RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4). Indira Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Indira Jackson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738093896
Скачать книгу
bevor er mit diesem Teufel in die Hölle kam, dann jedoch die Sinnlosigkeit seiner Beschwerden eingesehen.

      Ein kurzer Blick von Rayan hatte genügt, ihn ganz klein auf seinem Pferd werden zu lassen. Er schien nun stattdessen in tiefes Brüten verfallen zu sein. So ritten sie durch die Wüste.

      Da Yusuf die Region kannte, durch die sie ritten, wurde ihm bald klar, dass sie nach Farah ritten, die Oase, in der Scheich Yuemnue al Harun seine Truppen sammelte.

      Er hoffte, dass dies der Grund war, warum er noch am Leben war. Vermutlich sollte er ihm eine Nachricht überbringen. Darum verbrachte er die Stunden des Ritts damit, zu überlegen, wie er den Scheich überzeugen konnte, dass er ihm noch immer treu ergeben war und er ihn am Leben ließ.

      In seinen Gedanken sann er sich immer neue Geschichten aus, sodass er zum Schluss überzeugt war, dass der Scheich ihn sogar noch belohnen würde. Jawohl, das würde er. Weil er seine Heimat für ihn aufgegeben und stundenlang für ihn gelitten hatte.

      Sie waren am ersten Tag gegen Mittag aufgebrochen und weil sie nur ein kleiner Trupp waren, kamen sie gut voran, sodass sie am dritten Tag gegen Abend bereits in der Nähe der Oase waren.

      Rayan ließ sie in einer verborgenen Senke noch ein ganzes Stück von der Oase entfernt anhalten und ihr Nachtlager aufschlagen. Jetzt begann der gefährliche Teil der Reise. Wenn sie entdeckt wurden, war der Plan zum Scheitern verurteilt. Er schärfte beiden Jungen ein, sich absolut still zu verhalten, beim ersten Anzeichen von Gefahr Yusuf zu töten und sofort zu verschwinden. Er würde schon klarkommen, sie sollten nicht auf ihn warten.

      Beide versprachen es ihm.

      Anfangs hatten sie noch versucht ihn in ein Gespräch zu verwickeln, jedoch bald erkannt, dass er keineswegs an einem Schwätzchen interessiert war und sie genauso wenig Antworten auf ihre Fragen bekommen würden. Daher hielten sie sich an sich selbst und tuschelten miteinander. Nie waren sie laut oder übermütig, wie es so viele junge Leute ihres Alters gewesen wären und Rayan stimmte Ruhi insgeheim zu, dass die beiden eine gute Wahl gewesen waren. Ob sie es tatsächlich fertigbringen würden, Yusuf zu töten, bezweifelte er, aber zumindest war er sicher, dass sie ihn nicht entkommen lassen würden.

      So konnte er sich ganz auf seine Erkundungen konzentrieren.

      Am Morgen des vierten Tages war er schon vor dem Morgengrauen aufgestanden und losmarschiert in Richtung Oase.

      Den ganzen Tag verbrachte er damit, die Zelte in der Oase genau zu erkunden und sich ein Bild zu machen. Das Zelt von Yuemnue zu finden, war keine Schwierigkeit, war es doch das größte in der Mitte des Treibens. Schwieriger war es, herauszufinden, mit wie vielen Personen er es dort zu tun haben würde.

      Unverkennbar waren auch die einfachen, schwarz-braunen Zelte des Stammes aus dem Norden, die sich etwas abseits hielten. Die Banu Shams waren Söldner und wollten Geld, keine Freundschaft oder sonstigen Austausch mit Fremden, sie blieben lieber unter sich.

      Es war nicht ganz einfach, das Zelt ihres Anführers auszumachen, da sie ebenfalls nicht viel Wert auf Äußerlichkeiten legten.

      Ebenfalls ein Stück entfernt auf der anderen Seite der Oase, offenbar, weil sie als Letzte eben erst eingetroffen waren, befanden sich die Zelte von Fürst Harun Said, die unschwer an ihren rot-schwarzen Bannern erkennbar waren.

      Die Beteiligung dieses Stammes konnte Rayan am wenigsten verstehen, denn eigentlich war der Fürst ein Mann mit Prinzipien. Geld oder Beute interessierten ihn nicht. Aber genau aus diesem Grund war er am schwersten einzuschätzen und Rayan vertagte diese Überlegungen auf später. Heute würde er nicht sein Ziel sein.

      Gegen Abend kehrte er zu den Wartenden zurück. Ohne große Erklärungen legte er sich hin, um einige Stunden zu schlafen; morgen früh würde sich zeigen, was sein Plan wert war.

