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Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783866766549
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Belastungsstörung auf, während dies nur auf 4,1 % der Beamten ohne strafrechtliche Konsequenzen zutraf. Auf Basis der Daten können keine Aussagen zu den dahinter liegenden Gründen gemacht werden. Möglicherweise sind sich manche Beamte eigener Verhaltensfehler in der Übergriffsituation bewusst und fürchten sich deshalb vor der Auseinandersetzung. Andere wiederum fühlen sich vielleicht zu Unrecht beschuldigt, können nicht nachvollziehen, dass das Täter-Opfer-Verhältnis umgekehrt wird oder ihnen zumindest eine Mitschuld an dem Übergriff, der für sie selbst sehr folgenreich war, unterstellt wird. Ganz gleich, ob eigene Fehler wahrgenommen werden oder nicht, lösen rechtliche Konsequenzen sicherlich auch Zukunftsängste aus, die für sich genommen bereits eine starke psychische Belastung darstellen können. Vor diesem Hintergrund wäre eine Unterstützung des betreffenden Beamten gerade in diesen Situationen hilfreich.

      Neben körperlichen und psychischen Beschwerden können sich durch Viktimisierungserfahrungen auch Veränderungen in Einstellungen und Wahrnehmungen ergeben. Belegt ist dies bspw. für das Konzept der Kriminalitätsfurcht (Skogan, 1987). Eine Komponente dieses Konstrukts ist die kognitive Furcht, welche allgemein die Erwartung, in naher Zukunft Opfer einer Straftat zu werden, erfasst. Im Kontext der vorliegenden Befragung wurde darunter die Wahrscheinlichkeit verstanden, in den nächsten zwölf Monaten im Dienst derart angegriffen zu, dass daraus eine Dienstunfähigkeit resultiert. Die Analysen bestätigen, dass es Beamte, die solch einen Übergriff in den fünf Jahren zwischen 2005 und 2009 erlebt haben, fast 8mal häufiger als sehr wahrscheinlich erachten, im nächsten Jahr noch einmal derart angegriffen zu werden, verglichen mit Beamten ohne Opfererfahrungen (31,7 zu 4,1 %, s. Abbildung 5). Folglich könnten die viktimisierten Beamten in ihrem Dienst von einer höheren Angst begleitet werden. Es ist anzunehmen, dass sich solche Ängste gerade in Situationen manifestieren, die ein vergleichbares Muster mit der bereits erlebten Gewalterfahrung aufweisen. Eine damit einhergehende starke emotionale Belastung kann sich wiederum negativ auf die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit des Beamten auswirken und somit letztlich das Risiko einer Reviktimisierung erhöhen. (Abbildung 5).

       Abbildung 5

      Wie ebenfalls aus Abbildung 5 entnommen werden kann, stehen Gewalterfahrungen auch mit dem eigenen professionellen Selbstbild des Polizeibeamten in Zusammenhang. Jene, die einen Übergriff mit Dienstunfähigkeit erlebt haben, stimmten der Aussage, dass sie Müllmänner oder Prügelknaben seien, deutlich häufiger zu. Unabhängig davon sind aber auch die Zustimmungsraten nicht viktimisierter Beamter mit 38,4 % bzw. 26,7 % recht hoch. Es ist davon auszugehen, dass Beamte, die das Gefühl haben, der Prügelknabe der Gesellschaft zu sein, auch entsprechend härter mit dem Bürger umgehen. Dies kann wiederum leichter zu Eskalationen im Umgang mit dem polizeilichen Gegenüber führen und letztlich in einer wiederholten Viktimisierung enden.

       4 Diskussion

      Ziel des Beitrages war es, Einblicke in das Thema Gewalt gegen Polizeibeamte zu liefern. Dafür wurden Ergebnisse aus einer Befragung des KFN von Polizeibeamten zu Gewalterfahrungen im Dienst vorgestellt, die Anfang des Jahres 2010 durchgeführt wurde. Dieser Untersuchung zufolge sind Polizeibeamte häufig verschiedenen Formen von Gewalt ausgesetzt, wobei verbale und leichte körperliche Angriffe dominieren. Aber auch von schweren Übergriffen, die zu einer Dienstunfähigkeit geführt haben, war etwa jeder achte Beamte innerhalb eines Fünfjahreszeitraums mindestens einmal betroffen. Dabei ist eine Zunahme von Gewaltangriffen zum Nachteil von Polizeibeamten zu beobachten, die insbesondere auf Übergriffe mit weniger schwerwiegenden Folgen zurückzuführen ist. In Übereinstimmung mit bisherigen Forschungsbefunden erfolgten die Angriffe (mit Dienstunfähigkeit) meist bei Festnahmen oder Streitigkeiten, wobei die Täter der Gewalt überwiegend allein handelnd, männlich, jüngeren Alters, polizeibekannt und alkoholisiert waren. Desweiteren kann festgehalten werden, dass Gewalterfahrungen neben körperlichen und psychischen Problemen, auch mit einer erhöhten Furcht vor weiteren Übergriffen sowie einem negativen Selbstbild einher gehen können. Ein Anliegen der Untersuchung war es zudem, Faktoren zu identifizieren, die mit dem Risiko eines Angriffs auf Polizeibeamte in Zusammenhang stehen. Nur wenige Untersuchungen haben sich bislang um solche Risikoabschätzungen bemüht (Johnson, 2011; Rabe-Hemp & Schuck, 2007). Wie auf Basis der vorgestellten Studie gezeigt werden konnte, weisen männliche, jüngere, größere Beamte sowie Beamte mit Migrationshintergrund ein höheres Risiko auf, angegriffen zu werden. Zudem werden Beamte aus dem Einsatz- und Streifendienst sowie aus besonderen Einsatzeinheiten häufiger Opfer von Gewalt im Vergleich zu anderen Dienstgruppen. Auf Seiten des Täters erhöht insbesondere der Einfluss von Alkohol, aber auch das Vorliegen eines Migrationshintergrunds das Risiko für Beamte, im Rahmen von Einsätzen wegen häuslicher Gewalt verletzt zu werden.

