Feenfuchs und Feuerkuss. Lara Kalenborn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lara Kalenborn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742789983
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hatten. Leider waren sie aufgeflogen und der Referendar hatte sich bei der Schulleitung über die aufdringlichen Schülerinnen beschwert. Natürlich war er kein verdeckter Ermittler und die Aktion hatte ihnen ein unangenehmes Gespräch zusammen mit ihren Eltern bei Frau Kunze und einige Stunden Nachsitzen eingebracht.

      Molly rührte in ihrem Kaffee. „Manchmal glaube ich, deine Hirngespinste hängen mit deinen Essgewohnheiten zusammen.“ Skeptisch betrachtete sie das grüne Getränk in Jeskas Händen und fragte: „Was soll das überhaupt darstellen?“

      „Das ist ein Green Smoothie, du Banause“, erklärte Jeska und nahm einen großen Schluck. „Ich mache eine Detox-Kur.“

      „Detox? Was ist das denn?“ Luisa biss in ihr Käsebrot.

      „Ich entgifte meinen Körper. In Amerika ist das momentan total angesagt. Der Smoothie besteht nur aus Spinat, Brennnesseln und Kiwi. Hab ich aus der Love Yourself.

      „Muss man mit sechzehn Jahren schon eine Entgiftung machen?“, fragte Luisa skeptisch.

      Auch Molly schien nicht überzeugt. „Wohl kaum und erst recht nicht, wenn man dafür so was Ekeliges trinken muss.“ Sie starrte auf das wabernde, grüne Getränk. „Und ich dachte schon, deine vegetarische Lasagne wäre schlimm.“

      Jeska holte pikiert Luft. „Was? Unglaublich! Wer von uns beiden hat denn letztens eine Papaya mit einer Avocado verwechselt und den Nachtisch versaut?“

      Molly setzte sofort zum Gegenschlag an: „Du hast mich durch deine Streiterei mit dieser pedantischen Oma an der Gemüsetheke so durcheinander gebracht, dass ich mich einfach vergriffen habe.“

      Jeska verkleinerte die Augen zu Schlitzen: „Wilde Mathilde, willst du mir sagen, es sei alles meine Schuld?“

      Luisa verschluckte sich fast an ihrem Brot. Dass Molly eigentlich Mathilde hieß, war nicht direkt ein Geheimnis, aber alle Welt tat so, als wäre es eins. Niemand nannte Molly Mathilde. Es sei denn, man wollte sie zur Weißglut bringen. Und es schien auch jetzt zu funktionieren: Mollys Wutader trat an ihrer Stirn hervor. Es gab nicht viel, was ihre sanftmütige Freundin dazu brachte, ihr wütendes Gesicht zu zeigen.

      Lachend fuhr Luisa dazwischen: „Leute, Waffenstillstand! Lasst uns lieber mal darüber reden, wie ich die Nachhilfe überstehen soll. Wisst ihr, wie die das jetzt nennen? Paten-Programm. Ich hab noch nie sowas Blödes gehört. Die könnten auch gleich Folter-Programm sagen.“

      Für einen Moment hatte sie ihre Sorgen um Ophelia fast vergessen. Luisa rollte mit den Augen, aber bei dem Gedanken an Sams Lächeln fühlte sich ihr Magen plötzlich wirklich wie durch die Mangel gedreht an.

      Ihre Hände waren ganz kühl und feucht, als die sechste Stunde langsam dem Ende zuging. Sie wusste nicht, woran es lag, aber Sam Weston machte sie ganz wirr.

      Luisa malte einen Blauwal in ihr Matheheft, während die anderen an den Graphen zeichneten. Sie brauchte das gar nicht erst versuchen, denn sie hatte nicht den leisesten Schimmer, wie man die Punkte errechnete, aus denen dann diese Schnörkel und Geraden wurden.

      „Psst“, Jeska winkte ihr vom Ende der Reihe zu.

      Luisa blickte zu ihrer Freundin hinüber, die über das ganze Gesicht strahlte: „Ruf mich später an, wenn du was über Sams wahre Identität rausgefunden hast, ja? Ich muss jetzt schnell zu Jupiter und kann nicht mehr quatschen.“

      Luisa nickte und versuchte den Kummer, der mit einem Schlag von ihr Besitz ergriff, nicht auf ihrem Gesicht erscheinen zu lassen. Wie gut Jeska es hatte, dass sie jetzt einfach zu ihrem geliebten Pferd Jupiter gehen und sich um ihn kümmern konnte. Eigentlich wäre sie jetzt auf direktem Wege zusammen mit ihren Freundinnen zum Valentinshof gefahren. Aber ihre Mutter musste ja unbedingt ihr Leben zerstören.

