Inhaltsverzeichnis
II. Das Deckungskonzept der D&O-Versicherung
III. Deckungsrechtliche Fragen im Rahmen der Durchführung von „Internal Investigations“
Literatur:
Baumann Versicherungsfall und zeitliche Abgrenzung des Versicherungsschutzes in der D&O-Versicherung, NZG 2010, 1366; Brand Grenzen der vorvertraglichen Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers, VersR 2009, 715; Bruck/Möller VVG – Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 2012; Goette Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers in der Rechtsprechung des BGH, DStR 1998, 1308; Günther/Spielmann Vollständige und teilweise Leistungsfreiheit nach dem VVG 2008 am Beispiel der Sachversicherung, r+s 2008, 177; Honsell Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 1999; Koch Die Rechtsstellung der Gesellschaft und des Organmitglieds in der D&O-Versicherung, GmbHR 2004, 19; ders. Das Claims-made-Prinzip in der D&O-Versicherung auf dem Prüfstand der AGB-Inhaltskontrolle, VersR 2011, 295; Lange Die D&O-Selbstbehalt-Versicherung, r + s 2010, 92; Langheid/Wandt Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 2010; Lenz/Weitzel Zur Unwirksamkeit von Anfechtungsverzichtsklauseln in der D&O-Versicherung, PHi 2012, 122, 123; Marlow/Spuhl Das neue VVG kompakt, 2010; Mayer Umfang und Grenzen der Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers, Versicherungspraxis 2012; Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl. 2010; Römer/Langheid Versicherungsvertragsgesetz, 3. Aufl. 2012; Rüffer/Halbach/Schimikowski Versicherungsvertragsgesetz, 2. Aufl. 2011; Schirmer Zur Versicherbarkeit des Sachersatzinteresses in der Sachversicherung, ZVersWiss 1981, 637; Schramm Das Anspruchserhebungsprinzip, 2009; Schüppen/Sanna D&O-Versicherungen: Gute und schlechte Nachrichten!, ZIP 2002, 550; Schwintowski/Brömmelmeyer Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, 2010; Steinkühler/Kassing Das Claims-Made-Prinzip in der D&O-Versicherung und die Auslegung der Begriffe Anspruchs- sowie Klageerhebung, VersR 2009, 607; Weiberle Änderung der Antragsfragenpraxis der Versicherer in Folge der Reform des VVG, VuR 2008, 170; Graf von Westphalen Wirksamkeit des Claims-made-Prinzips in der D&O-Versicherung, VersR 2011, 145.
1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 3. Kapitel Versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen › I. Vorbemerkung
I. Vorbemerkung
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Die Rechtsfragen und Rechtsfolgen, die an die moderne Terminologie von den „Internal Investigations“ anschließen, sind derzeit noch weitgehend ungeklärt. Auf „altdeutsch“ gesprochen handelt es sich um interne Untersuchungen innerhalb des Unternehmens, die zunächst ohne die Einschaltung staatlicher Stellen die bestehenden Missstände aber auch und insbesondere die sich aus diesen Missständen ergebenden Haftungsrisiken aufdecken sollen.[1] Interne Untersuchungen können dabei zum einen Folge eines Ereignisses sein, welches von außen auf das Unternehmen einwirkt. So haben insbesondere Hackerangriffe eine stetig steigende Bedeutung erlangt. Auch behördliche Ermittlungen, insbesondere wegen des Verdachts von Kartellverstößen, können die Notwendigkeit einer internen Untersuchung hervorrufen. Zum anderen aber können die hier angesprochenen Internal Investigations auch dann angezeigt sein, wenn das Unternehmen noch nicht Objekt von Angriffen oder behördlichen Untersuchungen ist, um präventiv eine Prüfung der bestehenden Unternehmensstrukturen vorzunehmen.
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Die Notwendigkeit solcher Untersuchungen hat sich im Ergebnis als Reflex einer stetig strenger werdenden Judikatur und Gesetzgebung ergeben. Die Fälle Mannesmann,[2] Siemens,[3] MAN,[4] aber auch und insbesondere die in den Jahren 2014 und 2015 angestiegenen Kartellbußen[5] verdeutlichen, welche Konsequenzen sich für Unternehmen wegen der Verletzung von gesetzlichen Vorschriften ergeben können. Viele Gesellschaften sind daher präventiv dazu übergegangen, professionelle Compliance-Abteilungen zu etablieren, die eine Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sicherstellen sollen.