      Welche konkreten Prozesse dafür verantwortlich sind, dass bestimmte Beamte häufiger angegriffen werden als andere, lässt sich mit den Daten nur unzureichend aufzeigen. Generell ist aber davon auszugehen, dass hierbei mehrere Gründe eine Rolle spielen können. So reichen die Erklärungsansätze für den gefunden Geschlechtsunterschied bspw. von strukturellen Effekten (z. B. unterschiedliche Aufgabengebiete), über Hemmungen des Täters, eine Frau anzugreifen, bis hin zu besonderen deeskalierenden Kompetenzen, die weiblichen Beamten aufgrund ihrer Sozialisation oft zugeschrieben werden. Mit Blick auf die Entwicklung geeigneter Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zur Gewaltprävention von Polizeibeamten erscheint insbesondere die Erforschung nicht sichtbarer Merkmale, also bestimmter Einstellungen und Kompetenzen, in denen sich männliche und weibliche Beamte voneinander unterscheiden, gewinnbringend. Würden Beamtinnen weniger Gewalt erleben, weil sie seltener mit gefährlichen Situationen konfrontiert wären bzw. weil die Täter aufgrund ihres Geschlechts eine Angriffshemmung hätten, wären besondere Trainings nicht notwendig. Hätten Beamtinnen hingegen ein niedrigeres Gewaltrisiko, weil sie sozial kompetenter agieren als ihre Kollegen, selbst weniger Drohungen oder Zwangsmaßnahmen in der Interaktion mit den Bürgern einsetzen, vorsichtiger handeln etc., könnten auf Basis dieser Erkenntnisse spezielle Programme (z. B. Kommunikationstrainings) angeboten werden.

      Zu prüfen wäre weiterhin, inwiefern bestimmte Einsatzkonstellationen die Gefahr einer gewalttätigen Auseinandersetzung erhöhen können. Nicht jeder Bürger wird in jeder Situation auf jeden Beamten gleich reagieren. Hinweise auf solch differierende Effekte finden sich bspw. in einer Untersuchung von Rabe-Hemp und Schuck (2007). Sie berichten, dass für Beamtinnen das größte Angriffsrisiko besteht, wenn sie im Rahmen von Einsätzen wegen häuslicher Gewalt mit alkoholisierten Tätern konfrontiert werden. Mit anderen Worten spielt die Kombination von Alkohol, Geschlecht und Situation eine entscheidende Rolle für das Viktimisierungsrisiko. Um derart komplexe Ursachenstrukturen aufdecken zu können, sind zukünftig Studien notwendig, die sich verschiedener methodischer Zugänge bedienen (z. B. Befragung und Beobachtung, quasi-experimentelle Designs).

       Literatur

      Baier, D., Peiffer, C., Simonson, J. & Rabold, S. (2009). Jugendliche in Deutschland als Opfer und Täter von Gewalt: Erster Forschungsbericht zum gemeinsamen Forschungsprojekt des Bundesministeriums des Innern und des KFN (KFN-Forschungsbericht; Nr.: 107). Hannover: KFN.

      Baier, D., Pfeiffer C., Rabold, S., Simonson, J. & Kappes, C. (2010). Kinder und Jugendliche in Deutschland: Gewalterfahrungen, Integration, Medienkonsum. Zweiter Bericht zum gemeinsamen Forschungsprojekt des Bundesministeriums des Innern und des KFN (KFN-Forschungsbericht; Nr.: 109). Hannover: KFN.

      Baier, D., Kemme, S., Hanslmaier, M., Doering, B., Rehbein, F. & Pfeiffer, C. (2011). Kriminalitätsfurcht, Strafbedürfnisse und wahrgenommene Kriminalitätsentwicklung. Ergebnisse von bevölkerungsrepräsentativen Befragungen aus den Jahren 2004, 2006 und 2010. (KFN-Forschungsbericht; Nr. 117). Hannover: KFN.

      Bosold, C. (2006). Polizeiliche Übergriffe. Aspekte der Identität als Erklärungsfaktoren polizeilicher Übergriffsintentionen. Baden-Baden: Nomos.

      Bragason, O. O. (2006). Assaults against police officers: A self-report study among Icelandic police officers. Reykjavik: The Office of the National Police Commissioner.

      Brown, B. (1994). Assaults on police officers: An examination of the circumstances in which such incidents occur. London: Home Office Research Group.

      Bundesministerium