Although the action of praising students would seem to, a priori, afford a mutually enjoyable moment of celebration transparently supportive of social solidarity, this research has revealed that conference participants treat this action as interactionally problematic precisely because utterances that praise students implicate praise of parents. (Pillet-Shore 2012: 200, Hervorhebung im Original)
Während also die Mitteilung von positiven Bewertungen und Lob aus Sicht der Lehrpersonen in der Regel als unproblematisch bearbeitet wird (vgl. Pillet-Shore 2012: 183), scheint aus Sicht der Eltern die Rezeption wie auch Produktion von Lob problematisch zu sein, da das zu stark selbstlobende Auftreten vermieden werden möchte.
In ihrer jüngsten Studie konzentriert sich Pillet-Shore (2015) schliesslich primär auf die elternseitige Bearbeitung von Kritik und die damit einhergehenden Positionierungsaktivitäten. Ähnlich wie auch Kotthoff (2014) zeigt sie, wie Eltern sich als gute und kompetente Personen vorführen, indem sie einerseits kritische Beurteilungen über das Kind äussern und sich dadurch als wissend positionieren. Und andererseits präsentieren sich Eltern als involviert in Lernaktivitäten, die eine Verbesserung der Schwächen zum Ziel haben.
Beraten
Cheatham und Ostrosky (2011) untersuchen Beurteilungsgespräche auf der Vorschulstufe (‚Early Childhood Education’) und zeigen, wie Lehrpersonen als Ratgebende und dadurch als ExpertInnen konstruiert werden, während Eltern durchgehend die Rolle der Ratsuchenden übernehmen. Allerdings wird nur selten direkt nach Rat gefragt oder direkt Rat gegeben, sondern es lässt sich vielmehr beobachten, dass Lehrpersonen häufig im Anschluss an kritische Darstellungen zu SchülerInnen (selbst geäusserte oder solche vonseiten der Eltern) indirekt Ratschläge erteilen, indem sie beispielsweise über erfolgreiche Schulpraktiken berichten (vgl. Cheatham & Ostrosky 2011: 31). Dadurch wird eine Asymmetrie interaktiv gefestigt, die Lehrpersonen als diejenigen mit Zugang zum Expertenwissen über das Kind konstruiert, während Eltern mehrheitlich als Ratsuchende auftreten (vgl. Cheatham & Ostrosky 2011: 40).
Silverman, Baker und Keogh (1998) untersuchen Beratungssequenzen in schulischen Beurteilungsgesprächen und pädiatrischen Sprechstunden, gehen dabei aber insbesondere auf die Rolle des häufig schweigenden Kindes ein. In ihren Daten zeigt sich einerseits, dass die fehlenden Reaktionen auf Ratschläge von Lehrpersonen mit einer Unklarheit in der Adressierung zu tun haben (vgl. Silverman, Baker & Keogh 1998: 228ff.). Vor dem Hintergrund, dass Lehrpersonen und Eltern in diesen Gesprächen sich selbst als kompetente und moralische Instanzen vorführen, muss das Schweigen von Kindern in diesen Gesprächen kein Anzeichen von Inkompetenz sein, sondern kann auch als „form of interactive work in relation to the design of the talk between parent and professional“ (Silverman, Baker & Keogh 1998: 239) verstanden werden. Denn „silence (or at least lack of verbal response) allows children to avoid implication in the collaboratively accomplished adult moral universe“ (Silverman, Baker & Keogh 1998: 220). So betrachtet, handelt es sich beim Schweigen von Kindern in derartigen Mehrparteieninteraktionen nicht um ein kommunikatives Defizit, sondern um eine interaktive Entscheidung, sich nicht aktiv positionieren zu müssen. Walker (2002: 468) versteht hingegen das Schweigen von SchülerInnen eher als Machtlosigkeit und damit als Ausdruck institutioneller Asymmetrie. Der Frage nach der Positionierung von Kindern und Jugendlichen wird insbesondere ab Kapitel 6 weiter nachgegangen.
Mehrsprachigkeit und Interkulturalität in Beurteilungsgesprächen
Bei der Mehrsprachigkeit und Interkulturalität handelt es sich um einen Themenkomplex, der für die vorliegende Arbeit aufgrund der Datenlage nicht bearbeitet wird, jedoch gesellschaftlich höchst relevant ist. Einige Studien befassen sich mit Fragen der interkulturellen Kommunikation und untersuchen Interaktionen mit Eltern, die keine oder limitierte Kenntnisse der Schulsprache haben. Kotthoff (2012a: 298) spricht von einer „Verschränkung von spezifischem Kultur- und Sprachwissen“ und führt den Begriff der kulturellen Mitspielkompetenz ein, um zu beschreiben, wie sich Eltern mit Migrationshintergrund nicht in demselben Mass positionieren können wie Eltern mit Deutsch als Muttersprache. Dies zeigt sich in ihren Daten beispielsweise darin, dass sich Eltern mit Deutsch als Fremdsprache weniger bei den Bewertungsaktivitäten einbringen (vgl. Kotthoff 2012a: 317f.). Korn (2014: 92f.) stellt in ihrem Korpus zudem fest, dass sich die mangelhafte Mitspielkompetenz von Eltern mit Deutsch als Fremdsprache vor allem im Bereich des institutionell-fachlichen Wissens manifestiert.
