4. Innenhaftung als Reflex der Außenhaftung
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Nur deshalb, weil der Gläubiger im Rahmen der Innenhaftung das Insolvenzrisiko der Gesellschaft trägt, sieht der Gesetzgeber in besonderen Fällen – aber immer nur zusätzlich zu der beschriebenen Innenhaftung –, eine unmittelbare Außenhaftung des Unternehmensleiters gegenüber dem Gläubiger vor. Insbesondere im Falle eines deliktischen Verhaltens des Unternehmensleiters, oder wenn dieser im Rahmen von § 311 Abs. 3 BGB besonderes Vertrauen begründet und in Anspruch genommen hat, soll der Gläubiger nicht auf den Grundsatz der Haftungstrennung verwiesen werden und das Insolvenzrisiko der Gesellschaft tragen müssen.
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Entscheidend ist nunmehr, dass in diesen Fällen der Anspruch des Gläubigers gegen den Unternehmensleiter immer neben und gleichzeitig mit dem Anspruch gegen die Gesellschaft etabliert wird. Rechtlich gibt es – wenn der Unternehmensleiter in seiner Funktion als Organ tätig war – keinen Anspruch des Gläubigers, der sich nur gegen den Unternehmensleiter richtet. Wenn der Unternehmensleiter gegenüber dem Gläubiger haftet, dann haftet immer auch die Gesellschaft als juristische Person. Diese muss sich nämlich das Verhalten ihrer Organmitglieder nach § 31 BGB analog zurechnen lassen. Es wird also eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschaft und des Unternehmensleiters gegenüber dem Gläubiger etabliert. Deshalb kommt der Außenhaftung praktisch, wenn auch nicht ausschließlich, so doch zumeist insbesondere dann Bedeutung zu, wenn sich der Anspruch gegen die Gesellschaft wegen eingetretener Insolvenz derselben als nicht werthaltig erweist.[26] Gerade dann wird der Gläubiger nämlich ausschließlich den Unternehmensleiter in Anspruch nehmen.[27]
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Erweist sich ein Außenhaftungsanspruch, der von einem Gläubiger gegen die Gesellschaft und das Organmitglied geltend gemacht wird, als begründet, so ist jedoch – und dies ist von ganz entscheidender Bedeutung – im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und betroffenem Organmitglied grundsätzlich das Organmitglied dazu verpflichtet, der Gesellschaft einen möglicherweise verbleibenden Schaden zu ersetzen. Gerät die Gesellschaft also in die Haftung gegenüber einem Gläubiger, weil sie sich das Verhalten ihres Organs zurechnen lassen muss, so liegt grundsätzlich auch eine Pflichtverletzung der im Innenverhältnis gegebenen Leitungsverantwortung nach § 93 Abs. 2 AktG vor.[28] Deshalb sind Freistellungsvereinbarungen, die eine Aktiengesellschaft mit einem Vorstandsmitglied vereinbart, rechtlich unwirksam.[29] Denn nach § 93 Abs. 4 S. 3 AktG darf die Gesellschaft im Innenverhältnis erst drei Jahre nach Entstehung eines möglichen Schadensersatzanspruchs und nur mit Zustimmung der Hauptversammlung auf einen möglichen Schadensersatzanspruch verzichten oder sich darüber vergleichen. Eine Gesellschaft, die ihr Leitungsorgan von vornherein für mögliche Außenhaftungsansprüche freistellt, würde gegen diese Vorschrift verstoßen, weil die Außenhaftung generell die Innenhaftung als mögliche Folge nach sich zieht.
5. Zwischenergebnis – Die Innenhaftung als maßgeblich versichertes Risiko der D&O-Versicherung
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Festzuhalten ist deshalb an dieser Stelle der Erwägungen, dass der Außenhaftung immer nur vorgeschaltete Bedeutung zukommt. Reflex jeder Außenhaftung ist immer die Innenhaftung nach § 93 Abs. 2 AktG/§ 43 Abs. 2 GmbHG.
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Deshalb muss man bei der Frage nach den Besonderheiten der D&O-Versicherung und auch den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen bei dem Umgang mit internen Untersuchungen darauf achten, dass gerade die Innenhaftung des Unternehmensleiters gegenüber „seiner“ Gesellschaft als Kern des im Rahmen einer D&O-Versicherung versicherten Risikos zu qualifizieren ist.[30] Wie soeben dargestellt, hat der Unternehmensleiter in diesem Zusammenhang auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die D&O-Versicherung wirtschaftlich dem Interesse des Unternehmens entspricht und damit faktisch dem Unternehmen Schäden ersetzt werden, für die ein Organ im Rahmen von § 93 Abs. 2 AktG haftbar gemacht werden kann. Dies ist die rechtliche Basis, die der Unternehmensleiter beachten muss, wenn er interne Untersuchungen anordnet oder entscheiden muss, wie mit dem Ergebnis dieser Untersuchungen umzugehen ist.
Anmerkungen
Koch GmbHR 2004, 19.
Sog. Claims-Made-Prinzip, vgl. dazu eingehend: OLG Frankfurt r + s 2011, 509; OLG Frankfurt r + s 2010, 61; 432; OLG München NZG 2009, 714; LG München r + s 2009, 11; Graf von Westphalen VersR 2011, 145; Koch VersR 2011, 295, Steinkühler/Kassing VersR 2009, 607.
Römer/Langheid VVG § 100 Rn. 1.
Im Einzelfall wird die D&O-Police jedoch auch als Eigenversicherung angeboten, vgl. hierzu MK-VVG/Ihlas Bd. II Teil 2 Kap. 1, D&O-Versicherung Rn. 65 ff.; Lange r + s 2010, 92, 94.
OLG München DB 2005, 1675; LG Marburg DB 2005, 438; MK-VVG/Dageförde § 43 Rn. 20; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Muschner VVG, § 43 Rn. 21 f.
Schirmer ZVersWiss 1981, 637, 638.
BGH NJW 1988, 2803 zu § 13 Abs. 1 S. 2 AKB; vgl. auch Berliner Kommentar-VVG/Hübsch 1999 § 74 Rn. 15.
Abrufbar unter: www.gdv.de/wp-content/uploads/2011/11/09_DandO_1105.pdf (Stand: Mai 2011; letzter Abruf 3.8.2012).
Allerdings variieren die Ausgestaltungen in den Einzelheiten teilweise erheblich, weshalb immer zu beachten ist, dass die „Musterbedingungen“ des Gesamtverbandes (AVB/AVG) keineswegs auf jede D&O-Versicherung übertragbar sind.
Grundlegend BGH VersR 1951, 76.
Hümmerich/Reufels Gestaltung von Arbeitsverträgen § 2 Rn. 788: „Schutz des Privatvermögens des Geschäftsführers lediglich als Reflex“.
OLG München VersR 2005, 540.
Bereits RGZ 70, 257, 259; grundlegend BGHZ 15, 155, 158.
Vgl. die kritische Darstellung bei Ihlas/Stute Beilage zu PHi 4/2003, 18.