Ich glaube, dass es ganz viel mit der Persönlichkeit macht, wenn man Theater spielt, und dass es bestimmt auch politisch hilfreich ist.
Schreibst du auch selbst Texte für das Theater?
Ja. In den Texten geht es um Dinge, die mir auffallen. Ich habe manchmal einfach das Gefühl, dass man sein Glück davon abhängig macht, ob man ein teures Haus, ein teures Auto zu Hause hat. Ich möchte das eigentlich überhaupt nicht. Man kann glücklich sein, ohne solche Gegenstände zu haben. Das fängt bei einem selbst an. Ich fand das schon sehr deutsch, schnelle Autos zu haben und sich dann irgendwie toll zu fühlen. Darum geht es in dem Text, den ich für das Theaterstück Deutschland, meine Hood geschrieben habe.
Eine Kritik daran, dass man nur durch materielle Dinge glücklich sein kann?
Ja, so einen Status damit aufbaut. Ich glaube, ich war mit meinem Text ein wenig provokativ. Das war mir nicht klar. Als wir über den Text gesprochen haben, den ich geschrieben habe, war da eine Mitspielerin, die das anders gesehen hat. Bei ihr hat das auch richtig was ausgelöst, mit dem ich gar nicht gerechnet habe. Das macht es ja so spannend, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Weil wenn man immer gleicher Meinung ist, ist das zwar schön, aber man lernt halt nicht viel. Beim Diskutieren bekommt man einen Einblick in andere Meinungen.
Dann mal weg vom Theater. Du hast mir vorab schon geschrieben, dass du dich nicht unbedingt als politisch aktiv betiteln würdest. Woran machst du das fest?
Ich habe eine Klassenkameradin in meinem Kurs, die ich als politisch aktiv betiteln würde, weil sie sich in einer Partei engagiert und auch den Durchblick hat, wie das deutsche System und das EU-System funktionieren, wann die nächsten Wahlen sind und wie die Minister alle heißen. Ich weiß natürlich auch, wie die Bundeskanzlerin heißt, aber ich bin nicht so breit aufgestellt, dass ich weiß, wie das alles miteinander verknüpft ist. Deswegen hätte ich mich nicht als politisch betitelt. Aber andererseits: Theater ist schon auch etwas sehr Politisches.
Du hast mir auch geschrieben, dass du Vegetarierin bist. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?
Ich mache das eher aus umwelttechnischen Gründen. Ich kann auch anfangen, kurz zu duschen, aber man kann viel mehr Wasser sparen, wenn man kein Fleisch isst. Das ist der effektivste Weg, etwas zu ändern. Also klar, vegan ist noch effektiver, aber auch schwieriger zu Hause umzusetzen.
Auch wegen Tierwohl und Massentierhaltung?
Ja, obwohl ich auch gelernt habe, nur sehr vorsichtig mit meinen Argumenten um mich zu werfen. Mein Onkel ist Metzger. Am Anfang war es sehr komisch, in meiner Familie vegetarisch zu sein, weil man da ein bisschen der Außenseiter ist. Obwohl sie Rücksicht auf mich nehmen. Und anfangs hatte ich noch keine überzeugenden Argumente und konnte deshalb leicht widerlegt werden. Was ich auch sehr interessant finde: In meinem Kurs sind drei oder vier, die normal essen, der Rest isst vegetarisch. Das sind zwei Drittel meines Kurses. Das kenne ich sonst nicht so, sonst ist es ja eigentlich andersrum. Manchmal habe ich das Gefühl, es wird ein bisschen persönlich, wenn man erzählt, dass man Vegetarier ist. Weil man ja den Lebensstil von anderen angreift, wenn man sagt, ich mach das nicht so wie du, weil ich das nicht für gut empfinde. Wenn wir in unserem Kurs darüber diskutieren, dann ist es genau andersrum, weil wir ja so viele Vegetarier sind. Man probiert trotzdem, dass das nicht so hochkommt und so verletzlich wird, weil man das ja selbst von den Diskussionen kennt und weiß, wie blöd das sein kann, wenn man nur auf die Minderheit eingeht. Schlussendlich muss jeder das tun, was er für richtig und gut hält.
Die Fridays-for-Future-Demos sind auch immer wieder Thema, gerade unter Jüngeren. Was hältst du davon?
Zwei Freundinnen von mir in Schwäbisch Hall organisieren das dort. Das finde ich wirklich mutig. Bei der ersten Demo waren sie sehr unsicher, weil sie dachten, dass sie zu zehnt am Rathaus stehen und demonstrieren würden. Dann kamen aber 300 Leute. Da waren alle total beeindruckt, und dann ist es immer größer geworden. Ich finde es gut, dass es Fridays for Future gibt, weil es nicht so was Parteiisches ist, wo man sagt, dahinter steckt die und die Partei, obwohl es natürlich auch Parteien gibt, die das eher unterstützen als andere. Fridays for Future ist für mich ein Rahmen, der ein bestimmtes Thema für wichtig erklärt, aber dabei frei ist und sich nicht einer Partei zuordnet.
