Es war nicht das erste Mal, dass er hinaus zu den Nieminens hatte fahren müssen. Matti hatte den Finger schon früher zu nah am Drücker gehalten. Zur Unzeit gejagt. Den Nachbarn bedroht. Er hatte einige Kerben im Holz, der Alte.
Wie unter Zwang drehte sich Nyström nach dem Gewehr um, das zugedeckt im Fond des Wagens lag. Aber die hintere Sitzreihe nahm ihm die Sicht.
Er staunte immer wieder darüber, wie viele Leute ihre Waffen offen herumliegen ließen. Oder gar zur Schau stellten. Wenn er nur daran dachte, wie die manchmal bei den Einkaufszentren mit ihren Geländewagen aus den Wäldern auftauchten. In irgendwelchen Tarn- oder Kampfanzügen. Als kämen sie geradewegs aus einer fremden Söldnertruppe. Er hielt nicht viel von Statistiken. Aber dass mehr als jeder zweite Einwohner dieses Landes eine Schusswaffe besitzen sollte, dieses Wissen verdankte man der Statistik. Ein Volk von Waffennarren. Annähernd so schlimm wie drüben in den Staaten. Immer unter dem Mantel der individuellen Freiheit. Und dann wunderten sie sich, wenn Dinge geschahen wie in der Schule von Tuusula, wo ein Jugendlicher bei einem Amoklauf mehrere Mitschüler und Lehrer erschossen hatte. Staatstrauer. Fahnen auf Halbmast. Das war die hilflose Antwort der Politiker auf solche Vorkommnisse.
Als Nyström in den Rückspiegel blickte, stellte er fest, dass mittlerweile fünf, sechs weitere Wagen in der Kolonne hinter ihm warteten. Ungeduldig sah er auf die Armbanduhr. Die veranschlagten zehn Minuten waren längst vergangen. War die Automatik der Ampelanlage etwa noch gar nicht eingeschaltet, sodass ein Arbeiter nach Belieben irgendwann auf den Knopf drücken musste? Er rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her.
Die Staubwolke, die in der Ferne sichtbar war, wurde aufgewirbelt von einem Baulaster. Wie ein fauchendes Untier rollte er heran. Als der Fahrer sich dem Polizeiauto näherte, bremste er ab und hob die Hand, ohne den Blick von der Straße zu wenden. Henrik, der gerade noch rechtzeitig die Scheibe hochgekurbelt hatte, war sich nicht sicher, ob er den Mann kannte. Die Staubwolke legte sich über die wartenden Wagen wie eine braune Decke.
Wenige Minuten später tauchte schließlich die Fahrzeugkolonne der Gegenseite auf und ratterte vorbei. Der Staub machte es schwierig, die Gesichter hinter den Windschutzscheiben zu erkennen.
Plötzlich glaubte Henrik aber, Olli gesehen zu haben. Den Sohn des alten Nieminen. Eine verkrachte Existenz. Anders konnte man das nicht bezeichnen. Eigentlich schade um ihn. Er hätte sicher Potenzial gehabt, in irgendeiner positiv zu verwertenden Form. Aber bei dieser Herkunft. Einer unter vielen in der Stadt, die sich irgendwie durchschlugen oder von der Unterstützung lebten. Die Geschichten, die sie erzählten, die sie für sich erfanden, blieben unter dem Strich eine wie die andere.
Nein, es konnte nicht Olli gewesen sein. Der fuhr doch diesen alten Volvo. Jedenfalls keinen Audi. Henrik schüttelte den Kopf.
Jetzt kamen keine weiteren Autos mehr. In der Luft flirrte immer noch der aufgewirbelte Straßenstaub.
Henriks Blick streifte die beiden Beutel mit den Süßigkeiten. Zögernd nahm er den einen in die Hand und öffnete ihn. Er griff nach dem erstbesten Stück und steckte es in den Mund. Es schmeckte süß. Unglaublich süß. Aber dann nahm das Saure überhand und wurde immer dominanter. Schließlich fühlte sich seine Zunge beinahe taub an, und er spuckte den Rest aus dem wieder geöffneten Wagenfenster.
Endlich schaltete die Ampel auf Grün.
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