Dass es absolut unmöglich ist, das menschliche BewusstseinBewusstsein auf eine Begleiterscheinung (EpiphänomenEpiphänomen) des Gehirns oder auf Vorgänge in ihm zu reduzieren, erweist sich am Vergleich des Bewusstseins mit einer beliebigen materiellen SubstanzSubstanz, und das HirnHirn wird von den Materialisten ja gerade als ein materielles Objekt verstanden. Die materielle Substanz selber muss räumlich ausgedehnt, zusammengesetzt, teilbar usw. sein. Werden damit die wesentlichen Merkmale des geistigen Seins verglichen, so die bewusst von innen her vollzogene IntentionalitätIntentionalität, d.h. die bewusste und sinnvolle SubjektSubjekt-Objekt-Beziehung der meisten Erfahrungen, und die NotwendigkeitNotwendigkeitsubjektive, mit der das bewusste Leben die ExistenzExistenz eines bewussten und unteilbaren Subjekts voraussetzt, dessen bewusstes Leben es ist, dann wird die Unmöglichkeit evident, dass eine materielle Substanz in ihrer EinheitEinheit-in-der-Verschiedenheit und ihrer Zusammensetzung die Substanz sein könnte, die die Voraussetzung der bewussten Akte des Subjekts ist.
Dass LeibnizLeibnizGottfried Wilhelm dies deutlich verstanden hat, beweist er mit seiner Vorgabe einer Maschine, „deren Struktur Denken, Empfinden und Perzeptionen haben lässt“, die vergrössert begriffen dergestalt sei, dass man in sie hineintreten könne.5 „Dies gesetzt, würde man beim Besuch im Innern nur einander stossende Teile finden, niemals aber etwas, was eine Perzeption erklärt. So muss man sie in der einfachen SubstanzSubstanz und nicht in dem Zusammengesetzten oder in der Maschine suchen.“6
Die EinfachheitEinfachheit und die unzusammengesetzte IndividualitätIndividualität des Subjekts, das für alle Erfahrungen vorausgesetzt ist, kann nicht eine zusammengesetzte SubstanzSubstanz mit Teilen im Raume sein. Es ist unmittelbar einsichtig, dass materielle, zusammengesetzte Substanzen nie SubjektSubjekt der geistigen Erfahrungen sein können. Wie unbezweifelbar dieses WissenWissen ist, zeigt sich z.B. beim Hören eines musikalischen Werks. Das Hören von Beethovens 9. Symphonie setzt ein unteilbares Subjekt voraus, das in den unzähligen Teilen und zeitlichen Phasen dieser Erfahrung gegenwärtig ist, um überhaupt möglich zu sein. Ein Gehirn mit noch so vielen verschiedenen Teilen und Funktionen könnte nie bewusste Erfahrungen haben. Die 9. Symphonie würde ihr Sein und ihre EinheitEinheit verlieren und total zerstört werden, wenn nicht das eine, identische und unteilbare Selbst das Subjekt wäre, das als das nicht-zusammengesetzte und einfache Ich die erhabenen Klänge dieser Symphonie hören würde. Gleichermassen verhält es sich mit jedem anderen KunstwerkKunstwerk, sei es aus der Architektur, der Skulptur, der Malerei oder der Literatur.7 Mit der Literatur ist auf die Sprache Bezug genommen, für die dasselbe gilt wie für das Hören von Beethovens 9. Symphonie, auch das VerstehenVerstehen einer Sprache setzt ein immaterielles, ein bewusstes Subjekt voraus. Da bewusste menschliche Erfahrungen also eine unteilbare, einfache, nicht-zusammengesetzte Substanz als Subjekt bedingen, keine materielle Substanz aber unteilbar einfach und nicht-zusammengesetzt ist, ist keine materielle Substanz die Substanz, die vorausgesetzt ist als Subjekt für bewusste Erfahrungen des bewussten menschlichen Lebens.
Ein anderes ArgumentArgument für die immaterielle Seinsweise des menschlichen Geistes und den IrrtumIrrtum des EpiphänomenalismusEpiphänomenalismus hebt an bei der FreiheitFreiheit. Ein Versprechen oder jeder andere freie Akt wäre absurdabsurd, wenn solch ein Akt identisch wäre mit oder determiniert durch materielle oder organische Prozesse. Jeder MenschMensch setzt gewisse freie Akte voraus, auch dann, wenn er den MaterialismusMaterialismus untersucht oder verteidigt. In jedem Moment aber, in dem er die Freiheit voraussetzt, widerspricht er – unbewusst – seiner eigenen Theorie. Wenn eine Handlung vollzogen wird, die die freie Initiative bedingt und nicht die WirkungWirkung einer anderen UrsacheUrsache ist, sondern dem eigenen Selbst entstammt, dann würde diese Handlung überhaupt nicht existieren, wenn sie nicht gewollt worden wäre. So beinhaltet eine solche Handlung die Tatsache, dass das Selbst über ihr Sein und Nichtsein entscheidet. Diese Tatsache widerlegt den Materialismus, nach dem freie Akte nicht existieren können. Das Dasein freier Akte und deren SubjektSubjekt sind irreduzibel auf das Gehirn und jedes andere materielle System.
