Kommt die Unternehmensleitung ihrer Pflicht zur Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung nicht oder nicht ausreichend nach oder wird eine Untersuchung ohne Berechtigung durchgeführt, stellen sich aus gesellschaftsrechtlicher Sicht Haftungsfragen. Da die Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung Teil der Sorgfalts- und Treuepflichten der Unternehmensleitung ist, kann somit eine diesbezügliche Pflichtverletzung zu einer persönlichen Haftung der Organe führen. Meistens wird es dabei um eine unterlassene, aber sachlich gebotene unternehmensinterne Untersuchung gehen. Denkbar sind aber auch Konstellationen, in denen eine Untersuchung nicht in der gebotenen Art und Weise durchgeführt worden ist oder durchgeführt wurde, obwohl sie in diesem Ausmaß nicht notwendig war und nicht im Unternehmensinteresse stand.[1] Als Haftungssubjekte kommen grds. der Vorstand bzw. die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat und die Gesellschafter in Betracht.
1. Haftung der Unternehmensleitung
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Wie dargestellt, ist der Vorstand einer AG oder die Geschäftsführung einer GmbH als Unternehmensleitung beim Vorliegen hinreichender Anhaltspunkte für Gesetzesverstöße zur Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung berechtigt und verpflichtet. Wird diesen Pflichten nicht ordnungsgemäß entsprochen oder bei der Durchführung einer Untersuchung eine Pflichtverletzung begangen, ist eine Haftung der Unternehmensleitung gegenüber der Gesellschaft, Aktionären bzw. Gesellschaftern sowie gegenüber Dritten denkbar.
a) Haftung der Unternehmensleitung gegenüber der Gesellschaft
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In Betracht kommen Schadensersatzansprüche der Gesellschaft aus § 93 Abs. 2 AktG (bei der AG), aus § 43 Abs. 2 GmbHG (bei der GmbH), aus § 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 708 BGB (bei der GmbH & Co. KG) sowie deliktrechtliche Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz.[2] Für die Haftung der Unternehmensleitung gegenüber der eigenen Gesellschaft sind insbesondere die Fragen, wann die Unternehmensleitung eine Pflichtverletzung begangen hat und welcher Schaden der Gesellschaft hieraus entstanden ist, von Bedeutung.
aa) Anspruchsgrundlagen
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Begeht die Unternehmensleitung im Rahmen einer unternehmensinternen Untersuchung eine schuldhafte Pflichtverletzung und entsteht der Gesellschaft dadurch ein Schaden, dann ergibt sich die Haftung des Vorstandes einer AG aus § 93 Abs. 2 AktG, der Geschäftsführung einer GmbH aus § 43 Abs. 2 GmbHG und der Geschäftsführung einer GmbH & Co. KG aus §§ 43 Abs. 2 GmbHG, 708 BGB.
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Daneben ist eine Haftung des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz denkbar. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet bei einer internen Untersuchung aus, da der Vermögensschaden nicht zu den geschützten absoluten Rechtsgütern des § 823 Abs. 1 BGB gehört. Schutzgesetze können grds. aus allen Rechtsbereichen stammen. Zunächst ist dabei insbesondere an die Normen §§ 91 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG und § 130 OWiG zu denken. Alle diese Normen begründen eine gesellschaftsinterne Organisationspflicht, die grds. nur gegenüber der Gesellschaft und nicht im Verhältnis zu Außenstehenden oder den Gesellschaftern besteht.[3] Deshalb handelt es sich bei §§ 91 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG und § 130 OWiG nicht um allgemeine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Die Haftung gegenüber der Gesellschaft wird insofern auch nicht beeinträchtigt, da sich diese bereits aus § 93 Abs. 2 AktG bzw. aus § 43 Abs. 2 GmbHG ergibt.
