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Die so verdichteten Daten können im Anschluss manuell auf ihre inhaltliche Relevanz hin überprüft werden. Sollten sich in dieser Durchsicht Anhaltspunkte für weitere, noch unbekannte Stichworte finden, können die ursprünglichen Daten mit den neuen Stichwörtern wieder durchsucht werden.
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Wichtig für das „Daten-Review“ ist der systematische Einsatz von geschultem Personal und moderner Technik. Die folgenden Kriterien bestimmen weitestgehend den Erfolg bzw. die Qualität der Review-Ergebnisse:
– | Teamstruktur: Die Teams für das Review werden nach erforderlichem Spezialwissen oder Sprachkenntnissen zusammengesetzt und greifen zeitgleich auf das Review-System zu. |
– | Zugang: Die Review-Plattform ist über eine sichere Internetverbindung zugänglich, so dass Spezialwissen von außen unterstützen kann, ohne z.B. Reisekosten zu verursachen. |
– | Tagging: Das Erstellen und Vergeben von sog. „Tags“ hilft bei der elektronischen Klassifizierung der Dokumente. Die Herausforderung besteht im Entwickeln einer Tag-Struktur, die konkret genug ist, um die Review-Ergebnisse hinreichend einzelnen Sachverhalten zuzuordnen, aber dennoch durch Abstrahierung eine notwendige Verdichtung der Ergebnisse zu gewährleisten. |
– | Vermeidung von Doppelarbeit: Durch Deduplizierung von Dokumenten und Tagging aller bereits gesichteten Dokumente soll gewährleistet werden, dass jeden Dokument idealerweise nur ein einziges Mal einem Review unterzogen wird. |
– | Strukturierung von Reviews: Sog. „Fast Review Jobs“ ermöglichen die Zuordnung von auszuwertenden Unterlagen an die jeweiligen Review-Teams und ihre Mitglieder. |
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Zurückkommend auf den unter Rn. 36 ff. geschilderten Fall wäre etwa denkbar, ein möglicherweise kollusives Zusammenwirken von Gustav Gierig und Erwin Eifrig über eine Auswertung von Erwin Eifrigs dienstlichem E-Mail-Account nachzuweisen. Durch eine durchdachte Vorselektion und Verwendung von eindeutigen, an den Fall adaptierten Suchbegriffen kann versucht werden, die Gesamtdatenmenge auf eine handhabbare Größe zu verdichten. Suchbegriffe könnten insoweit solche sein, die sich (zunächst) lediglich auf die Beziehung zwischen Erwin Eifrig und Gustav Gierig beziehen, etwa der Name von Gustav Gierig oder seine E-Mail-Adresse(n). Außerdem könnten aus dem Sachverhalt abgeleitete Suchwörter benutzt werden, etwa „Hausbau“, „Rechnung“ oder „Vertraulich“. Je nach Ausgangslage lassen sich so auch dienstliche Handys oder Tablets auswerten.
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Wichtig für die Zulässigkeit solcher computerforensischen Auswertungen ist stets die Klärung etwaiger datenschutzrechtlicher Beschränkungen. So kann je nach Unternehmenskultur die private Nutzung von dienstlichen Geräten bzw. E-Mail-Accounts erlaubt oder wenigstens geduldet sein, was die rechtliche Zulässigkeit solcher Auswertungen zwar nicht per se ausschließt, aber jedenfalls erhöhte Anforderungen an diese stellt. Bei internationalen Vorhaben spielt auch die Frage, ob Daten grenzüberschreitend bewegt werden dürfen, eine Rolle.
II. Tax Investigation Berichterstattung
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Bei einer Tax Investigation wird regelmäßig mit Abschluss der Untersuchung ein Bericht zu erstellen sein, der ggf. auch Ansprüchen von Gerichten, Behörden oder Versicherungen genügen muss.
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Im Vorfeld der Dokumentationsphase ist daher zu überlegen, wie die Verschriftlichung des Prüfungshandlung und der Ergebnisse erfolgt. Die ACFE unterscheidet zwischen dem „Fraud Examination Report“ und dem „Expert Report“.[28]
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Der „Fraud Examination Report“ wird von einem oder mehreren an der Investigation beteiligten Mitgliedern erstellt. Dabei werden Hinweise und Fakten sachlich aufgelistet, die der Sachverhaltsaufklärung dienlich sind, wohingegen persönliche Einschätzungen oder Vermutungen ausgespart werden. Der „Expert Report“ hingegen liefert nicht nur die der Darstellung der Fakten, sondern enthält darüber hinaus noch Einschätzungen, Indikationen, Schlussfolgerungen des Experten, also desjenigen, der den Bericht anfertigt. Demnach ist hier mehr als bei der vorgenannten Dokumentationsvariante auf den fachlichen Hintergrund, die Erfahrung und die Referenzen des Berichterstellers zu achten. Bei der Wahl der Reporting-Art sind zudem der Empfängerkreis und dessen fachliche Kompetenz zu berücksichtigen sowie die Absicht, wozu der Bericht letztlich dienen soll und was in der jeweiligen Jurisdiktion üblich ist.
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Es gibt zahlreiche Formate, nach denen ein Bericht aufgebaut werden kann, wenngleich innerhalb einer Untersuchung einzelne Berichte einen einheitlichen Aufbau aufweisen sollten. Angelehnt an die Systematik des ACFE[29] und ergänzt um in der Praxis bewährte Formate (Best Practice), kann ein Untersuchungsbericht wie folgt aufgebaut sein:
– | Allgemeine Bemerkungen – dargestellt werden die Hintergründe, weshalb die Investigation erfolgt, der Auftragsgegenstand, die Vorgehensweise und die Ziele, die mit der Sonderuntersuchung verfolgt werden |
– | Executive bzw. Management Summary – eine übersichtsartige Darstellung der wesentlichen Ergebnisse |
– | Ergebnisse im Detail – Detaillierte Darstellung der Untersuchungsergebnisse. Dabei werden wesentliche Details so dargestellt, dass der Leser ein klares und eindeutiges Verständnis über die aufgeworfenen Fragestellungen und die entsprechenden Ergebnisse erlangen kann. Die zu den Ergebnissen führenden und ihnen zugrunde liegenden Informationen können chronologisch oder nach Themenbereich dargestellt sein. Wichtig ist, die einzelnen Ergebnisse im Gesamtzusammenhang der Ausgangsfragen zu beleuchten und (ggf.) zu interpretieren. |
– | Auswirkungen (optional) – es wird eine Einschätzung abgegeben, welche Auswirkungen die Handlung, welche Auslöser für die Investigation war, auf das Unternehmen hat und ggf. haben wird. |
– | Follow-up/Handlungsempfehlungen (optional) – dieser Punkt ist optional und kann für Empfehlungen über das weitere Vorgehen (vertiefte Prüfung des Tax CMS, Einrichtung von Kontrollen) oder das Benennen noch ausstehender Punkte genutzt werden. |
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Die Berichterstattung (z.B. im Rahmen einer Tax Investigation) hat den Ansprüchen der Genauigkeit, Übersichtlichkeit, Objektivität und Relevanz sowie der Rechtzeitigkeit gerecht zu werden. Inhaltliche oder formelle Fehler lassen nicht selten Zweifel an der Validität des Dokuments aufkommen und können im schlimmsten Fall zur Missachtung des Reportings und damit der geleisteten Arbeit führen. Fragen, die sich der Berichtersteller stellen sollte, sind folgende:
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Beruht der Bericht auf validen Informationen und sind diese belegbar? Sind die Informationen adäquat und
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