Ann: Weiß ich auch nicht, wo die Antwort doch eh immer die gleiche is. Mitleid wahrscheinlich.
Ritschi: Na danke, du bist echt aufbauend. Geh, schleich di zu dein Termin. I halt da die Daumen, dass dem Establishment verfallst. Irgendwer muaß die Miete ja zahln.
Ann: Bin schon weg.
Ann zieht sich rasch etwas über und die Schuhe an und verlässt die Wohnung. Ritschi kaut weiter an seiner Semmel und murmelt etwas wie "halt sie wohl für was bessers" in das Gebäck. Robert ist im Bad fertig und gesellt sich im Bademantel zu Ritschi. Lässt sich schwer auf einen Sessel am Frühstückstisch niederplumpsen.
Robert: Biiitte, an Kaffee. I packs ned, i hab an Schädel wia a Kraterlandschaft.
Ritschi: (Schenkt ihm einen Kaffee ein) Wo warst denn leicht?
Robert: Eh nur im Stammbeisl. Um Mitternacht fallt dem Wirt'n auf amol ein, er hat Geburtstag. Mehr brauchst ned. Der Tequila ist geflossen und i bin verfolln. Frag mi ned, wia i hamkumman bin. Totalabsturz.
Ritschi: Na, is eh erst der vierte in dem Monat.
Robert: Was solln des jetzt heißen?
Ritschi: Das du am besten Weg nach Kalksburg(2) bist, wennst so weitermachst.
Robert: Oasch!(3) I hab alles unter Kontrolle.
Ritschi: Besonders die Totalabstürze, vermute ich.
Robert: Sag mal, nervt di irgendwas? Du bist voll ätzend.
Ritschi: Die Ann, wennst es wissen willst. Behandelt mich wie einen Vollidioten. Voll im Stress, das Fräulein, wichtige Termine. Sie wird nämlich Werbetexterin. Außerdem hab i heit no nix graucht.
Steht auf und verschwindet kurz in seinem Zimmer. Zurück am Frühstückstisch, breitet er alle nötigen Utensilien aus: lange Papers, Bauschale, Zigaretten, eine halb zerrissene Visitenkarte, Feuerzeug und ein Stück Dope. Beginnt einen Joint zu bauen.
Robert: Du schimpf mi no amol Alkoholiker. Mit dein Zeig bist a ned bessa. I fang wenigstens den Tag ned mit Saufn an.
Ritschi: Dafür heast mit Aspirin auf und ich mit süßen Träumen.
Schnitt. Dieselbe Einstellung, mehr als zwei Stunden später. Ritschi zieht gerade an einem Gerät (4) , ein Blick auf den Aschenbecher zeigt zwei weitere typische Stummel. Robert macht einen ersten zaghaften Schluck aus einer Bierflasche. Die Tür geht auf – Ann ist zurück.
Ann: Hey Jungs. Na, schon wieder fleißig bei der Arbeit?
Robert lässt beinahe die Bierflasche fallen, die recht wackelig am Tisch landet. Ritschi bekommt einen Hustenanfall.
Robert: Was machstn du schon wieder da? Gefeuert vor der Einstellung?
Ann: Ganz im Gegenteil – erster Auftrag auf Honorar!
Ritschi: Na, dem musst es ja ordentlich besorgt haben.
Ann: Sicher. Der Personalchef ist zuletzt am Hundehalsband vor mir herumgekrochen und hat darum gefleht, dass ich ihm meine Absätze in den Hintern schieb. Wofür hältst du mich eigentlich, Dauerbedröhnter? Ich hab Textproben hergezeigt und er war voll angetan. Hat gemeint, wir sollten es mal versuchen.
Robert: Und was wird's? Ein Sprücherl für den Blindenverband? Oder sollst die Massen ins Brigittenauer(5) Hallenbad locken?
Ann: (plötzlich etwas zögerlich) Ähh – na, ned so was.
Ritschi: Na was dann? Sag schon. Uns fallt sicher was ein.
Ann: Es geht um Spielzeug.
Robert: Und zwar? Was lasst dir denn auf amol alles so aus der Nasn ziagn?
