und auch wenn er sich in Zeiten drohender Gefahr durchaus ernsthaften, tiefsinnigen Gedanken hingeben konnte, so formten die Entbehrungen und Härten sowie die aufgezwungene Disziplin viele Männer zu hochexplosiven Charakteren, die leicht zu provozieren waren. Zudem waren Kaffee und Zucker zwei Grundnahrungsmittel des Soldaten und selbst die geringfügigste Verschwendung galt, sofern kein sehr guter Grund vorlag, als unentschuldbar. Vernichtete der Jona nun durch seine Sorglosigkeit eine ganze Reihe von Kaffeebechern inklusive deren kostbarem Inhalt, so waren dies die Tropfen, die das Fass seiner Zeltgenossen zum Überlaufen brachten. Deren heiliger Zorn brach nun über ihn herein und hätten sie all diese lautstarken, deftigen Flüche in einer Schlacht wider den Feind gerichtet, so hätten sie wohl mühelos ein ganzes Regiment in die Flucht geschlagen. Die langmütigeren Kameraden, die sich nicht zu Schlägen oder Flüchen hinreißen ließen, sympathisierten zumindest sehr mit jenen, die sich weniger in der Gewalt hatten. Zwei redegewandte Geistliche hätten nicht ausgereicht, um einige der aufgebrachteren Burschen wieder zur Besinnung zu bringen.
Das Lagerfeuer nach dem Erscheinen des Jona
Ich erinnere mich an einen Mann, der seinen besten Bemühungen zum Trotze stets vom Peche verfolgt schien. Er war ein guter Soldat und er gab stets sein Bestes, aber hin und wieder unterlief ihm ein grober Schnitzer. Seine letzte Tat als Soldat bestand darin, beim Behauen eines Baumstammes seine Axt in seinen Stiefel zu schlagen. Zu seinem Unglücke befand sich zu diesem Zeitpunkt sein Fuß darin. Als er seinen Stiefel abstreifte und seinen Fuß in Augenschein nahm, stellte er fest, dass einige seiner Zehen "sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatten". Er packte also seinen Stiefel, drehte ihn um und schüttelte seine Zehen heraus. Dabei wirkte er so gefasst, als sei dies ein alltäglicher Teil des Soldatenlebens. Dieser Unfall bedeutete das Ende seiner militärischen Laufbahn.
Der Pechvogel
Der Jona konnte seine "Begabung" in den verschiedensten Bereichen zeigen, doch hier müssen wir uns leider von ihm verabschieden, um uns einem anderen Charakter zuzuwenden, über den ich einige Worte verlieren möchte. Es handelt sich hierbei um die sogenannte "Plage". Plagen kamen in den verschiedensten Varianten. Ursprünglich bezeichnete der Ausdruck "Plage" einen Faulpelz oder Drückeberger, der sich mit allen nur erdenklichen Mitteln seiner soldatischen Pflichten zu entziehen versuchte, fand jedoch rasch ein breiteres Anwendungsfeld.
Eine der erträglicheren Formen der Plage war jener Mann, der im Zelt am Feuer saß und ohne Sinn und Verstand unablässig Brennholz nachlegte, sodass sich das Zeltinnere in eine Räucherkammer verwandelte. Dieser Feuerwächter schien sich diesbezüglich nicht um das Recht seiner Zeltgenossen auf eine ungestörte Freizeit zu scheren, denn ihn fröstelte es ständig. Er trug Mantel, Uniformjacke, Hemd und Flanellunterwäsche, kurz jedes Kleidungsstück, das von der Regierung ausgegeben wurde, aber man hörte ihn niemals klagen, ihm sei zu heiß. Er trug stets seinen gesamten Kleidungsbestand am Leibe, tags wie nachts, und nur eine bevorstehende Inspektion konnte ihn dazu nötigen, sich widerwillig des einen oder anderen Stückes zu entledigen. Am wohlsten fühlte sich dieser Charakter beim Arbeitseinsatz, denn er war ein Meister der Arbeitsvermeidung und erledigte seine Aufgaben mit dem Tempo der Kontinentaldrift. Burschen seiner Art schienen ein fester Bestandteil des Unionsheeres zu sein und in jeder Einheit waren einige Exemplare zu finden.
Auf Wassersuche
Ein weiterer und weniger nervenzehrender Typus der Plage war der Mann, der niemals Wasser in seiner Feldflasche hatte. Selbst wenn die Armee ein festes Lager bezogen hatte, war Wasser nicht immer direkt verfügbar, ohne eine teils beträchtliche Entfernung zu einer Quelle zurückzulegen. Diese Art von Plage war dafür bekannt, sich niemals persönlich auf die Suche zu begeben. Die Burschen schafften es stets, ihre Feldflasche einem anderen Soldaten aufzuschwatzen, der sich gerade auf dem Wege zu einer Quelle befand. Wenn die Armee sich auf dem Marsche befand und die Männer während einer kurzen Rast auf der Suche nach Wasser davoneilten, rührte diese Plage sich nicht vom Fleck. Sie gab sich damit zufrieden, auf der Erde zu liegen und den gröbsten Durst mit einigen Schlucken zu stillen, welche sie sich bei den unerfahrenen Neulingen zusammenbettelte. Hatte hingegen ein anderer Soldat das Pech, sich aufgrund eines leeren Brotbeutels eine Kleinigkeit zu essen von einer solchen Plage erbitten zu müssen, so konnte er sicher sein, diese kleine Gefälligkeit tausendfach zurückzahlen zu müssen.
Was die Rationen der Plage betraf, so reichten ihre Hartkekse niemals hin und sie erschwatzte sich Nachschub, sooft es ihr nur möglich war. Ganz gleich, wie groß die gegenwärtige oder erwartete Knappheit sein mochte, die Plage schaffte es einfach nicht, sich auf eine