Grundzüge des Rechts. Thomas Trenczek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Trenczek
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846387269
Скачать книгу
zu tragen haben (diese Verantwortung wird i. d. R. als Zuständigkeit bezeichnet, hierzu III-1.2.1). Dies ist grds. eine juristische Person des Öffentlichen Rechts. Juristische Personen sind ein Zusammenschluss von natürlichen Personen oder Sachmitteln, der als solcher Träger von Rechten und Pflichten sein kann (vgl. II-1.1). Im Hinblick auf die nach dem Öffentlichen Recht gebildeten juristischen Personen unterscheidet man drei Formen (grundlegend zur deutschen Verwaltungsorganisation Wolff / Bachof 2010, Kap. 79 ff.):

      Körperschaften

      ■ Körperschaften des Öffentlichen Rechts sind in der Regel Verwaltungseinheiten mit einer auf Mitgliedschaft beruhenden, aber vom Wechsel der Mitglieder unabhängigen Organisation zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Bund, Länder und Gemeinden sind sog. Gebietskörperschaften (räumliche Zuordnung der Mitglieder); die Hochschulen, die Handwerkskammern und Kammern der freien Berufe sowie die IHKs und die Sozialversicherungsträger (s. u.) sind sog. Personalkörperschaften (personale Zuordnung) auf Bundes- oder Landesebene. Körperschaften des Öffentlichen Rechts besitzen sowohl ein gewähltes Entscheidungsgremium, in dem die Mitglieder vertreten sind (z. B. Rat der Gemeinde; Vertreterversammlung bzw. Verwaltungsrat des Sozialversicherungsträgers, § 31 SGB IV; Senat der Hochschulen) als auch ein Exekutivorgan (z. B. Bürgermeister, Vorstand der Krankenkasse bzw. Deutschen Rentenversicherung, Rektor der Hochschule).

      Anstalten

      ■ Anstalten des Öffentlichen Rechts sind rechtlich oder organisatorisch verselbstständigte Einrichtungen mit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung von Dauer, zu deren Erledigung sie mit personellen und sächlichen Ressourcen ausgestattet und auf Benutzer ausgerichtet sind; z. B. Deutsche Bundesbank und Landesbanken, Deutsche Welle und Rundfunkanstalten der Länder, Studentenwerke, Sparkassen der Kommunen. Nicht dazu gehören nicht rechtsfähige Einheiten, z. B. Schulen oder kommunale Krankenhäuser, deren Rechtsträger die Kommune als Gebietskörperschaft ist. Entsprechendes gilt auch für die Landeskrankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft der Bundesländer. Mittlerweile können diese aber in einigen Bundesländern (z. B. in Rheinland-Pfalz) (begrifflich verwirrend) auch als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben werden, häufiger geschieht dies allerdings in privatrechtlichen Rechtsformen (z. B. GmbH).

      Stiftungen

      ■ Stiftungen des Öffentlichen Rechts sind mit Rechtsfähigkeit ausgestattete Organisationen mit dem Zweck der Verwaltung eines Bestandes an Vermögenswerten, bei denen es sich um Kapital- und Sachgüter handeln kann (z. B. im Bund: Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Stiftung Mutter und Kind, Länderstiftung: Berliner Philharmoniker). Das Begabtenförderungswerk „Studienstiftung des deutschen Volkes“ ist entgegen seines Namens privatrechtlich als eingetragener Verein (hierzu II-1.1.1) organisiert. Der Staat kann Stiftungen auch nach privatrechtlichen Regelungen errichten (z. B. Volkswagenstiftung in Niedersachsen), für die aber mitunter andere Regelungen gelten („Verwaltungsprivatrecht“, 1.1.4) als für andere privatrechtliche Familien- oder Unternehmensstiftungen (z. B. Carl-Zeiss-Stiftung).

      Sozialverwaltung

      Alle organisatorischen Einheiten (Einrichtungen, Dienste, Veranstaltungen), die die im SGB geregelten Aufgaben erledigen (zum Sozialrecht vgl. III), bilden die Sozialverwaltung. Hierbei folgt die Gliederung der Sozialverwaltung in Deutschland zwei Prinzipien: Das eine betrifft die Kompetenzaufteilung zwischen dem Bund und den Bundesländern (Föderalismus), das andere regelt die Gliederung und Organisation der staatlichen Verwaltung.

