Bei CCT baut eine Reihe von Meditationen aufeinander auf, was in »aktivem Mitgefühl« oder tibetischer Tonglen-Meditation gipfelt. In der traditionellen Tonglen-Praxis nehmen die Meditierenden das Leiden der anderen mit dem Atem in sich auf, stellen sich vor, wie es sich im eigenen strahlenden Herzen auflöst, und atmen dann Mitgefühl für die Leidenden aus. Tonglen wurde für MSC adaptiert als Meditation des Aussendens und Annehmens von Mitgefühl, bei der Mitgefühl sowohl eingeatmet als auch ausgeatmet wird – »einatmen für mich und ausatmen für dich«. Sowohl die Tonglen-Meditation als auch die Meditation »Aussenden und Annehmen von Mitgefühl« geben den Meditierenden das Gefühl, Leiden und Mitgefühl ein- und auszuatmen, auch wenn die Meditationen unterschiedliche Schwerpunkte haben. Beide Meditationen weichen auch die Vorstellung von einem getrennten Selbst auf und fördern die Erfahrung gemeinsamen Menschseins.
Die Forschung hat die positiven Auswirkungen von CCT belegt. Eine randomisierte kontrollierte Studie (Jazaieri et al., 2013) ergab, dass unter CCT bei den Teilnehmenden (im Vergleich mit einer Wartelistenkontrollgruppe) bestimmte Vorbehalte und Ängste, anderen Mitgefühl entgegenzubringen und von anderen Mitgefühl zu empfangen, abnahmen und auch die Angst vor Selbstmitgefühl zurückging. CCT steigerte auch das Selbstmitgefühl (15 Prozent). Bei der Untersuchung des gleichen Samples fanden Jazaieri und Kollegen (2014) heraus, dass die Teilnahme an CCT im Vergleich zur Kontrollgruppe Achtsamkeit und Glücksempfinden steigerte und Sorgen sowie das Unterdrücken von Gefühlen verringerte. In beiden Analysen stand der Umfang der formellen Meditationspraxis in direktem Bezug zu den Verbesserungen.
Zwei weitere Studien untersuchten dasselbe Sample von CCT-Teilnehmenden. Jazaieri und Kollegen (2016) kontaktierten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen im Laufe des neunwöchigen CCT-Programms zweimal täglich, um festzustellen, wie oft sie gedanklich zu angenehmen, neutralen oder unangenehmen Themen abschweiften, und um fürsorgliches Verhalten zu bewerten, das die Teilnehmenden sich selbst oder anderen entgegenbrachten. Die Ergebnisse zeigten, dass Mitgefühlsmeditation das gedankliche Abschweifen zu neutralen Themen reduzierte und fürsorgliches Verhalten gegenüber sich selbst förderte. Eine Pfadanalyse zeigte außerdem, dass häufigeres Praktizieren der Mitgefühlsmeditation in Relation zu abnehmender gedanklicher Beschäftigung mit unangenehmen Themen und zunehmender gedanklicher Beschäftigung mit angenehmen Themen stand, was beides zu einer Zunahme des fürsorglichen Verhaltens gegenüber sich selbst und anderen führte. Jazaieri und Kollegen (2018) fanden heraus, dass Menschen, die an CCT teilnahmen, auch negative psychische Zustände wie ängstliche Anspannung oder Stress besser akzeptieren konnten und sich im Laufe der Zeit innerlich ruhiger fühlten.
Eine zweite randomisierte kontrollierte CCT-Wartelistenstudie wurde in Chile durchgeführt (Brito-Pons, Campos und Cebolla, 2018). Im Vergleich mit der Wartelistenkontrollgruppe zeigten die CCT-Teilnehmer signifikant verbesserte Ergebnisse in Bezug auf Mitgefühl: Zunahme des Selbstmitgefühls (28 Prozent), der empathischen Fürsorglichkeit, des Mitgefühls für andere und der Identifikation mit der gesamten Menschheit sowie eine Zunahme der Lebenszufriedenheit, des Glücksempfindens, der Achtsamkeit und eine Verringerung von depressiven Symptomen, Stress und persönlichem Leiden. Und schließlich ergab eine CCT-Pilotstudie mit medizinischen Fachkräften (Scarlet, Altmeyer, Knier und Harpin, 2017) signifikante Verbesserungen im Hinblick auf das Selbstmitgefühl der Teilnehmenden (16 Prozent), die Angst vor Mitgefühl, Achtsamkeit und das Ausmaß zwischenmenschlicher Konflikte am Arbeitsplatz. Zusätzlich deuteten die Ergebnisse auf marginal signifikante Verbesserungen der selbst eingeschätzten Zufriedenheit im Job hin. Zusammenfassend legen diese Studien nahe, dass CCT, obwohl in erster Linie auf die Entwicklung von Mitgefühl für andere ausgerichtet, auch das Wohlbefinden der Person steigert, die Mitgefühl praktiziert.