      2014 - Oase von Tayma - Ein unangenehmer Gastgeber

      Auch die anderen hatten ihre repräsentativen Gewänder angezogen und so trug Rayan wieder sein pechschwarzes, zweiteiliges Gewand mit den roten Schnüren. Seine schwarzen Lederstiefel waren blank poliert und wie üblich strahlte er einen unbändigen Stolz aus, so wie er da auf seinem Pferd saß. Was für ein Anblick!

      Als sie in die Oase einritten, hatten sie schon eine zuvor abgesprochene Formation eingenommen: vorne weg Rayan, neben ihm Hanif. Dann Jassim und Nihat, jeweils außen eine halbe Pferdelänge nach hinten versetzt, zwischen ihnen Carina und zum Schluss hinten an die beiden anderen Reiter.

      So war Carina einerseits hinter ihrem „Ehemann“, aber trotzdem geschützt in der Mitte.

      Sie wurden vom Fürsten überschwänglich begrüßt. Sie – das beinhaltete Rayan und Hanif, den anderen Männern schenkte er kaum Beachtung. Carina wollte er zunächst völlig ignorieren, doch dann musterte er sie überrascht von oben nach unten wie ein Pferd oder sonstiges Ausstellungsstück, wandte sich dann ohne ein Wort an sie wieder Rayan zu und gratulierte ihm zu seinem ausgezeichneten Geschmack.

      Carina hatte während der Begutachtung rote Wangen bekommen und sich mehr Kleidung gewünscht. Sie hüllte sich so tief es ging in den Umhang. Als sie dann hörte, was Fürst Tarek zu Rayan sagte, kochte sie vor Wut. Rayan dankte ihm nur mit einem kurzen Nicken, ansonsten verriet seine Miene nichts.

      Es war Nihat zu verdanken, der sie grob am Arm packte, dass sie sich nicht vergaß.

      Einige Männer des Fürsten kamen, um den beiden Männern, deren Namen Carina noch nicht kannte, zu zeigen, wo sie ihre Pferde unterbringen und versorgen konnten.

      Inzwischen führte der Fürst sie höchstpersönlich zu dem für sie vorbereiteten Zelt. Als er fragte, ob Rayan wünschte, dass sie in seinem Zelt oder separat untergebracht werden sollte, bedurfte es erneut eines massiven Druckes von Nihat auf ihre Schulter, dass sie den Mund hielt.

      Carina schätzte, dass sie spätestens, wenn die Feierlichkeiten vorüber waren, eine blaue Schulter haben müsse. Mit Entsetzen fiel ihr ein, dass sie niemanden gefragt hatte, wie lange sich diese ganze Tortur hinziehen würde. In diesem Moment wäre sie vor Schreck und Entsetzen fast hingefallen. Auf dem Platz in der Mitte der Zelte, direkt vor dem großen Versammlungszelt, hing ein Mann an einem Pfahl festgebunden.

      Ihm schien nichts zu fehlen, außer dass er offenbar schon länger so da hing. Es war inzwischen Nachmittag und der Platz war so gewählt, dass er absichtlich der Sonne ausgesetzt war.

      Erneut verriet Rayans Miene nichts von seinen Gefühlen, aber der Fürst beeilte sich, auf Hanifs fragenden Blick eine Erklärung abzugeben.

      Carina wurde schlecht bei dem erfreuten Tonfall, den Tarek dabei anschlug. Das Thema schien ihn zu amüsieren: „Das ist Ali, er ist oder vielmehr war, einer meiner Männer. Er hat mich gebeten, ihm eine meiner vier Ehefrauen zu überlassen, weil er sich in sie verliebt hat – ha Liebe! So ein Blödsinn! Ich habe ihm gesagt, wenn er drei Tage durchhält, kann er sie danach haben und mit ihr verschwinden. Ich bin ja kein Unmensch!“ Und er lachte lauthals über seinen eigenen Witz. „Er hängt da jetzt seit gestern Mittag, hat also knapp einen Tag hinter sich – mal schauen, ob er die beiden anderen auch noch durchhält. Liebe verleiht ja angeblich Flügel!“ Und wieder lachte er brüllend.

      Carina merkte, dass ihr anfängliches Unbehagen gegenüber Tarek in eine tiefe Abneigung umschlug und begann zu ahnen, dass der ursprünglich als „abwechslungsreicher Höflichkeitsbesuch“ geplante Aufenthalt in Tayma unangenehme Nebenwirkungen haben würde.

      Irgendwie war ihr klar, dass ein Frauenfeind und Sadist wie Tarek noch mehr Überraschungen auf Lager hatte.

      2014 - Oase von Tayma - Die Definition von Ehre

      Nach und nach kamen auch noch andere Gäste an, sodass sich ihr Gastgeber um eine große Anzahl Menschen kümmern musste und sie weitestgehend in Ruhe ließ.

      Sie wurde an einen Platz ganz in der Ecke des großen Zeltes verwiesen, wo sich außer ihr nur wenige andere Frauen aufhielten.

      Insgesamt