Franken sich an, denn es war ein lieblich und
fruchtreich gelegener Gau, und nannten den Ort die
Furt der Franken, Frankfurt. Manche sagen, gleich damals
haben die Sachsen den Ort Sachsenhausen,
Frankfurt gegenüber dicht am Mainstrom, begründet,
andere aber behaupten, dessen Gründung sei erst dann
geschehen, als Karl der Große überwundene Sachsen
aus ihrem Heimatlande hinweg und zur Ansiedelung
im Frankenlande genötigt habe, von welcher bis auf
den heutigen Tag noch viele Ortsnamen zeugen. Später
erbaute Kaiser Karl selbst eine kleine Pfalz zur
Frankenfurt und hielt sich Jagens halber gern dort auf,
feierte Ostern da und hielt Reichskonvente. Auch
Karls des Großen Sohn, König Ludwig, wohnte da,
recht in seines weiten Reiches Mitte, und sein Sohn
Karl, hernachmals Karl der Kahle genannt, ward allda
geboren. Noch immer wird die seichte Stelle im Main
gezeigt, wo der Franken Furt war und Frankfurts erster
Anbau und Name sich begründete, und Kaiser
Karls Pfalz stand da, wo jetzt die St. Leonhardskirche
steht, und die neue Pfalz, welche Ludwig der Fromme
erbaute und der Saal hieß, lag neben dem Fahrtor,
davon hat noch bis heute die Saalgasse ihren Namen.
Im Saalhof starben Ludwig der Deutsche, des frommen
Ludwig jüngster Sohn, wie auch Hemma, dessen
Gemahlin. Dieser König war es, der Frankfurt zu des
ostfränkischen Reiches weltlicher Hauptstadt erhob,
während Mainz die geistliche war.
68. Des Königs Weihnacht
Wo jetzt der Dom zu Frankfurt steht, stand schon zu
König Ludwig des Deutschen Zeiten eine Kapelle, die
hieß der Rudtlint, wie auch später zu St. Salvator, und
war der heiligen Jungfrau Maria und Karl dem Großen
geweiht. Ludwig der Deutsche feierte das Weihnachtfest
in seiner Pfalz zu Frankfurt am Main und
berief dorthin eine Reichsversammlung. Da geschah
es, daß der Teufel in Gestalt eines Priesters und guten
Geistes zu Ludwigs Sohne, Karl, trat und zu ihm
sagte: Siehe, du bist der Jüngste unter deinen Brüdern,
und dein Vater will das Reich deinem Bruder
Karlmann geben, das doch dir von Gott bestimmt ist,
und will dich verderben, solches will Gott nicht leiden.
Karl aber entsetzte sich vor der Versuchung und
eilte in die Kapelle, indem er rief: Hebe dich weg,
Versucher! Du bist kein Bote von oben! Der Teufel
aber folgte ihm in die Kirche nach und sprach: Wäre
ich nicht ein Bote von oben, wie dürft' ich mit dir eintreten
in dieses Gotteshaus? Wie dürft' ich das Sakrament
des Altars, das heilige Meßopfer, vollziehen? –
Und so betörte er Karls Sinn mit dem Trug der Hölle,
und las die Messe, und reichte ihm die gebenedeite
Hostie, und mit der Hostie fuhr er in ihn und besaß
ihn.
Da nun die Reichsversammlung war, redete Karl
unsinnig in ihr, riß sich das Wehrgehenk von der
Seite, schleuderte es samt dem Schwerte mitten in den
Saal, riß den Gürtel sich ab und die Gewande vom
Leibe und ward heftig hin und her gerüttelt, so daß
alle Anwesenden sich entsetzten. Die Bischöfe aber
ergriffen den vom bösen Feind Besessenen und führten
ihn in die Kapelle, und der Erzbischof begann die
Messe über ihn zu singen. Da begann Karl laut zu
klagen und Weh über Weh zu schreien in einem fort,
bis die Messe zu Ende war, aber die Priester ließen
nicht ab mit Gebet, bis der Feind wieder von dem Königssohne
wich und Karl durch Gottes Barmherzigkeit
geheilt ward. Hielt also König Ludwig gar eine
trübe Weihnacht zu Frankfurt. Aber was des Teufels
Bosheit des Königs Sohn eingeflüstert, erfüllte sich
später dennoch, denn Karlmann und Ludwig starben
beide vor ihm, und Karl erhielt des Deutschen Reiches
Krone, wenn auch nur auf kurze Zeit, denn er fiel
in Schwermut und gab sich ganz in die Hände der
Pfaffen. Da entsetzten ihn die Fürsten des Reiches
und gaben das an Arnulf, einen natürlichen Sohn seines
Bruders Karlmann.
69. Vom Eschenheimer Turm
Zu Frankfurt steht noch gar ein alter Turm von der
ehemaligen Stadtmauer. Einst hatten die Frankfurter
einen Wilddieb gefangen, des Name war Hänsel Winkelsee,
und der saß schon neun Tage im finstern Loch,
ehe Spruch und Urteil über ihn erging, und hörte allnächtlich
die Wetterfahne kreischen und rasaunen
über seinem luftigen Losament hoch oben im Eschenheimer
Turme und sprach: Wär' ich frei, und dürft' ich
schießen nach meinem Wohlgefallen, so schöß' ich
dir, du lausige Fahn' – so viel Löcher durchs Blech,
als Nächt' ich hier gesessen hab'. – Diese Rede hörte
der Kerkermeister und trug sie vor den Stadtschultheißen
der freien Stadt, und dieser sagte: Dem Kerl gehört
keine Gnad' als der lichte Galgen; wenn er aber
so ein gar guter Schütz sein will, so wollen wir ihm
sein Glück probiere lasse. – Und da ward dem Winkelsee
seine Büchse gegeben und gesagt, nun solle er
tun, wes er sich vermessen: wenn er das könne, solle
er frei von dannen gehen, wenn aber auch nur eine
Kugel fehl gehe, so müsse er baumeln, und da krähe
kein Hahn nach ihm. Da hat der Wildschütz seine
Büchse genommen, und hat sie besprochen mit guten
Weidmannssprüchlein, und hat Kugeln genommen,
die auch nicht ohne waren, und hat angelegt und nach
der Fahne gezielt, und hat losgedrückt. Da saß ein
Löchlein im Blech, und alles hat gelacht und bravo
gerufen. Und nun noch achtmal so, und jede Kugel an
die richtige Stelle, und mit dem neunten Schuß war
der Neuner