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Denkbar ist allerdings ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. § 266 StGB stellt ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar.[4] Durch ihre Bestellung trifft die Unternehmensleitung eine besondere Treuepflicht i.S.d. § 266 StGB gegenüber der Gesellschaft.[5] Somit ist eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB durchaus denkbar, wenn die Unternehmensleitung der Gesellschaft einen Schaden im Zusammenhang mit unternehmensinternen Untersuchungen zufügt. Im Rahmen des subjektiven Tatbestandes des § 266 StGB kann sich die Unternehmensleitung jedoch wiederum auf die Business Judgement Rule berufen. Diese wurde zwar im Bereich des Gesellschaftsrechts entwickelt, ist jedoch im Rahmen des § 266 StGB auch anwendbar, da der Sorgfaltsmaßstab des Strafrechts nicht weiter gehen kann, als das vorgelagerte zivilrechtliche Pflichtenprogramm.[6]
bb) Pflichtverletzung
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Die Unternehmensleitung begeht eine Pflichtverletzung entweder, wenn sie keine unternehmensinterne Untersuchung vorgenommen hat, obwohl nach Betrachtung der Gesamtumstände eine Verpflichtung hierzu bestanden hätte oder wenn sie eine unternehmensinterne Untersuchung durchgeführt hat, obwohl sie hierzu nicht oder nicht in der Art und Weise berechtigt gewesen ist. Nicht in der Art und Weise berechtigt bedeutet dabei, dass entweder die bestehende Berechtigung überschritten wurde und etwa ohne sachlichen Grund zu umfassende Amnestieregelungen vereinbart wurden oder dass eine unternehmensinterne Untersuchung nicht gründlich durchgeführt, insbesondere, wenn notwendige Aufklärungsmaßnahmen unterlassen wurden.
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Die Pflichtverletzung ist verschuldet, wenn die Unternehmensleitung gegen die ihr obliegende Pflicht einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitung verstoßen hat.[7] Führt die Unternehmensleitung z.B. trotz eindeutiger Hinweise auf ein dauerhaftes Fehlverhalten von Mitarbeitern keine unternehmensinterne Untersuchung durch, stellt dies eine verschuldete Pflichtverletzung dar. Die Unternehmensleitung begeht aber z.B. auch dann eine Pflichtverletzung, wenn sie die Untersuchung nur in einem Unternehmensteil durchführt, obwohl es Hinweise gegeben hat, dass es auch in anderen Unternehmensteilen zu der Begehung von Straftaten durch Mitarbeiter gekommen ist.
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Durfte die Unternehmensleitung hingegen vernünftigerweise und auf der Grundlage angemessener Informationen annehmen, dass die durchgeführten Untersuchungen nach Art und Umfang ausreichend waren und dass sie zum Wohle der Gesellschaft durchgeführt wurden, fehlt es an einer Pflichtverletzung. Insoweit ist die Business Judgement Rule einschlägig.[8]
cc) Schaden
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Neben einer Pflichtverletzung ist stets ein konkreter Schaden des Unternehmens Voraussetzung jedes Anspruches gegen die Unternehmensleitung. Es gilt der allgemeine Schadensbegriff der §§ 249 ff. BGB. Schaden ist somit jede Minderung des Gesellschaftsvermögens, so wie auch jede unterlassene Mehrung.[9] Unerheblich ist in einer Gesellschaft, ob sich der Wert der Anteile erhöht hat, da das Vermögen der Gesellschafter und das der Gesellschaft stets zu trennen ist.[10] Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt und die Höhe des entstandenen Schadens trägt die Gesellschaft.[11]
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Führt die Unternehmensleitung eine Untersuchung durch, obwohl diese nicht oder nicht in diesem Ausmaß geboten war, so liegt der Schaden der Gesellschaft mindestens in der Höhe der zu viel getätigten Aufwendungen. Unterlässt die Gesellschaft hingegen eine unternehmensinterne Untersuchung, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen ist, dann ist die Bestimmung des Schadens weitaus schwieriger. Unternehmensinterne Untersuchungen als Teil der allgemeinen Corporate Compliance haben insbesondere eine Risikobegrenzungsfunktion.[12] Ziel einer unternehmensinternen Untersuchung ist die unternehmensinterne Sachverhaltsaufklärung und Ahndung des Fehlverhaltens. Hierdurch soll zum einen präventiv Fehlverhalten in der Zukunft verhindert werden, zum anderen eine bestmögliche Verteidigung des Unternehmens gegen drohende Bußgelder gewährleistet sein.[13] Anhand dieser Ziele lässt sich der potentielle Schaden bestimmen. Wird ein bereits begangenes Fehlverhalten nicht endgültig aufgeklärt,