Im Liberalen Intergouvernementalismus ist dieser stufenweise Prozess der Effizienz europäischer Entscheidungen geschuldet und der Möglichkeit nationaler Regierungen, durch gemeinsame Politik auf europäischer Ebene gegenüber nationalen politischen Akteuren mehr Spielraum zu erlangen bzw. politische Verantwortung in unliebsamen Fragen zu delegieren.
2.3 Zusammenfassung und Literatur
Das Wichtigste in Kürze: Historische Grundlagen
Kernmotiv der europäischen Integration war der gemeinsame Markt. Als Kernprinzipien dieses Gemeinsamen Marktes fungierten die vier Grundfreiheiten (Warenverkehr, Personen, Dienstleistungen, Kapital). Wenn Waren, Personen und Dienstleistungen an der Grenze nicht halt machen sollen, dann brauchte es über kurz oder lang eine Überwindung der physischen Grenzen, die bisher an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten die Ein‑ und Ausreise von Personen und Waren kontrollierten. Eine solche Abschaffung der Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten führte dazu, dass die Außengrenzen einzelner Mitgliedstaaten zu Außengrenzen aller Mitgliedstaaten des Wirtschaftsraums wurden. Daraus erwuchs eine funktionale wie politische Notwendigkeit zur Übereinkunft über Krtierien bei Grenzschutz, Einreise- und Asylgewährung.
Die Grenz‑ und Asylpolitik wuchs aus diesen Wirkungszusammenhängen im Zuge der Schengener Kooperation in den Rechtskorpus der Europäischen Union hinein. Mit dem Ziel der Personenfreizügigeit im Gemeinsamen Markt gab es bereits seit den Gründungsverträgen von (1958) ein Vertragsziel, das die Abschaffung der Grenzkontrollen an den Grenzen der teilnehmenden Staaten anvisierte. Doch erst mit der Unterzeichnung des Schengener Abkommens im Juni 1985 wurde dieses Ziel Wirklichkeit. Zunächst schafften Deutschland, Frankreich und die Benelux-Staaten die Kontrollen an ihren gemeinsamen Grenzen 1995 ab. Dadurch entwickelte sich ein gemeinsamer Raum ohne Binnengrenzen mit gemeinsamen Außengrenzen, weshalb Absprachen zum Umgang mit Einreise, Kurzaufenthalten und Asylfragen notwendig wurden. So entstanden Folgeabkommen, wozu das Dubliner Übereinkommen von 1990 zählte, das die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für Asylanträge regelte und dessen Kriterien im Kern bis heute fortgeführt werden.
Der Vertrag von Maastricht (1993) überführte erste innen‑ und justizpolitische Bereiche in das Gemeinschaftsrecht und definierte Asylpolitik als gemeinsames Interesse. Mit dem Vertrag von Amsterdam (1999) wurden zum ersten Mal konkrete Mandate zur Rechtsetzung in der europäischen Innen- und Justizpolitik formuliert. Der Vertrag von Lissabon (2009) bestätigte dieses Mandat durch eine Ausweitung der Aufträge zur Rechtsetzung durch die europäischen Organe in den Bereichen Grenze, Asyl und Einwanderung.
Literatur zum Weiterlesen:
Zur europäischen Integrationsgeschichte:
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WEIDENFELD, WERNER. 2013. Die Europäische Union: Akteure, Prozesse, Herausforderungen (München: Fink).
Zur Einführung in Theorien europäischer Integration:
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Zur Einführung in europäische Politikprozesse:
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CINI, MICHELLE und NIEVES PÉREZ-SOLÓRZANO BORRAGÁN (HRSG.). 2019. European Union Politics, 6. Auflage (Oxford: Oxford University Press).
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Schengenraum – Geschichte und Politik:
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PEERS, STEVE. 2013. The Future of the Schengen System (Stockholm: Sieps).
ZAIOTTI, RUBEN. 2011. Cultures of Border Control: Schengen and the Evolution of Europe’s Frontiers (Chicago: University of Chicago Press).
Fachzeitschriften mit aktuellen Publikationen zum Thema:
European Constitutional Law Review, European Journal of Political Research, European Law Journal, European Societies, integration, Journal of Common Market Studies, Journal of Contemporary European Research, Journal of European Integration, Journal of European Integration History, Journal of European Public Policy, West European Politics
3 Grenzpolitik der Europäischen Union
Eine Grenzpolitik der Europäischen Union gibt es streng genommen nicht, weil die Europäische Union nicht über die ausschließliche Zuständigkeit in der Grenzpolitik verfügt. Die GrenzpolitikGrenzpolitik zählt zur Innenpolitik eines Landes. Auf europäischer Ebene wird dieser Politikbereich mit der Umschreibung Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bezeichnet. Im Vertrag von LissabonVertrag von Lissabon (2009) wird der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts als ein politischer Hauptbereich bezeichnet, in dem sich die Europäische Union die Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten teilt (Art. 4 Abs. 2 lit. j. AEUV).
Bei geteilter Zuständigkeit agieren die europäischen Institutionen nur insoweit es die Vertragsziele vorgeben bzw. politische Ziele im Politikbereich nur durch europäische Standards verwirklicht werden können. Hier greift das SubsidiaritätsprinzipSubsidiarität:
„Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.“ (Art. 5 Abs. 3 EUV)
Die genauen Ziele zur Erreichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des RechtsRaum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts werden im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Art. 67 genannt:
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