Ich kann auch anfangen, kurz zu duschen, aber man kann viel mehr Wasser sparen, wenn man kein Fleisch isst.
Bei der ersten Demo waren sie sehr unsicher, weil sie dachten, dass sie zu zehnt am Rathaus stehen würden. Dann kamen aber 300 Leute.
Wenn jeder denken würde, wenn ich was mache, dann bringt das was, dann würde die Welt ganz anders aussehen.
Könntest du dir denn für die Zukunft vorstellen, in eine Partei einzutreten?
Ich habe mir schon mal die Grüne Jugend angeschaut, und ich finde, dass die am ehesten meinen Wertvorstellungen entsprechen. Ich fands auch ganz schön, da mit anderen Jugendlichen zu sein, aber dann müsste ich ja bei den Grünen Mitglied sein, und was heißt das denn, wenn ich da Mitglied bin? Heißt das dann, dass ich immer die Grünen wählen soll? Die Grüne Jugend unterscheidet sich ja auch von den Grünen, also den Abgeordneten, und ist ja ziemlich frei. Aber für mich persönlich ist es trotzdem so: Dann gehöre ich zu einer Partei, und das will ich in meinem Alter noch nicht. Meine Meinungen ändern sich einfach noch zu oft. Es gibt Dinge, die sind ganz tief verankert, wie die vegetarische Ernährung. Aber bei manchen Dingen ist meine Meinung noch nicht fest. Ich wollte mir da selbst nicht die Freiheit nehmen.
Gibt es Gegenwind von deinen Freund*innen oder finden die gut, was du machst?
Ich glaube, da ich Theater spiele, habe ich sehr offene Freunde, die einfach auch Mitgefühl haben. Das ist jetzt auch wieder provokativ, weil die anderen Menschen das natürlich auch haben, aber meine Freunde haben Mitgefühl, sie sehen was und sie handeln. Und nicht: Ich sehe es, finde, dass es blöd ist, glaube aber, wenn ich allein was mache, dann bringt das nichts. Obwohl es ja genau da anfängt. Wenn jeder denken würde, wenn ich was mache, dann bringt das was, dann würde die Welt ganz anders aussehen.
Du hast vorhin angedeutet, das Theaterspielen macht auch was mit deiner Persönlichkeit …
Ja, ich habe vor fünf oder sechs Jahren angefangen, Theater zu spielen. Davor war ich eher introvertiert und schüchtern. Wenn jemand was gesagt hat, dann habe ich das halt gemacht, habe alles geglaubt. Durch das Theater bin ich viel offener geworden, und ich habe meinen Körper besser kennengelernt und bin da auch noch dabei. Auch durch die ganzen Wörter, die man im Theater benutzt. Wörter zu finden, die meine Wünsche beschreiben oder wie ich mich fühle zu manchen Themen, und diese Wörter dann wieder zu benutzen. Wie ich mit Mitmenschen umgehe oder einfach im Miteinander mit Menschen helfend umzugehen. Obwohl ich es noch nie aus der Perspektive gesehen habe, kann mir das Theaterspielen sicher auch helfen, mir politisch ein Wort zu schaffen. Ich glaube, dass es den Menschen einfach guttut, mehr über sich kennenzulernen. Ich habe auch das Gefühl, dass ich, obwohl ich auch sehr stur sein kann, durch das Theaterspielen viel kritikfähiger geworden bin. Obwohl ich noch viel Raum nach oben habe, glaube ich, dass ich vor dem Theaterspielen nicht so selbstkritisch war und manches eher persönlich genommen habe.
Du hast auch politisches Interesse entwickelt durch das Theaterspielen?
Ja. Ich glaube, Interesse entwickeln an Politischem muss klein anfangen: bei jedem einzelnen Menschen. Bei sich, dass man merkt, dass man als Mensch was verändern kann. Weil, wenn ich das Gefühl habe, ich kann sowieso nichts verändern, dann ist es ganz egal, ob es einen Jugendrat gibt oder dass man wählen kann. Man muss einfach die Jugend dazu ermutigen, dass sie etwas verändern kann und dass ihre Ideen gehört werden. Manchmal habe ich das Gefühl, die Ideen der Jugend werden als naiv abgestempelt oder: »Der hat noch nicht den Breitblick dafür« oder: »Weil ich so viel mehr Lebenserfahrung habe, weiß ich das besser«. Ich glaube, man sollte das Gegenteil machen und nicht