Klausurenkurs im Bürgerlichen Recht II. Ulrich Falk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ulrich Falk
Издательство: Bookwire
Серия: Schwerpunkte Klausurenkurs
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811492714
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den Formmangel kannten. GF hat L sogar explizit auf die Nichtigkeit hingewiesen. Auf der anderen Seite war L zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch erfüllungsbereit und hat GF unter Hinweis auf seine adelige Abstammung die Erfüllung des formungültigen Vertrags ausdrücklich zugesichert und auf der Nichtbeurkundung bestanden.

      Ergänzender Hinweis:

      Wie bereits in der Vorbemerkung erwähnt, wurden vergleichbare Konstellationen in der Rechtsprechung unterschiedlich entschieden. Der Sachverhalt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist in den wesentlichen Punkten identisch mit dem des Reichsgerichts. In der RG-Entscheidung berief sich der Beklagte auf seine adelige Abstammung, in der BGH-Entscheidung verwies das beklagte Unternehmen auf seine Bedeutung und sein Ansehen, mithin seine kaufmännische Ehrbarkeit. In beiden Fällen räumte somit der eine Vertragsteil seinem Wort ein besonderes Gewicht ein und sagte dadurch in besonders nachdrücklicher Weise die Erfüllung des an sich formnichtigen Vertrags zu. Er versicherte damit explizit, sich nicht auf die Unwirksamkeit zu berufen.

      Es spricht deshalb einiges dafür, bereits das schutzwürdige Vertrauen der GmbH zu verneinen. Ein wirksamer Vertrag ist dann zu verneinen und die GmbH könnte allenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen (vgl. hierzu den weiteren Lösungsweg unter II.).

      c) Erforderlichkeit

      Bejaht man dagegen – auch das ist vertretbar – ein schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten der GmbH, so fragt sich, ob ein Rückgriff auf § 242 BGB erforderlich ist.

      aa) Erfordernis der Rechtsprechung: Schlechthin untragbares Ergebnis

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      Hinweis zum Aufbau:

      Hier stellt sich für die Studierenden ein Problem, das im Gutachtenaufbau begründet liegt. Anders als die Rechtsprechung kann man in der Klausurlösung nicht bei den Ansprüchen aus culpa in contrahendo beginnen, sondern muss mit den Ansprüchen aus Vertrag anfangen. Falllösungstechnisch bieten sich nun zwei Wege an: Entweder können inzident die Voraussetzungen der culpa in contrahendo geprüft werden. Oder man fährt mit der Prüfung des vertraglichen Anspruchs ohne Inzidentgutachten fort. Für Letzteres bietet sich das folgende Argument an: Ansprüche aus culpa in contrahendo richten sich im Allgemeinen auf das negative Interesse. Liegt im vorliegenden Fall jedoch ein schlechthin untragbares Ergebnis vor, so ist das Rechtsgeschäft als gültig zu behandeln und es besteht ein Erfüllungsanspruch. Ein Schadensersatzanspruch lässt das berechtigte Interesse somit nicht entfallen. Dieser zweite Weg erscheint vorzugswürdig, da das Gutachten dann nicht verschachtelt aufgebaut werden muss (vgl. zum Anspruchsinhalt bei culpa in contrahendo aber auch die weitere Falllösung unter II).

      bb) Fallgruppenbildung in der Literatur

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      (1) Arglist

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      Genau so liegt aber der vorliegende Fall: L hielt GF zwar absichtlich von der Wahrung der Form ab, handelte dabei aber nicht arglistig, da er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfüllen und sich nicht auf den Formmangel berufen wollte.

      (2) Schwere Treuepflichtverletzung

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      Im vorliegenden Fall könnte eine Treuepflichtverletzung darin bestehen, dass L den Formmangel unter Hinweis auf seine adelige Abstammung verursacht hat. Statt sich an sein eigenes Versprechen zu halten, beruft er sich später auf die Formnichtigkeit. Damit nimmt er aber nur das Recht wahr, das ihm § 125 BGB einräumt. Sein Motiv hierfür bildet das unerwartete Vermächtnis, das die wirtschaftliche Notwendigkeit für den Verkauf des sich seit mehreren Jahrhunderten im Familienbesitz befindlichen Anwesens entfallen lässt. Damit hatte L ein schwerwiegendes ideelles Interesse, das für ihn den Ausschlag gab, sich schließlich doch auf den Formmangel zu berufen. Auf der anderen Seite könnte es fraglich sein, ob sich L gerade auf dieses ideelle Interesse stützen darf, gab er doch durch sein vorhergehendes Verhalten zu verstehen, dass ihm viel an dem ebenfalls ideellen Wert seiner Ehre gelegen ist. Mit guter Argumentation kann an dieser Stelle beides vertreten werden.

      (3) Existenzgefährdung

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