Cognitively-Based Compassion Training (CBCT)
CBCT wurde ursprünglich von Lobsang Tenzin Negi, einem ehemaligen tibetischen Mönch, an der Emory University entwickelt, um Stresssymptome bei Studenten zu behandeln (Reddy et al., 2013). CBCT ist eine säkularisierte Form der tibetischen Lojong-Praxis, die darauf abzielt, rein selbstbezogenes Denken zu reduzieren und fürsorgliches Verhalten und Rücksichtnahme gegenüber anderen zu fördern. Die Einführungssitzungen sind bei CBCT der Stabilisierung der Aufmerksamkeit und der Offenheit für die Erfahrung des Moments (Achtsamkeit) gewidmet. Danach werden analytische Meditationen in vier Modulen gelehrt: Selbstmitgefühl, gemeinsame Erfahrung des Menschseins, Interdependenz, Wertschätzung und Zuneigung sowie empathische Fürsorglichkeit und engagiertes Mitgefühl (Negi, 2009, 2016; Ozawa de Silva und Dodson-Lavelle, 2011). Die analytischen Module befassen sich mit kritischem Denken, um automatische emotionale und behaviorale Reaktionen zu untersuchen, die irreführend und schädlich für einen selbst und andere sein können. Das Wahrnehmen und Verstehen dieser Muster, das durch die verbesserte Aufmerksamkeitsstabilität unterstützt wird, ermöglicht es den Teilnehmenden, kognitive Einsichten sowie prosoziale Gefühle (wie Dankbarkeit und Freundlichkeit) gegenüber sich selbst und anderen aufrechtzuerhalten. Selbstmitgefühl wird in der CBCT als gesunde Motivation verstanden, realistische und positive Einstellungen zu schwierigen Lebensumständen zu entwickeln.
Um die Wirksamkeit von CBCT zu untersuchen, wurden mindestens neun randomisierte kontrollierte Studien durchgeführt. So untersuchten Gonzalez-Hernandez und Kollegen (2018) die Auswirkungen von CBCT bei Brustkrebsüberlebenden und stellten fest, dass CBCT das Selbstmitgefühl erhöht (17 Prozent) und den durch die Angst vor einem Rückfall verursachten Stress mildert. LoParo, Mack, Patterson, Negi und Kaslow (2018) untersuchten CBCT unter Afroamerikanerinnen, die Suizidversuche unternommen hatten, und fanden heraus, dass das Selbstmitgefühl im Vergleich zu einer Peer-Support-Kontrollgruppe signifikant zunahm (8 Prozent).
Dodds und Kollegen (2015) stellten fest, dass CBCT bei Frauen mit Brustkrebs die Achtsamkeit und das körperliche Wohlbefinden steigerte und funktionelle Störungen, Vermeidungshaltung und Fatigue im Vergleich mit einer Wartelistenkontrollgruppe verringerte. Mascaro und Kollegen (2018) fanden heraus, dass CBCT bei Medizinstudenten zu mehr Mitgefühl und besserer Alltagsbewältigung führte. Verglichen mit einer Wartelistenkontrollgruppe, berichteten die Studenten, die der CBCT-Gruppe nach dem Zufallsprinzip zugeordnet worden waren, von mehr Mitgefühl und weniger Gefühlen der Einsamkeit und Depression. Die das Mitgefühl betreffenden Veränderungen waren am deutlichsten bei Personen, die zu Beginn der Studie von hohen Depressions-Levels berichtet hatten, was darauf hindeutet, dass diejenigen, die am meisten in Not sind, auch am meisten von CBCT profitieren, weil es die Verbindung zwischen persönlichem Leiden und einer damit einhergehenden Verringerung von Mitgefühl unterbricht.
Andere CBCT-Studien mit Heranwachsenden in Betreuungseinrichtungen ergaben, dass die Zeit des Praktizierens mit einer Abnahme von Entzündungsmarkern (Konzentration des C-reaktiven Proteins [CRP] im Speichel; Pace et al., 2013) und mit einer Zunahme hoffnungsvoller Gefühle (Reddy et al., 2013) assoziiert war. Schließlich verbesserte CBCT die Ergebnisse (im Vergleich mit einer Kontrollgruppe) hinsichtlich erhöhter Einfühlsamkeit und damit verbundener neuronaler Aktivität (Mascaro, Rilling, Negi und Raison, 2013). Zusammengenommen weisen diese Ergebnisse darauf hin, dass CBCT eine wirksame Methode zur Steigerung des Mitgefühls und Verbesserung der psychischen und physischen Gesundheit ist.
Mindfulness-Based Compassionate Living (MBCL)
MBCL wurde von zwei wegweisenden Achtsamkeitslehrern – dem Psychiater und Psychotherapeuten Erik van den Brink und dem Meditationslehrer Frits Koster – in einem Zentrum für psychische Gesundheit in den Niederlanden entwickelt, um Klienten zu unterstützen, die von der Achtsamkeitspraxis profitierten, aber auch die Notwendigkeit verspürten, eine freundlichere und mitfühlendere Haltung gegenüber sich selbst zu entwickeln. Das Programm wird zunehmend einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und ist als Vertiefungskurs für Teilnehmende gedacht, die bereits mit der Achtsamkeitspraxis vertraut sind – vorzugsweise durch die Teilnahme an einem Kurs in MBSR, MBCT oder dergleichen.
MBCL ist eine einzigartige Mischung aus westlicher und buddhistischer Psychologie, die