Auch das ErkennenErkennen widerspricht der TheseThese, ein EpiphänomenEpiphänomen des Gehirns oder dessen Funktionen zu sein. Das zeigt sich an der TranszendenzTranszendenz in der ErkenntnisErkenntnis, in der das Sein oder WesenWesen von etwas sich selbst vor unserem GeistGeist als das enthüllt, was es in sich selbst ist.8 Kognitive Akte nach Art der psycho-physischen IdentitätIdentität zu erklären, wie Evolutionisten und Emergenztheoretiker es versuchen, beinhaltet einen notwendigen WiderspruchWiderspruch zur NaturNatur der kognitiven Akte. Denn aus ihrer Sicht hängt der Inhalt des Wissens nicht ab von der Natur des Objekts, sondern ist verschieden bei verschiedenen Gehirnaktivitäten, ganz unabhängig von der Natur des Objekts.9 WissenWissen könnte also nicht existieren, doch als Wissen, zum Beispiel von dieser Arbeit, existiert es offensichtlich, also muss auch der Geist existieren, denn ohne Geist wäre es unmöglich. Die ExistenzExistenz des Geistes als SubjektSubjekt des Bewusstseins enthält somit eine absolute Zurückweisung eines jeden EvolutionismusEvolutionismus, der behauptet, dass MaterieMaterie das Leben des menschlichen Geistes hervorbringen könne.10 Hierzu gehört auch die philosophische Unmöglichkeit einer werdenden Reflexion. Wie allgemein bekannt, ist Reflexion entweder da, oder sie ist nicht da. Undenkbar ist jedoch ein vormaliges Nicht-Ich, das immer mehr zu einem Ich, sozusagen immer „icher“ wird. „Alle Gedanken, die so etwas für möglich halten, beruhen auf den Zirkelschlüssen des MaterialismusMaterialismus, der sich den Geist als ein Produkt der Materie denkt.“11 Denn um das denken zu können, muss der Geist vorausgesetzt werden, der eigentlich bewiesen werden soll. Kurzum, „das zu Beweisende wird mit Hilfe des zu Beweisenden ‚bewiesen‘“12.
Überzeugend wird die EvolutionstheorieEvolutionstheorie zudem auch durch die oben dargelegte BegründungBegründung des philosophischen, d.h. synthetischsynthetisch-apriorischen Erkennens widerlegt. Denn da die Tatsache absolut gewissen Erkennens einen in sich notwendigen Gegenstand voraussetzt, die Gegenstände dieser Art aber weder der Veränderung noch einem Werden unterliegen, sondern immer mit sich selbst identisch sind, können die in solchen Gegenständen gründenden Sachverhalte auf absolut gewisse und allgemeingültige Weise erkannt werden. Angesichts dessen, dass mit dem BegriffBegriff der ReligionReligion die Aufmerksamkeit auf die Beziehung des Menschen zu GottGott gelenkt wird und diese Beziehung ebenso notwendig ist wie die beiden Glieder des Sachverhalts, die Evolutionstheorie die Religion aber nicht qua In-sich-Notwendiges, sondern qua Kontingentes und Werdendes zum Gegenstand hat, ist es logisch, dass in ihr in punkto Religion Forschungsmethoden zur Anwendung gebracht werden, die dem Gegenstand der Religion sachlich nicht angemessen sind und von da her auch keine WesenserkenntnisseWesenserkenntnisse ermöglichen. Sofern die Evolutionstheoretiker ihre WeltanschauungWeltanschauung absolut setzen, depersonalisieren sie durch ihre reduktionistische Neutralisierung das Leben des Menschen. Und indem sie die metaphysischen und moralischen Wahrheiten ihrer ObjektivitätObjektivität berauben,13 verfehlen sie das wahrhaft Menschliche ebenso wie die szientischen NaturwissenschaftenNaturwissenschaften. Die Folge ist das Nichtwissen um den wahren SinnSinn des Lebens,14 mit all den weiter oben beschriebenen Konsequenzen.
6 Zusammenfassung
Nachdem sich in den vergangenen Abschnitten erwiesen hat, dass die Wissensmöglichkeiten des Menschen nicht auf den immanenten Bereich des sinnlich Wahrnehmbaren beschränkt sind, dieser Wirklichkeitsbereich durch die Erlangung metaphysischer Erkenntnisse vielmehr transzendiert werden kann, sind die Grundlagen bereitet, auf denen die Erkennbarkeit Gottes, des schlechthin transzendenten Bezugspunkts der ReligionReligion, untersucht werden kann.
Für von HildebrandHildebrandDietrich von stand das apriorische ErkennenErkennen der ExistenzExistenz Gottes ausser Frage. Schon auf natürlicher Ebene könne sie aufgrund der GottesbeweiseGottesbeweise mit absoluter