Haily. Roberta C. Keil. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roberta C. Keil
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742732897
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er war positiv überrascht worden.

      „Sie ist anders als Sandy!“ Jacky löste sich aus Aidens Umarmung. „Verschlossener. Sandy wollte damals unsere Hilfe. Bei Emma bin ich mir nicht sicher. Ihr blieb keine andere Möglichkeit, als die, zu uns zu kommen. Ich hoffe, Yvi hat ihr diese Option nicht zu sehr übergestülpt.“

      „Du denkst, sie ist nicht freiwillig hier?“

      Jacky sah Aiden an und schüttelte den Kopf. „Ich glaube, sie wusste nicht, wo sie hingehen sollte.“

      Jack erhob sich und nahm den zweijährigen Michael aus dem Kinderstuhl.

      „So, wir gehen jetzt die Pferde auf die Koppel bringen. – Wer geht mit?“ Dylan und Devon sprangen ebenfalls von ihren Stühlen auf und riefen begeistert „Ich!“.

      Jack legte seiner Tochter die Hand auf die Schulter. „Wenn wir Glück haben, sieht sie es als Chance.“

      Dann verließ er mit den Kindern das Haus.

      „Wie geht es dir?“ Aiden zog seine Frau wieder an sich und legte eine Hand sanft auf ihren Bauch.

      „Sie ist sehr unruhig.“

      „Ruh‘ dich bitte etwas aus. Ich möchte nicht, dass wir etwas riskieren.“ Er küsste sie und Jacky schlang ihre Arme um seinen Hals, als suche sie Halt. Er hielt sie fest.

       Emmas Ankunft am frühen Morgen löste in Jacky einige Erinnerungen aus. Genauso war es ihr vor drei Jahren ergangen, als Yvi Sandy hergebracht hatte. Dinge brachen auf, die sie selbst erlebte. Dort in Maricopa. Es war Vergangenheit. Und dennoch stand es jetzt vor ihr, als wäre es gerade erst geschehen. Zu gut konnte sie nachempfinden, wie es Emma ging. Wie sie sich fühlte. Und sie konnte nur hoffen, dass es ihnen allen zusammen gelang, dieses Kind zu heilen. Und sie hoffte sehr, Emma würde das zulassen.

      Jacky trat auf die Terrasse am Wohnzimmer und rückte sich einen der Liegestühle in die Morgensonne. Aiden war sehr um sie besorgt. Nicht zu Unrecht. Diese Schwangerschaft war nicht so leicht, wie die anderen beiden. Sie tat sich schwerer mit allem, wurde schnell erschöpft. Das Kind war sehr unruhig, bewegte sich viel. Waleah bereitete ihr jeden Abend ein Kräuterbad zur Entspannung vor. Unermüdlich kümmerte sie sich um Jackys Wohl. Die Frau ihres Vaters, die gleichzeitig Aidens Mutter war, war die Tochter eines indianischen Schamanen und kannte sich in der Naturmedizin aus. Sie behauptete immer, das Kind habe einen wachen Geist und würde etwas ganz Besonderes.

      Esmeralda brachte gerade Marilyn auf die Terrasse und platzierte sie vor ihrem Zimmer so, dass sie den Ausblick über das Tal genießen konnte. Jacky ging zu ihrer Schwester hinüber. Immer wenn sie Marilyn sah, besann sie sich darauf, dass es für sie selbst keinen Grund gab, zu klagen. Sie war mit dem Mann verheiratet, den ihre Schwester von Kindheit an vergötterte. Sie bekam sein viertes Kind. Ein Kind der absoluten Liebe, genau wie die drei anderen. Sie war frei und konnte sich bewegen, gehen, wohin sie wollte.

      Marilyn war immer auf die Hilfe anderer angewiesen. Dafür war Esmeralda zuständig. Mit ihrer hispanischen Lebensfreude schaffte sie es sogar, hin und wieder ein Lächeln auf Marilyns Gesicht zu zaubern. Und ihr gelang es, sie zum Malen zu motivieren.

      Da Marilyn durch einen Bruch in der Halswirbelsäule ab den Schultern gelähmt war, malte sie mit dem Mund. Mit viel Geduld und Liebe hielt Esma ihr die Palette und gab ihr wortreiche Tipps, wie sie den Pinsel einsetzen konnte. Diese Frau erwies sich als Glückgriff in der Personalwahl.

      „Ich will jetzt nicht malen!“, fauchte Marilyn ihre Pflegerin gerade an. „Ich kann diesen verdammten Pinsel nicht mehr sehen! Warum soll ich immer kreativ sein? – Ah, Schwesterchen! Wann stellst du uns deinen neuen Schützling vor?“

      Jacky lächelte. Die ruppige Art ihrer Zwillingsschwester war ihrer Situation geschuldet. Da sie nur den Kopf bewegen konnte, und leicht die Schultern, blieb ihr nicht viel, was sie tun konnte. Außer reden. Sie drehte jetzt den elektrischen Rollstuhl leicht in Jackys Richtung, während Esma die Staffelei beiseite rückte.

