Das Versprechen. Michaela Santowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Santowski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753183282
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Es mangelte ihr absolut nicht an Gelegenheiten, Männer kennenzulernen. Aber sie wollte keinen One-Night-Stand. Sie sehnte sich nach einer Beziehung. Punkt aus! Sie steckte sich ihre Ohrstöpsel in die Ohren, rief ihre Playlist auf und begann, zu laufen. Es dauerte nicht lange, bis sie in ihren Rhythmus gefunden hatte.

      Abends stand ein Treffen mit Anna, ihrer besten Freundin, an. Sie hatten noch keinen blassen Schimmer, was sie anstellen wollten, aber irgendwas würde ihnen schon einfallen. Der Rest ihrer Clique, mit denen sie sonst immer unterwegs waren, war heute verhindert. Janine und ihr Bruder Torsten mussten auf den Geburtstag ihrer Oma, Mark und Sascha hatten ein Doppeldate mit irgendwelchen Mädels, die sie am Maschsee kennengelernt hatten und PJ und Vinz mussten arbeiten. Mel genoss es, auch mal einen Abend alleine mit Anna verbringen zu können.

      Zwei Stunden später saß sie frisch geduscht in ihrem Lieblings-Café, hatte einen Latte Macchiato vor sich, die Decke um sich und wartete auf Anna, die ihr Treffen vorverlegt hatte. Etwas, dass auf keinen Fall Zeit bis abends habe, hatte sie geheimnisvoll gesagt.

      „Hey, Süße“, begrüßte Anna kurze Zeit später Mel. Sie umarmten sich kurz.

      „Schön, dass du schon Zeit hast“, lächelte Mel.

      „Bei dem Wetter!“, grinste Anna, griff sich eine Decke und schlang sie um sich, bevor sie sich setzte.

      „Da habe ich kurzerhand meine Psychologie-Bücher in die Ecke gepfeffert und bin dem Ruf meiner besten Freundin gefolgt.“

      „Mal abgesehen davon, dass du mich gerufen hast, hat dieses vorverlegte Treffen selbstverständlich rein gar nichts damit zu tun, dass du überhaupt keine Lust zum Lernen hast“, stellte Mel ironisch fest.

      „Nicht die Bohne“, winkte Anna ab. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander und genossen die Wärme auf ihren Gesichtern.

      „So, genug relaxt“, riss Anna Mel aus ihrer Entspannung. „Widmen wir uns jetzt einem ernsten Thema.“

      „Oha“, entgegnete Mel, die sich schon gefragt hatte, wie lange es Anna aushielt, nichts zu sagen.

      Anna legte zwei Handys auf den Tisch.

      „In jedem Handy ist eine Prepaid-Karte mit einer eigenen Nummer“, verkündete sie.

      Mel grinste. „Lass mich raten. Wir planen einen Banküberfall. Diese Handys sind nicht zurückzuverfolgen und abhörsicher. Danach werfen wir sie weg und setzten uns in ein Land ab, das nicht ausliefert.“

      Anna warf ihr einen empörten Blick zu. „Du liest zu viele Schundromane. Außerdem habe ich gesagt, dass es ein ernstes Thema ist.“

      „Sorry“, gluckste Mel. „Ich bin ganz Ohr.“

      „Du kennst doch sicher diese neue Dating App“, begann Anna.

      „Selbstverständlich nicht“, unterbrach Mel ihre Freundin. „Ich lebe schließlich noch im 19. Jahrhundert.“

      Anna brachte sie mit einem frostigen Seitenblick zum Schweigen.

      „Jedenfalls“, fuhr sie fort, „habe ich beschlossen, dass wir uns dort anmelden, um endlich unsere Traummänner zu finden.“

      „Weil wir es auch dringend nötig haben. Schließlich sind wir schon Mitte Zwanzig. Da wird es Zeit“, amüsierte sich Mel.

      „Hältst du jetzt mal die Klappe!“, forderte Anna. „Unser neuestes Thema im Studium sind Partnerbörsen. Wie sie unser Leben beeinflussen und verändern können.“

      „Du willst mich also als Versuchsobjekt missbrauchen“, warf Mel erneut ein.

      Anna verdrehte genervt die Augen. „Nein. Ich musste feststellen, dass die Argumente, die für eine online Partnersuche sprechen, nicht von der Hand zu weisen sind.“

      „Inwiefern?“, fragte Mel und trank einen Schluck ihres mittlerweile kalt gewordenen Kaffees. Sie konnte nicht abstreiten, dass sie ein wenig neugierig geworden war.

