Feenfuchs und Feuerkuss. Lara Kalenborn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lara Kalenborn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742789983
Скачать книгу
meinen Gefühlen.“

      Damit hat sie sicher Recht, dachte Luisa traurig. Kaspar hatte, wie alle wussten, alle Hände voll damit zu tun, seine Karriere als Schauspieler voranzubringen. Es könnte durchaus sein, dass er Molly niemals seine Aufmerksamkeit schenken würde. „Ich verstehe einfach nicht, was du an ihm findest. Klar, er sieht toll aus, aber der Rest?“ Luisa zog eine Grimasse.

      Molly runzelte die Stirn. „Er ist nicht so arrogant, wie ihr immer glaubt. Wenn man erreichen will, was Kaspar sich vorgenommen hat, muss man eben straight sein.“

      Das ist so typisch für Molly, dachte sie, immer sieht sie nur das Positive in einem Menschen.

      Luisa war kurz geneigt, Mollys Verteidigungsversuche im Keim zu ersticken, aber sie ließ ihrer Freundin den Glauben an ihren Schwarm.

      „Wie läuft es denn mit dem Wettbewerb?“, fragte Luisa stattdessen.

      Molly tippte auf eine Kladde mit Blättern, dir vor ihr lag. „Ich hab das Stück fertig. Seit Tagen trage ich es schon mit mir herum.“

      „Wieso das denn? Willst du es nicht abgeben?“

      „Ich hatte noch nicht den Mut.“

      Luisa strich ihrer Freundin über die Haare. „Trau dich ruhig! Das, was ich davon gelesen habe, war richtig gut.“

      „Danke“, murmelte Molly. „Vielleicht gebe ich es Herrn Postler heute.“

      „Ja. Mach das. Die Theatergruppe kann stolz sein, eine Schreiberin wie dich ins Rennen zu schicken.“

      Molly lachte leise. „Ja. Man wird sehen. Aber es wäre ein Traum. Mein Stück in der alten Ruine …“

      Luisa ließ Molly für ein paar Augenblicke in ihren Gedanken schwelgen, dann sagte sie: „Themenwechsel. Was gibt es Neues vom Valentinshof? Seit Ophelia auf dem Gestüt steht, kriege ich den neusten Klatsch gar nicht mehr mit.“

      Molly, deren Eltern der Bauernhof gehörte, auf dem Luisas Pferd bis vor kurzem untergebracht war, schmunzelte. „Meine Mutter ist gestern ausgerastet, weil die Zwillinge das Pferd einer Einstallerin mit Fingerfarben zum Indianerpony umgestaltet haben.“

      „Echt? Ich fasse es nicht. Deine kleinen Brüder sind wirklich eine Plage.“ Luisa konnte es sich bildlich vorstellen, wie Mollys Mutter furiengleich durch die Stallgasse tobte, auf der Suche nach den kleinen Übeltätern.

      Ingrid Valentin, eine groß gewachsene Erscheinung mit kurzen, dunkelblonden Haaren, hatte im Hause Valentin die Hosen, besser gesagt die Reithosen, an. Wenn sie nicht Reitunterricht gab oder sich um die Pferde kümmerte, saß sie auf dem Trecker oder feilte an dem gepflegten Erscheinungsbild des alten Bauernhofes. Molly hatte von ihrer Mutter jedenfalls nur die blonden Haare geerbt, ansonsten kam sie nach ihrem Vater.

      Theodor Valentin war Professor für Geschichte des Mittelalters und immer, wenn Luisa den Historiker sah, klemmte unter seinem Arm die Erstausgabe irgendeines Klassikers. Es konnte passieren, dass er seine erlesene Bibliothek tagelang nicht verließ und wenn er sprach, fühlte man sich immer in eine vergangene Zeit versetzt, so altmodisch drückte er sich aus.

      Ingrid Valentin hatte es schon längst aufgeben, aus ihrer Tochter eine erfolgreiche Turnierreiterin zu machen. Auch wenn Molly sehr talentiert war, verspürte sie nicht das Verlangen, ihr Pferd jedes Wochenende über einen anderen Turnierplatz zu scheuchen. Sie nahm mit ihrem Friesen Mr. Darcy lieber an Quadrillevorführungen teil und ritt mit ihren Freundinnen durch die Wiesen und Wälder.

      Während Molly von weiteren Vorkommnissen berichtete, stieg in Luisa die Sehnsucht auf: Sie wollte so gerne mit Ophelia zurückkehren. Sogar Mollys freche Zwillingsbrüder Lutz und Henry fehlten ihr. Der Valentinshof war wie eine zweite Heimat für Luisa.

