Das Versprechen. Michaela Santowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Santowski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753183282
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viel gewesen. Aber die frische Luft würde es schon richten.

      Als sie aus der Straßenbahn stiegen und Richtung Georgengarten schlenderten, dämmerte es bereits. Trotzdem konnte man das Schild, das sich Anna um den Hals gehängt hatte, noch deutlich sehen.

      SOLANGE IHR KEIN INFORMATIK STUDENT SEID, DÜRFT IHR UNS ANSPRECHEN

      Mel schüttelte immer noch den Kopf. „Kein Alkohol mehr für dich“, gluckste sie und reichte Anna gleichzeitig die mit Orangensaft und Wodka gefüllte Flasche.

      „Du wolltest doch die altmodische Art“, verteidigte sich Anna, nahm einen großen Schluck und gab die Flasche zurück. „Ich bin sicher, auf diese Art lernen wir sehr viele Männer kennen.“

      „Fragt sich nur, was für ein Typ Mann das dann ist“, warf Mel skeptisch ein.

      „Eins ist sicher: Kein Informatiker!“

      Keuchend und prustend betraten sie den Georgengarten. Sie machten sich auf den Weg in Richtung Wilhelm-Busch-Museum, wo sich die meisten Studenten einfanden. Dort wurde gegrillt, Musik gemacht oder einfach nur gechillt. Wie nicht anders zu erwarten, erregte ihr Schild viel Aufmerksamkeit.

      „Hey, ihr zwei!“, rief ihnen eine junge Frau aus mitten einer größeren Gruppe von Leuten zu und winkte. „Hier ist auf jeden Fall noch Platz für euch. Und eine große Auswahl“, fügte sie grinsend hinzu.

      „Die gefällt mir!“, sagte Mel und drehte in Richtung der Gruppe ab, Anna mit sich ziehend.

      „Hoffentlich habt ihre keine Informatiker unter euch“, stellte Anna fest, als sie nahe genug waren.

      „Bestimmt nicht“, antwortete die Frau lachend. „Das würdet ihr auch direkt am Ego erkennen.“

      „Hah!“, stimmte Mel ihr zu. „Ich habe es doch gesagt!“

      Anna grinste und ließ sich ins Gras sinken. „Ich werde es mir merken: Niemals einen ITler an mich ranlassen. Ist notiert.“

      Es wurde ein sehr lustiger und langer Abend. Als Mel am nächsten Mittag aufwachte, musste sie feststellen, dass der gestrige Tag doch noch zu retten gewesen war.

      4

      Am Montag steckte sie gerade in einem schwierigen Anzeigentext als ihr Handy piepte.

       Treffen am Samstag in der Bowlinghalle. Bahnen sind für 22 Uhr reserviert

      Torsten hatte geschrieben. Mel schickte einen Daumen nach oben. Dann widmete sie sich wieder dem Text.

      Am Samstag betrat sie pünktlich um zehn die Sporthalle. Janine und Torsten waren bereits da und winkten ihr zu.

      „Hey!“, begrüßte Mel die beiden mit einer kurzen Umarmung.

      „Wo stecken Mark und Anna?“, fragte Janine und band sich die Schuhe zu.

      Wie aufs Stichwort trudelten die beiden ein. „Keinen Parkplatz gefunden“, erklärte Anna.

      „Deswegen nehme ich die Straßenbahn“, grinste Mel. Anna streckte ihr die Zunge raus.

      Nach zwei sehr lustigen Stunden standen die Sieger fest: Mel, Anna und Janine.

      Mark schmiss sich verärgert auf einen Stuhl und griff nach der Speisekarte.

      „Ist doch kein Wunder“, meckerte er. „Ihr seid drei, wir sind zwei. Das ist schon mal von Anfang an unfair.“

      „Oh“, gab Janine ironisch von sich und wuschelte Mark durchs Haar. „Dafür habt ihr mehr Kraft und werft alleine deswegen schon mehr Kegel um. Also ist es strenggenommen ausgeglichen.“

      „Du kannst mich mal“, schmollte Mark und zog den Kopf weg.

      „Mel kann euch zur Aufmunterung von ihrem Date am letzten Wochenende erzählen“, schlug Anna grinsend vor. Torsten und Mark horchten auf, während Mel die Augen verdrehte.

      „Nie wieder irgendeinen Mann, der auch nur einen Computer besitzt“, seufzte sie. Als sie mit ihrem Bericht fertig war, wischte sich Mark die Lachtränen aus den Augen.

