Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Gottfried Herder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066398903
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ſein Ohr iſt zu einer Monotonie verwoͤhnt, und es wuͤrde ihm, wie einem ungelenkigen Alten, gehen, der ſeinen muntern Knaben das Springen verbeut, weil er ſelbſt nicht mit ſpringen kann. Einem Franzoſen kann man es ſchwerlich begreiflich machen, „daß „unſre lange und kurze Sylben von ſo verſchiedener Art ſind, daß man, um dieſe Nuancen richtig zu bezeichnen, auſſer dem gewoͤhnlichen ⏑ und ̅ wenigſtens noch drei verſchiedene Zeichen haben muͤſte, daß unſer „Hexameter alſo durch die Kraft eines Genies ſich dem Hexameter der Alten ungemein naͤhern koͤnne.„34

      Jch wollte, da ich von der Ueberſezzung aus den Alten redete, die Materie nicht zerreißen: jezt ſezze ich die vornehmſten Bemerkungen der Litteraturbriefe mit einigem Kritiſchen Urtheil hieher:

      Ueber den Hexameter.

       Inhaltsverzeichnis

      Hier iſt der Titel ſeiner neuen Ausgabe: Oeſts Verſuch einer Kritiſchen Proſodie: oder Anmerkungen und Regeln uͤber das Sylbenmaas der Alten, vornehmlich Griechen und Lateiner, nebſt einer Beurtheilung des neuern Deutſchen Hexameters und der vermiſchten feineren Sylbengroͤßen bei einigen unſerer juͤngern Dichter: 1765. Der Verfaſſer hat eine groͤßere Kenntniß der Deutſchen Sprache, als alle Beurtheiler der Sylbenmaaße vor ihm; ein genaues Gefuͤhl der Rhythmik der Alten; eine große Beleſenheit und eine Geduld, die nicht jedermanns Ding iſt. Allein bei allem dieſen iſt ſeine Kritiſche Proſodie wuͤſte; Finſterniß auf der Tiefe, und Winde, die das Gewaͤſſer bewegen. Eine dunkle affektirte Schreibart, in der die Jdeen ſelbſt nicht im gehoͤrigen Licht erſcheinen. Weitlaͤuftigkeiten, wo Kuͤrze zugereicht haͤtte: Unordnung in den Stuͤcken, und Stuͤcke, die kein Ganzes ausmachen. Vielleicht waͤre es alſo beſſer geweſen, wenn der Herr Pfarrer: Johann Peter Muͤller ſeines Herrn Oberinſpectors Anmerkungen nicht blos herausgegeben, ſondern, geordnet, gefeilt, und erleuchteter herausgegeben haͤtte.

      „Haben wir den Griechiſchen oder Roͤmiſchen Hexameter in aller ſeiner Verſchiedenheit und ſchoͤnſten Harmonie? Leute ſollten dies wenigſtens nicht behaupten, die die „Natur der Griechiſchen und Roͤmiſchen Poeſie und auch die Natur der unſrigen kennen „wollen. Jene haben ein Sylbenmaas, das „aufs genaueſte beſtimmet, und gleichſam ausgerechnet iſt, ſie haben wenige Sylben, die „lang und kurz koͤnnen gebraucht werden, „ſchon der Zuſammenſtoß zweier Conſonanten wird von ihnen gehoͤrt und macht eine Sylbe lang u. ſ. w. Wir haben nichts dergleichen; wir richten uns blos nach einer zuweilen ziemlich unbeſtimmten Ausſprache. „Faſt alle einſylbichte Woͤrter, deren wir eine ſehr große Menge haben, koͤnnen nach Belieben lang oder kurz gebraucht werden; hiezu „kommt, daß wir gezwungen ſeyn, uns anſtatt der Spondaͤen mehrentheils der Trochaͤen zu bedienen, daß wir ſehr wenige Daktylen haben u. ſ. w.„ Blos dieſe beide lezte Punkte beweiſen, daß ein Vers, wo es einerlei iſt ̅ ̅ oder ̅ ⏑; entweder ̅ ⏑ ⏑ oder ̅ ⏑ ̅ oder gar ̅ ̅ ⏑ zu ſezzen, ohnmoͤglich eben derſelbe Vers der Alten ſeyn kann, indem jedes Sylbenmaas aufs genaueſte beſtimmt war.

      „Wir koͤnnen alſo blos den alten Hexameter auf gewiſſe Weiſe nachahmen, und