      Es klingelte.

      Wie aus dem Nichts stand Molly an ihrer Seite und tätschelte ihre Schulter. „Das wird schon wieder alles, Lu.“

      Luisa sah zu ihr auf. „Hoffentlich“, sagte sie und sah Mollys blondem Zopf nach, der fröhlich wippte, während ihre Freundin zusammen mit Jeska den Klassenraum verließ.

      Ohne Eile packte Luisa ihre Sachen zusammen.

      2 Farbenrausch

      Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie Richtung Schülercafé ging. Sie entdeckte Sams Wuschelkopf, der hinter der Lehne eines Sofas hervorragte. Er hatte Kopfhörer in den Ohren und der Sound des Liedes brachte seinen Körper in leichte Bewegung. Luisa schlich sich näher heran. Leise hörte sie die Musik, es war ein wilder Beat, der wenig zu Sams ruhiger Fassade passte.

      Plötzlich flog sein Kopf zu ihr herum. Luisa schrak zurück und spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss.

      „Hi“, sagte sie.

      Sam zog an dem weißen Kabel seiner Kopfhörer. Er nickte ihr zu. „Sollen wir hier bleiben?“

      Seine dunkle Stimme, die einen bezaubernden englischen Akzent hatte, nebelte Luisa augenblicklich ein.

      Sie blinzelte. „Hier?“

      „Hier. Im Schülercafé.“

      „Oh.“ Luisa lächelte verlegen. „Klar, wieso nicht. Kommt bestimmt niemand während der siebten Stunde her.“ Sie ließ sich neben Sam auf das Sofa fallen - und kippte gegen ihn, weil die Federn altersschwach waren und einfach nachgaben.

      „Tschuldigung“, nuschelte sie und drückte sich hastig von ihm ab.

      Ihr Kopf musste rot wie eine Tomate sein. Dass Sam sie still von der Seite anblickte, machte es nicht gerade besser. Schnell versteckte sie ihr Gesicht hinter ihren Locken.

      Wie sollte sie die nächsten zwei Stunden mit Sam Weston bloß überstehen?

      „Hast du Hausaufgaben auf?“

      Sie nickte, kramte ihr Matheheft hervor und zeigte ihm die Aufgabenstellungen, die sie für den nächsten Tag vorbereiten sollten.

      „Schöner Wal“, bemerkte Sam.

      Nun war es endgültig um ihre Gesichtsfarbe geschehen. Würde das Feuerlöscherrot jemals wieder verschwinden?

      Nach dem dritten Graphen waren ihre Wangen wieder etwas blasser, dafür rauchte nun ihr Schädel. Die Schulleiterin hatte nicht übertrieben, als sie Sam angepriesen hatte: Er konnte ihr aus dem Stehgreif alle Fragen beantworten und wie durch einen Zauber erkannte er immer, wo es gerade in ihrem Gehirn hakte.

      Ihre Konzentration litt nur leider sehr unter seiner unwiderstehlichen Stimme: Sie war dunkel und ruhig und zog sie in die mathefreien Untiefen ihres Gehirns hinab. Dennoch schaffte er es irgendwie, ihr zum ersten Mal seit Jahren richtige Antworten zu mathematischen Fragen zu entlocken.

      Gerade war ihm das wieder gelungen.

      „Gut“, meinte er und nickte zufrieden.

      „Du bist ein Genie“, entfuhr es Luisa und sie ergriff seinen Unterarm. „Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals etwas Richtiges über Zahlen gesagt zu haben.“ Sie lachte ausgelassen. Dieser Junge war Gold wert!

      Plötzlich wurde ihr seine warme Haut unter ihrer Handfläche bewusst. Hastig beendete sie den Körperkontakt, der ihr plötzliches Herzrasen verursacht hatte. Sie band ihre widerspenstigen Locken zu einem losen Zopf zusammen.

      „Vielleicht liegt es daran, dass du lieber Meerestiere zeichnest, als den Matheunterricht zu verfolgen?“, fragte Sam und blätterte kurz durch ihr Heft.

      Überall Wale, Fische und Muscheln … Das war ihr vorher gar nicht bewusst gewesen. Luisa legte die Stirn in Falten und schlug das Matheheft zu. „Mein Papa ist Meeresbiologe“, sagte sie zerstreut.

      „Cool“, erwiderte Sam.

      „Es geht. Er ist eigentlich immer weg und