Ann: Tiviblubbies.
Ritschi und Robert schauen sie groß an, dann einander, dann wieder sie. Gleichzeitig prusten sie los.
Robert: Die gehirnamputierten Kleinkindverblöder? Und was sollst du da machen?
Ann: Sie brauchen einen Liedtext für ein Kinderfest, bei dem es Stoffblubbies zu gewinnen gibt. Ja, lachts nur. Ist immerhin ein Anfang.
Ritschi: (singt) Stinki, Gaga, Tiviblubbie, ooh.
Ann: Frau merkt gleich, du bist Experte. Ich komm darauf zurück. Jetzt mach i mi ans Werk.
Ann geht ab in ihr Zimmer; Robert und Ritschi bleiben sichtlich amüsiert am Küchentisch sitzen.
Ritschi: Die meints richtig ernst. Die Karriere ist nicht aufzuhalten.
Robert: Ja, nach dem Start kanns ja wohl nur mehr aufwärts gehen.
Ritschi: Als Nächstes darf sie dann schon die Tischkarten für den nächsten Firmenempfang verfassen.
Robert: Böse, böse. Aber i sag dir eins – a bissl a Kohle wär nicht schlecht. Mei Brieftaschen besteht nur noch aus Zwiebelleder(6). Wie geht's'n dir damit?
Ritschi: So ähnlich. Seit i nur mehr rauch und nix mehr vercheck(7), bin i chronischer Negerant(8).
Robert: Fangst halt wieder an.
Ritschi: Na, is ma zu riskant. In Zeiten wie diesen häng i mi ungern aus'n Fenster. Die blede G'schicht is nur: I kann eigentlich nix anders als verchecken.
Robert: Dann müss ma das Produkt wechseln. Du bist der Verkäufer, ich schaff die Kundschaft heran. Dope zieht immer noch am besten, nur legal muss halt sein.
Ritschi: I glaub i waß, wo des hinführt ...
Szenenwechsel: Einige Tage später befinden wir uns auf der Donauinsel (9) , wo eine Freiluftbühne aufgebaut ist; der kitschig-bunten Farbdekorierung zufolge offensichtlich für Kinder, welche sich denn auch in großer Zahl vor der Bühne versammelt haben. Dahinter stehen einige Erwachsene. Ein clownesk gekleiderter Mann hüpft auf der Bühne herum und gibt ein Lied zum Besten. Der Refrain: Tiviblubbies, gelb und rot, stehn zur Seite in der Not. Tiviblubbies, grün und blau, machen uns ganz superschlau.
Den Kindern scheint das Lied zu gefallen, denn sie krähen den Refrain begeistert mit. Der Gesichtsausdruck der Eltern weist eher ins Schmerzliche. Etwas abseits sieht man Ann, sehr sommerlich-luftig gekleidet, die die Szene mit einer Mischung aus Skepsis und Zufriedenheit betrachtet. Neben ihr steht ein etwas älterer, geschäftsmäßig gekleideter Herr, der Personalchef, der wiederum Ann mit einiger Zufriedenheit betrachtet.
Schnitt. Die Kamera zeigt Robert und Ritschi in einiger Entfernung der obigen Szenerie, die im Hintergrund zu erkennen ist. Ritschi hat einen Bauchladen umgehängt, der schier überquillt mit Süßigkeiten aller Art. Robert kämpft mit dem Gewicht von zwei schweren Kühltaschen. Die beiden nähern sich zielstrebig dem Ort der Tiviblubbie-Verherrlichung.
Dort ist das Lied in der Zwischenzeit verklungen und der Entertainer kündigt die große Verlosung der Stoffblubbies an. Mitten in seine Erkärung des Prozedere mit Freiwilligen, die sich auf der Bühne einem Tiviblubbie-Quiz stellen müssten, ertönt plötzlich eine sehr laute Stimme.
Robert: (im Stile eines Marktschreiers) Kalte Getränke, kalte Getränke. Bier, Cola, Apfelsaft, bald habt ihr wieder neue Kraft.
Ritschi: