Die Akzessorietät des Wirtschaftsstrafrechts. Markus Wagner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Markus Wagner
Издательство: Bookwire
Серия: Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811443020
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(und damit auch anderen sozialen Systemen wie Wirtschaft und Politik) nicht kommunizieren kann.[30] Nur innerhalb des Rechtssystems kann die kommunikative Entscheidung über „Recht“ oder „Unrecht“ getroffen werden. Lediglich eine kognitive Offenheit des Rechtssystems ist gegeben, die es dem Recht zwar ermöglicht, seine Umwelt zu beobachten; es kann sich aber gerade nur in seinen eigenen Kategorien ausdrücken.[31]

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      Eine solche Betrachtungsweise würde den Akzessorietätsgedanken auf den ersten Blick – jedenfalls in Bezug auf die Akzessorietät des Rechts zur Wirklichkeit – im Keim ersticken. Allerdings werden die soeben geschilderten Ausgangsgedanken des systemtheoretischen Ansatzes auch durch die Systemtheoretiker selbst relativiert. Die diesbezüglichen Modelle der beiden wichtigsten Vertreter der Systemtheorie in Deutschland seien im Folgenden vorgestellt:

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      Bei der näheren Betrachtung dieses Konzepts drängt sich der Gedanke der Differenzierung nach Rechtssetzungs- und Rechtsanwendungsphase auf: Während sich operative Koppelungen vor allem im Bereich der Rechtsanwendung (nicht zwangsläufig im Sinne einer gerichtlichen oder Verwaltungsentscheidung, sondern im Sinne einer – auch abstrakten – einzelfallbezogenen Subsumtion) abspielen – es geht um Einzelereignisse, die in mehreren Systemen Operationen auslösen –, spielen die strukturellen Koppelungen vor allem im Bereich der Rechtssetzung eine Rolle, wo auf gesellschaftliche (im Sinne der Systemtheorie: Umwelt-)Veränderungen durch eine Anpassung der Rechtslage reagiert werden kann (z.B. durch die Regelung des Umgangs mit einer neuentdeckten Technologie).

      Im Einzelfall mittels operativer Koppelung reaktionsfähig zu sein, setzt daher das Vorhandensein einer strukturellen Koppelung voraus. Die im Einzelereignis gekoppelte Operation stellt lediglich eine Konkretisierung bzw. Umsetzung der strukturellen Koppelung der Systeme dar.

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      Ein Zugang außerrechtlicher Vorgänge in das Rechtssystem hinein erfolgt also über den „Umweg“ des Gesamtsystems Gesellschaft. Vorkommnisse in einem Subsystem der Gesellschaft haben zwangsläufig Auswirkungen auf das gesamtgesellschaftliche System, was wiederum auf die anderen Subsysteme – und folglich auch auf das Rechtssystem – durchschlägt bzw. zumindest durchschlagen kann.

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      Ein zweiter Einwand ergibt sich seitens der Verfassung: Gemäß Art. 20 Abs. 3 GG sind „die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung […] an Gesetz und Recht gebunden“; die Richter sind „dem Gesetze unterworfen“ (Art. 97 Abs. 1 GG). Diese Formulierungen legen den Schluss nahe, dass jedenfalls in der Phase der Rechtsanwendung eine Heranziehung außerrechtlicher Umstände zur Rechtsfindung unzulässig sein könnte.

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