      „Du gibst an, welche Eigenschaften du an einem Mann schätzt und was du überhaupt nicht leiden kannst. Et voilà, du hast ein Date mit dem perfekt zu dir passenden Mann.“

      „Das würde allerdings einschließen, dass jeder, der sich dort registriert, ehrlich auflistet, welche Eigenschaften er hat.“

      „Deswegen auch die Handys. Du gibst nicht deine Nummer an, sondern benutzt ein Prepaid-Handy, das du jederzeit abmelden kannst. Somit schließt du aus, dass irgendein Verrückter dich stalked.“

      „Oder aber ich lerne einen netten, jungen Mann in einer Stadt wie Hannover, in der es von jungen Männern nur so wimmelt, einfach auf der Straße oder im Supermarkt kennen“, schlug Mel vor, obwohl sie das heute Morgen noch selber ausgeschlossen hatte. Aber so einfach wollte sie nicht nachgeben. Sie hielt eigentlich nichts von Partnerbörsen.

      „Ja, vielleicht. Aber der hat kein Schild um, auf dem seine Eigenschaften aufgelistet sind.“

      „Was uns wieder auf das Thema Ehrlichkeit zurückbringt.“

      „Und auf die Handys“, grinste Anna überlegen.

      Mel seufzte. Wenn sich Anna etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es schwer, sie wieder davon abzubringen. Andererseits war es vielleicht doch keine schlechte Idee, es mal auf diese Weise zu versuchen. Doch so schnell wollte sie nicht nachgeben.

      „Ich bezweifele ernsthaft, dass man dort Männer trifft, die an einer längeren Beziehung interessiert sind. Auf One-Night-Stands bin ich nicht scharf“, warf sie ein.

      „Da irrst du dich. Die neue App ist genau darauf ausgelegt. Die Ersteller haben erkannt, dass es genug Fick-Apps gibt.“

      Mel prustete in ihren Kaffee. Anna verdrehte die Augen und fuhr fort: „Diese App ist speziell darauf ausgelegt, Menschen zusammenzubringen, die eine ernste Beziehung wollen. Heirat nicht ausgeschlossen“, fügte sie hinzu.

      „Immer langsam mit den jungen Pferden“, murmelte Mel, musste sich aber eingestehen, dass es sie reizte.

      Als sie Annas erwartungsvollen Blick sah, zuckte sie mit den Schultern.

      „Gut“, gab sie klein bei. „Versuchen wir es!“

      Anna grinste überlegen. „Ich bin sicher, dass ist eine weise Entscheidung, die dein Leben von Grund auf verändern wird.“

      Skeptisch blickte Mel sie an. „Ist wohl doch schon zu heiß in der Sonne“, stellte sie trocken fest.

      Lachend boxte Anna ihr gegen den Arm und winkte der Kellnerin, um zu bezahlen.

      Kurze Zeit später saßen beide über die Smart-Phones gebeugt auf Annas Couch.

      „Was soll ich denn alles von mir preisgeben?“, fragte Mel, die immer noch nicht komplett überzeugt war.

      „So viel wie möglich und immer ehrlich. Das erhöht deine Chancen.“

      Anna war schon fleißig am Tippen.

      „Als hätten wir es so nötig“, murmelte Mel, gab aber nach.

      „Fertig!“, verkündete Anna stolz. Dann warf sie einen Blick auf Mels Handy. „Du willst doch nicht allen Ernstes dieses Foto nehmen?“

      „Nicht?“, fragte Mel verunsichert. Sie hatte immer gedacht, dass dieses Foto ihre Schokoladenseite besonders gut zur Geltung brachte.

      „Auf keinen Fall.“ Anna schüttelte vehement den Kopf. Sie riss Mel das Phone aus der Hand, murmelte vor sich hin und nickte schließlich zufrieden.

      „Spinnst du?“, fuhr Mel auf, als sie einen Blick auf das Foto warf, das Anna ausgesucht hatte.

      „Das oder keins“, bestimmte Anna. „Da siehst du geheimnisvoll und sexy aus.“

      „Hm.“ Mel betrachtete ihr Gesicht auf dem Foto. Ihre blauen Augen wirkten viel größer als sie waren, die dunkel getuschten Wimpern lang und schwer. Ihre Lippen hatte sie knallrot geschminkt und ihre Haare fielen ihr ungebändigt über