      „Wenn sie nicht verschläft, wirst du sie beim Mittagessen kennenlernen.“

      „Pah, wer schon den Tag verschläft…“, giftete Marilyn.

      „Sie hat die Nacht im Auto verbracht.“

      Marilyns Blick wanderte in die Ferne und Jacky fragte sich, ob sie jetzt ebenfalls an die Zeit damals dachte, die ihrer beider Leben veränderte.

      „Du hast immer so viel Verständnis, liebste Jacklyn! Es wird dir noch mal zum Verhängnis werden!“ Sie lachte böse. „Zum Verhängnis! – Esma! Ich habe genug frische Luft bekommen. Bring mich jetzt wieder in mein Zimmer. Sofort! Ist ja nicht auszuhalten, diese Hitze…“

      Esma seufzte und warf Jacky einen gequälten Blick zu.

      „Natürlich, was immer du befiehlst, oh Herrin, ich werde es tun! Aber ich meine, es wäre besser, du bleibst noch etwas hier und genießt die wunderbare Aussicht!“ Esma lächelte schon wieder. Sie hatte es sich gerade auf der obersten Treppenstufe bequem gemacht. Auf jeder Seite des Hauses führte eine Treppe von der Terrasse, die das ganze Haus umlief, hinunter auf die Wiesen oder den Hof. Ein Balken sicherte die Treppe vor einem unkontrollierten Sturz des Rollstuhls. Marilyn bekam die Steuerung des Gefährts nicht vollständig in den Griff. Esmeralda lächelte Marilyn an und erhob sich wieder. Sie wusste mit der Übellaunigkeit ihrer Patientin umzugehen.

      „Lass das! Ich will rein! Ich halte dieses gütige Lächeln hier nicht mehr aus!“ Ein Fluch folgte, nachdem sie mit einer Kopfbewegung auf Jacky deutete.

      Das Kind trat wieder und Jackys Hand fuhr automatisch an die Stelle ihres Rückens, wo ein Nerv betroffen war, wenn das Kind trat. Jacky ging zu dem Liegestuhl zurück und ließ sich darin nieder. Nur ein halbes Stündchen würde sie sich Ruhe gönnen. Nur das.

      Kapitel 7

      Ich fuhr hoch. Ein Geräusch schreckte mich auf. Wo war ich? Nicht zu Hause. Ich sah mich in dem Zimmer um. Das Schlafzimmer meiner Wohnung. Jetzt fiel es mir wieder ein. Ich war auf dieser Ranch. Und ich hatte die ganze Nacht in einem Auto zugebracht. Da war es wieder, das Geräusch.

      Ich erhob mich aus dem Bett, schlang den Bademantel fester um mich und ging in den Wohnraum. Jemand klopfte an die Tür. Ich öffnete. Es war Sandy.

      Die Tür einfach offenlassend, ging ich zum Sofa und ließ mich darauf sinken. Gähnte herzhaft.

      Sandy blieb unter dem Türrahmen stehen.

      „Hi! In einer halben Stunde gibt es Mittagessen. Ich soll dich mitbringen.“ Sie lächelte. Ihre blauen Augen verformten sich fast zu Schlitzen, wenn sie das tat.

      Mittagessen. Das klang verlockend. Meine letzte Mahlzeit war heute Morgen um fünf Uhr gewesen. Obwohl ich so viele Bagels gegessen hatte, bis die Übelkeit in mir aufstieg, spürte ich jetzt schon wieder ein leichtes Grummeln in der Magengegend.

      „Ich ziehe mich an.“

      „Wenn du Lust hast, zeige ich dir vor dem Essen einen Teil der Ranch.“

      Ich nickte. Warum nicht? Es klang gut, sich die neue Heimat anzuschauen. Nicht, dass es mich sonderlich interessierte, wie es hier aussah. Aber ich fand es immer besser, zu wissen, wie die örtlichen Gegebenheiten waren.

      Sandy wartete vor der Tür. Sehr anständig, wie ich fand. Meine Mutter war ständig in mein Zimmer geplatzt. Dabei war es ihr egal gewesen, wer gerade bei mir war. Als Kevin, mein erster Freund, mich das erste Mal besuchte, war es gleich sein letzter Besuch. Gerade, als ich seine Hose geöffnet hatte, riss meine Mutter die Tür auf und erklärte, das Mittagessen sei fertig. Es war fünf Uhr nachmittags. Als sie die Situation erfasste, lachte sie hämisch und starrte auf Kevins Penis.

      „Mann, oh Mann, aus dem will aber erst noch etwas werden, Junge!“, waren ihre Worte und dann rauschte sie wieder ab. Das war das Ende meiner eh sehr kurzen Beziehung mit Kevin. Und ich brachte nie wieder einen Jungen mit nach Hause. Lieber traf ich mich mit ihnen in der alten, leerstehenden Fabrik, etwas außerhalb unseres Wohngebietes. Mit der Zeit