      „Großer Gott.“ Er hielt sich den Bauch. „Das klingt als käme es direkt aus einem Schundroman. Der große Beschützer, der für das kleine Frauchen alles macht und auch alle Entscheidungen trifft.“

      Janine nickte und klaute ihrem Bruder einen Schluck Bier. „Wenn er wenigstens charmant gewesen wäre. Dann wäre sein Ego nicht ganz so aufgefallen.“

      „Dank seines großen Egos bin ich ihn allerdings auch los“, warf Mel ein.

      Fragend sahen die anderen sie an.

      „Nachdem ich auf seine vierte Nachricht auch nicht geantwortete hatte“, erklärte Mel, „war er so beleidigt, dass er mir nur noch geschrieben hat, er habe es nicht nötig, einer lediglich durchschnittlich aussehenden Frau hinterherzurennen. Ich könne mich ja melden, wenn ich bereit sei, einen unvergesslichen Nachmittag mit ihm zu erleben. Er weiß aber nicht, ob er dann noch zur Verfügung stehen würde.“

      Anna schüttelte den Kopf, während Janine lauthals lachte. „Wo trifft man denn bloß solche Typen?“

      Sie lästerten noch eine Weile über Männer im Allgemeinen, bevor sich ihre Wege trennten.

      Den Sonntag starteten Anna und Mel mit einem gemeinsamen Frühstück im „Treibhaus“, ein ständig überfülltes Bistro im Herzen von Hannover. Danach ging Mel joggen, und Anna lernen.

      5

      Mel schmiss die Wohnungstür hinter sich zu und hetzte ans Telefon. Da es das Festnetz war, das klingelte, konnten es nur ihre Eltern sein. Alle anderen benutzten das Handy.

      Nachdem sie eine halbe Stunde Neuigkeiten ausgetauscht hatten, sank Mel erschöpf aufs Sofa. Sie hatte eine anstrengende Woche hinter sich; und es war erst Mittwoch. Ihr Vorgesetzter, Herr Schwabe, würde demnächst in Rente gehen. Mel machte sich Hoffnungen auf seine Nachfolge. Also legte sie noch einen Zahn zu. Die Unterstützung ihrer Kollegen war ihr sicher. Sie alle hatten ein super Verhältnis miteinander, und Mel ging wirklich gerne zur Arbeit. Vielleicht, weil sie eben keinen typischen Bürojob ausübten. Die Zeitungsbranche war mit nichts zu vergleichen. Es gab Zeiten, da hatten sie so viel zu tun, als gäbe es kein Morgen – auch in der Anzeigenabteilung – und wiederum an anderen Tagen fanden sie tatsächlich mal Zeit für einen Kaffee und einen kleinen Plausch. Ihre Abteilung bildete da keine Ausnahme. So waren sie im Laufe der Zeit zu einer eingeschworenen Gemeinschaft geworden. Mel hatte die besten Kollegen der Welt. Sie fetzten sich zwar öfter, bedingt durch den Stress, aber das war alles im nächsten Moment wieder vergessen. Ihre Kollegen waren der Ansicht, Mel hätte die Abteilungsleitung mehr als verdient und würde diesen Job mit Bravour meistern. Mel selber war sich zu 80 Prozent sicher, dass auch Herr Schwab das so sah. Trotzdem konnte es nicht schaden, sich noch mehr anzustrengen. Also blieb sie gerne länger im Büro. Und wenn sie ehrlich war, störte es sie nicht einmal besonders. Es gab niemanden, der zuhause auf sie wartete. Und dieses dämliche Dating-Handy hatte sie nicht mehr angefasst. Eine Erfahrung hatte ihr gereicht, um ihre Vorurteile bestätigt zu sehen. Männer lernte man am besten in der freien Wildbahn kennen. Sehnsuchtsvoll seufzte Mel. Hoffentlich passierte das bald. Diese ganzen glücklich verliebten Menschen, die man traf, sobald man nur vor die Haustür ging, ließen sie wehmütig werden.

      Ihr Handy brummte. Mel war einen Blick aufs Display und nahm lächelnd an.

      „Hey, Süße, wie war dein Tag?“, meldete sie sich. Sie hörte Anna am anderen Ende seufzen. „Ich hatte die langweiligsten Lesungen des Jahres.“

      „Brauchst du eine Runde Mitleid?“, fragte Mel ironisch.

      „Ich habe mich schon trösten lassen“, erwiderte Anna, und Mel konnte das Lächeln ihrer Freundin durchs Telefon hören. Sie setzte sich aufrecht hin.

      „Was habe ich