Cheatham und Ro (2011a; 2011b) zeigen in Gesprächsdaten mit Eltern, die Englisch als Zweitsprache sprechen, welche zusätzlichen kommunikativen Herausforderungen entstehen, wenn – im Sinne von Kotthoff – nicht nur die kulturelle, sondern auch die sprachliche Mitspielkompetenz fehlt. So stellen sie fest, dass sich die Eltern nur äusserst minimal und meist nur mit Rezeptionssignalen in die Gespräche einbringen, sodass häufig nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Eltern das Gesagte auch verstanden haben.
Und schliesslich gibt es Studien zu Beurteilungsgesprächen, die wegen sprachlichen Defiziten gedolmetscht werden müssen. In diesen Interaktionen kommen durch die Teilnahme einer weiteren Person, die allerdings nicht die eigentlich adressierte Person ist, zusätzliche kommunikative Schwierigkeiten hinzu und die Involvierung der Eltern wird oftmals vernachlässigt (vgl. Howard & Lipinoga 2010; Zwengel 2010; 2015). Auch verschärft sich das Problem, wenn es sich bei den DolmetscherInnen gleichzeitig um die SchülerInnen selbst oder um ihre Geschwister handelt (vgl. Zwengel 2010; 2015).
1.2 Forschungsinteressen und Fragestellungen
In dem erhobenen Korpus überwiegen die Gespräche mit anwesenden Kindern bzw. Jugendlichen und nur zwei Gespräche finden ausschliesslich zwischen den Lehrpersonen und den Eltern statt. Dass die SchülerInnen bei den Beurteilungsgesprächen mitanwesend sind, entspricht einem beobachtbaren Trend an Schweizer Schulen und deckt sich auch mit Empfehlungen in pädagogischer Fachliteratur (vgl. Sacher 2014; Vögeli-Mantovani 2011). Wie sich die Anwesenheit der Kinder bzw. der Jugendlichen auf die Interaktionen auswirkt und welche Rolle sie dabei einnehmen, wurde hingegen bisher noch kaum untersucht (vgl. aber Silverman, Baker & Keogh 1998; Walker 2002) und wird allenfalls am Rande erwähnt (vgl. Ackermann 2014: 71ff.; Baker & Keogh 1995: 270ff.; Korn 2013: 81f.; MacLure & Walker 2000: 22).
Wie Schwabe (2006: 17) betont, lag der Fokus in der gesprächsanalytischen Forschung im Bereich der institutionellen Kommunikation generell meist auf Gesprächen zwischen Erwachsenen oder dann auf der Unterrichtskommunikation. Die Kind-Erwachsenen-Interaktion sowie spezifisch im schulischen Kontext die Aussenkommunikation zwischen Schule und Familie, steht erst seit jüngerer Zeit im Fokus der empirischen Gesprächsforschung. Dadurch dass die SchülerInnen oftmals in den Gesprächen anwesend sind, entsteht eine anspruchsvolle Gesprächssituation: Einerseits handelt es sich bei der Mehrparteieninteraktion aus Sicht der Gesprächsorganisation um komplexere Konstellationen, da Rederecht und Sprecherwechsel interaktiv ausgehandelt werden müssen. Andererseits wird in verschiedenen Publikationen zu institutionellen, aber auch alltäglichen Gesprächen zwischen Erwachsenen und Kindern darauf hingewiesen, dass Kinder in der Interaktion nicht dieselben Rechte besitzen und häufig als „less-than-full members“ (Shakespeare 1998: 23f.) konstruiert werden (vgl. auch Butler & Wilkinson 2013; Hutchby & O’Reilly 2010). Dies äussert sich durch Rederechtsübernahmen durch die Erwachsenen an Stellen, an denen eigentlich ein Kind hätte antworten sollen. Wenn also beispielsweise in einem Beurteilungsgespräch eine Frage an das Kind gerichtet wird und ein Elternteil anstelle des adressierten Kindes antwortet, wird dem Kind das Rederecht abgesprochen und die erwachsene Person präsentieret sich selbst als kompetentere Teilnehmende, die oder der über das Befinden und Denken des Kindes Bescheid weiss und dementsprechend urteilen