      „Trautes Heim, Glück allein!“, rief Luisa, als sie aus der Schule zurück war, in die Stille des Hauses hinein und warf ihre Schultasche neben die Garderobe im Flur.

      In der Küche fand sie nichts Essbares, zumindest nichts, was sie sich auf die Schnelle hätte kochen können. Sie begnügte sich mit einer Handvoll Weintrauben und holte erst einmal die Dusche nach, auf die sie am Morgen hatte verzichten müssen.

      Nachdem sie das Bad in heißen Dampf gehüllt hatte, warf sie einen Blick auf ihr Handy. Und wurde plötzlich hektisch.

      ‚Bin in 15 min. da‘, stand da im Chat mit Sam. ‚Hast du schon gegessen?‘

      Sie antwortete: ‚Nein. Warum?‘

      Hastig kämmte sie ihre Haare. Es ziepte höllisch, weil ihre Locken sich offenbar gegen sie verschworen hatten.

      Ihr Handy vibrierte, als Sam antwortete: ‚Dann bringe ich dir was mit.‘

      Sie schrieb nicht mehr zurück, sondern nutzte die verbleibende Zeit, um den Fön auf ihren Kopf zu halten, sich anzuziehen und ihre Wimpern zu tuschen.

      Dann klingelte es schon.

      Vor ihrer Tür stand der Junge mit Wuschelkopf, der es irgendwie schaffte, ihre Stimmbänder lahmzulegen.

      „Hi“, sagte Sam.

      Luisa lächelte und machte den Weg in den Flur hinein frei.

      „Ich habe dir Spätzle mitgebracht.“ Sam überreichte ihr eine Plastikdose mit grünem Deckel.

      „Oh. Danke.“ Sie nahm das Essen entgegen und brachte es in die Küche.

      Sam folgte ihr. „Magst du Käsespätzle?“ Er stellte seinen Rucksack auf einen Stuhl und schob die Ärmel seines schwarzen Longsleeves hoch.

      Luisa räusperte sich. „Auf jeden Fall. Ich hab auch tierisch Hunger.“

      „Tierisch Hunger“, wiederholte Sam und lächelte schwach. Trotzdem war das zuviel für Luisas Wangen, sie waren in null Komma nichts rot.

      Sie wandte sich den Küchenschränken zu, holte einen Teller heraus und stellte die Spätzle in die Mikrowelle.

      „Willst du etwas trinken? Es gibt allerdings nur Kranwasser oder Maracujasaft.“ Sie lächelte betreten.

      „Wasser ist gut“, antwortete er.

      Luisa füllte ein Glas mit Leitungswasser und schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Vielleicht half es, damit sie sich nicht weiter wie ein schüchternes Grundschulmädchen benahm. Das Wasserglas lief über und Luisa verlor die Hoffnung, dass ihre Bitte erhört würde.

      „Wow. Das hast du selbst gekocht?“, fragte Luisa und nahm noch eine Gabel der himmlischen Käsespätzle.

      „Ja“, sagte Sam und sah stolz drein.

      „Klasse“, sagte Luisa kauend, „Wirklich lecker!“

      „Schön, dass es dir schmeckt.“ Er las sich gerade durch, was sie heute in Englisch gemacht hatten.

      ‚Irgendeinen Dichter‘, hatte Luisa gesagt.

      ‚Shakespeare ist nicht irgendein Dichter‘, hatte Sam geantwortet und sie düster angestarrt.

      Und während sie weiter die köstlichen Spätzle aß, begann Sam die Verse vorzulesen, die Herr Barnes ihnen heute vorgelegt hatte.

      „Jetzt du“, sagte Sam.

      Luisa sah ihn mit großen Augen an. „Ich kann das aber nicht so gut wie du.“

      „Macht doch nichts. Du kriegst das schon hin.“

      Er reichte ihr den vermaledeiten Zettel mit den englischen Hieroglyphen. Luisa schob den leeren Teller beiseite und schaute Sam an. Er nickte ihr aufmunternd zu.

      Mist, dachte Luisa. Das wird unangenehm.

      Sie begann die Buchstaben aneinander zu reihen. Worte ergaben sich, deren Bedeutung sie nicht kannte. Sam flüsterte ihr deren richtigen Klang zu. Sie wiederholte ihn und kämpfte sich durch die Zeilen. Zum Ende hin, hatte sich