      Föderalismus

      Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Bundesstaat (Art. 20 Abs. 1 GG), also föderalistisch (bundesstaatlich) aufgebaut. Die 16 Bundesländer behalten ihre Staatlichkeit als Gebietskörperschaft und sind gleichzeitig zu einem gemeinsamen Staat auf Bundesebene (nicht Zentralstaat wie z. B. in den Niederlanden oder Frankreich mit nicht staatlichen Provinzen bzw. Départements) verbunden. Alle Staatsgewalten (Gesetzgebung, Exekutive und Rechtsprechung) und damit auch die Verwaltungsaufgaben sind zwischen Bund und Ländern aufgeteilt (vgl.Art. 30, Art. 70 ff., Art. 83 ff. GG), wobei Art. 30 GG eigentlich den Ländern den Vorrang einräumt. Durch die sog. Föderalismusreform (2006) wurde das Grundgesetz geändert und die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern neu verteilt, wobei die Länder über den Bundesrat weiterhin an der Gesetzgebung des Bundes mitwirken (s. I-1, Übersicht 3). Im Hinblick auf die Träger der öffentlichen Verwaltung unterscheidet man zunächst die Bundes- und Landesverwaltung (s. Übersicht 16).

      Der (teilweise populistisch vorgetragenen) Kritik am föderalen System (u. a. unterschiedliche Regelungen in den Ländern, z. B. im Bereich Schulausbildung; Dauerwahlkampf der Politik) stehen Vorteile gegenüber, insb. die (vertikale) Gewaltenteilung und Machtbalance, die Bewahrung regionaler Vielfalt, Orts- und Bürgernähe sowie der (politische) Wettbewerb zwischen den Ländern. Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 70 GG; vgl. 1.1.3.7) besteht allerdings nur noch in immer weniger Bereichen und es lässt sich gerade eine Tendenz zur zunehmenden Zentralisierung feststellen, insb. im Zusammenhang mit den aktuellen Planungen zur Neuregelung (ggf. Abschaffung) des Länderfinanzausgleichs (kritisiert als Aufkündigung der Solidarität „reicher“ Bundesländer) und der damit verbundenen Kompetenzverlagerungen (Aufhebung des sog. Kooperationsverbots, vgl. Art. 91b GG) auf den Bund. Zwar geht es zum einen um die (positive) Angleichung der Lebensverhältnisse und die (erhoffte) finanzielle Entlastung der Kommunen insb. im Bereich Schule und sonstiger Infrastruktur (z. B. Breitbandausbau). Die hierzu notwendige Verfassungsänderung wird andererseits ihren Preis haben: die Reform wird dem Bund mehr Einfluss und Kontrolle u. a. bei Bildungsangeboten, beim Ausbau der Infrastruktur und der Kontrolle von Finanzmitteln geben; befürchtet wird auch die schleichende Privatisierung von öffentlichen Mitteln (z. B. sog. Infrastrukturgesellschaft für die Bundesautobahnen).

images

      Ministerialverwaltung

      Nimmt der Staat (Bund oder die Länder) selbst Verwaltungsaufgaben durch eigene nachgeordnete Behörden wahr, spricht man von der sog.unmittelbaren Bundes- oder Landesverwaltung bzw. Ministerialverwaltung. Kennzeichen der unmittelbaren Staatsverwaltung ist deren hierarchisch gegliederter, zwei- bzw. dreistufiger Verwaltungsaufbau (Unter-[, Mittel-] und Ober- bzw. oberste Behörden; s. Übersicht 17).

      mittelbare Staatsverwaltung

      Nicht immer ist es zweckmäßig, wenn der Staat selbst alle Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Deshalb wurden – jeweils aufgrund von Gesetzen – juristische Personen des Öffentlichen Rechts geschaffen, die öffentliche Verwaltungsaufgaben selbstständig wahrnehmen und nur vom Staat beaufsichtigt werden. Soweit Verwaltungsaufgaben nicht unmittelbar vom Staat selbst, sondern dezentral durch juristische Personen des Öffentlichen Rechts übernommen werden, spricht man von der mittelbaren Staatsverwaltung (vgl. rechte Spalten der Übersicht 16) – entweder auf Grundlage eines Bundesgesetzes (vgl. Art. 83 Abs. 3 GG) oder eines Landesgesetzes (sog. mittelbare Landesverwaltung). Der Staat „verzichtet“ in diesen Fällen auf einen hierarchischen Verwaltungsaufbau und damit ein „Durchregieren“, sondern behält sich lediglich die Rechtsaufsicht vor (Kontrolle, ob das Recht richtig angewendet wird, hierzu 5.2.1). Auch wenn Art. 87 Abs. 2 GG von einer „bundesunmittelbaren Körperschaft“ spricht, ist damit gleichwohl ein Verwaltungsträger der mittelbaren Bundesverwaltung bezeichnet, z. B. die Bundesagentur für Arbeit (s. nachfolgend).

      Im Hinblick auf das Ausmaß der Einfluss- und Aufsichtsrechte des Staates (s. 5.2) spricht man also einerseits von unmittelbarer Staatsverwaltung (mit Rechts- und Fachaufsicht) und andererseits von der mittelbaren Staatsverwaltung (nur Rechtsaufsicht), wobei sich bei letzterer noch differenzieren lässt zwischen den gesetzlichen (Pflicht-)Aufgaben und den sog.