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Vornehmlichste Aufgabe des Unternehmensleiters ist es nämlich, das Unternehmen so zu führen, dass dieses sich im Außenverhältnis rechtmäßig verhält und die gesetzlichen und behördlichen Vorgaben eingehalten werden.[6] Besondere Bedeutung hat diese Frage in dem viel zitierten Urteil des LG München I im Falle „Siemens/Neubürger“[7] erhalten. Der Beklagte ist in diesem Urteil dafür haftbar gemacht worden, dass innerhalb des Unternehmens schwarze Kassen existierten und Bestechungsgelder gezahlt wurden. Dabei ist dem Vorstand keineswegs vorgeworfen worden, er habe von diesen Vorgängen gewusst. Vielmehr soll er sich deshalb pflichtwidrig verhalten haben, weil er keine Compliance-Organisation geschaffen hatte, die das System schwarzer Kassen verhindern konnte. Es gibt sehr starke rechtliche Argumente dafür, die Richtigkeit dieser Entscheidung in Zweifel zu ziehen.[8] Das LG München I hat jedenfalls verkannt, dass ein Unternehmensleiter nur für eigenständige Pflichtverletzungen in die Haftung genommen werden kann und das Zepter der Organisationspflicht nicht dazu dienen darf, eine Art Sippenhaftung für das Fehlverhalten von Mitarbeitern zu etablieren. Ein Vorstandsmitglied haftet also keineswegs für das Verschulden seiner Mitarbeiter. Der Vorstand ist allerdings – und insoweit ist dem LG München I beizupflichten – dazu verpflichtet, eine Organisation aufzubauen und zu unterhalten, die den Anforderung gerecht wird, wie sie in den §§ 76, 93 AktG normiert werden. Welche Anforderungen aber an eine ordnungsgemäße Unternehmensorganisation zu stellen sind, gehört bis heute zu den ungeklärtesten Fragen im Bereich der Vorstands- und Geschäftsführerhaftung und genau darauf hat das Gericht im vorgenannten Falle keine Antwort gegeben. Anerkannt ist, dass der Unternehmensleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass Gesetzesverletzungen nach Möglichkeit überhaupt nicht auftreten oder aber sofort entdeckt werden, um etwaige Missstände beseitigen zu können.[9] Ganz sicher nicht zulässig ist es aber – und dies jedenfalls wird durch die Entscheidung des LG München I suggeriert – von dem Vorliegen einer Gesetzesverletzung auf das Vorliegen einer Organisationspflichtverletzung rückzufolgern. Nicht jedes Fehlverhalten des Unternehmens im Außenverhältnis kann also dem Vorstand angelastet werden. Die sogenannten Internal Investigations von denen der Titel dieses Werkes handelt, sind ein nahezu als unabdingbar anzusehendes Mittel, um feststellen zu lassen, ob denn der Unternehmensleiter der soeben beschriebenen Organisations- und Leitungspflicht gerecht geworden ist. Auch und gerade in Anbetracht der derzeitig mangels höchstrichterlicher Rspr. zwangsläufig bestehenden Rechtsunsicherheit, ist es allerdings wichtig, dass der Vorstand auch darüber nachdenkt, Versicherungen abzuschließen, welche die bestehenden Risiken abdecken. Dabei ist keineswegs ein einzelnes Versicherungsprodukt alleine dazu geeignet, der Komplexität der Risiken Rechnungen zu tragen. Vielmehr ergänzen sich verschiedene Versicherungsprodukte, die erst kumuliert eine umfassende Absicherung etablieren.[10] Da der D&O-Versicherung insoweit eine Schlüsselstellung zukommt, soll nachfolgend das Deckungskonzept näher beleuchtet werden.
Anmerkungen
Zu der stetigen Bedeutung solcher internen Untersuchungen vgl. etwa Budras FAZ v. 3.6.2012: „Hat man die Beamten