Einführung in die sonderpädagogische Diagnostik. Christoph Winkler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Winkler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846352861
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zu seiner Entfaltung nutzen kann.

      Im Rahmen von Kapitel sechs werden die Bedeutung von Förderplanung und wichtige Grundsätze der Förderplanung thematisiert. Insgesamt betrachtet wurde der Bedeutung aktueller Fragen und Problempunkte mehr Raum gegeben. Das Grundprinzip, so umfassend wie möglich in enger Vernetzung von Theorie und Praxis sachlich ausgewogen und kritisch-konstruktiv zu informieren, wurde beibehalten.

      Der wissenschaftliche Fokus liegt gewissermaßen am Puls einer veränderten und sich rasch weiterentwickelnden Wirklichkeit, die Bisheriges in Frage stellt und zu neuen Denk- und Handlungsprozessen anregt. Kinder und Jugendliche sollen lernen, mit dieser Welt umzugehen, in dieser Welt selbstständig zu handeln und damit Gestalter ihrer Welt sowie ihres zukünftigen Lebens zu werden. Erziehung und Bildung verlangen den Erfahrungsraum positiver menschlicher Zuwendung, der gegenseitigen Achtung sowie der Teilhabe vor allem im Hinblick auf Leben, Lernen und Lebensbewältigung – und nicht Ausgrenzung. Bildung des Menschen als Person und Mitglied der Gesellschaft fordert ganzheitliche Bildung, in der sich nicht nur die intellektuellen, sondern auch die emotionalen und sozialen Möglichkeiten mit Blick auf Personalisation (individuelle Entfaltung) und Sozialisation (erfülltes Leben in der Gesellschaft und Gemeinschaft) entwickeln können.

      München im April 2019 Konrad Bundschuh

      Vorwort zur ersten Auflage

      1 Motivation / Ausgangslage

      Während meines Studiums der Sonderpädagogik in München (1970 bis 1972) fiel mir auf, dass zu sonderpädagogisch-diagnostischen Problem- und Fragestellungen nahezu keine Literatur vorlag. Die sonderpädagogische Diagnostik war weder wissenschaftstheoretisch fundiert (ist es auch heute noch nicht), noch herrschte in der Praxis Klarheit über Ziele, Inhalte und Aufgabenbereiche.

      In der Zwischenzeit setzten sich mehrere Autoren – zumeist kritisch – mit diagnostischen Fragen im Bereich der Pädagogik, speziell der Sonderpädagogik auseinander. Diese Literatur beschäftigt sich jeweils mit Teilaspekten diagnostisch-förderdiagnostischer Fragestellungen, wie z. B. mit statistischen Problemen, Testtheorie, mit Tests speziell oder mit diagnostischen Problemen im Zusammenhang mit Lernbehinderten. Eine gründliche Diskussion praktischer Fragen erfolgte nicht.

      Immer wieder wurde ich von Studierenden aufgefordert und angeregt, meine Ausführungen der Vorlesung „Einführung in die sonderpädagogische Diagnostik“ zu publizieren. Deutlich wurde die Notwendigkeit, über diagnostische Fragen im sonderpädagogischen Bereich zu informieren bei Referaten und Diskussionen mit Wissenschaftlern und Praktikern.

      2 Ziele

      Es wird der Versuch unternommen, die Bereiche und Probleme sonderpädagogischer Diagnostik unter Einbezug einer kurzen Darstellung der geschichtlichen Entwicklung wissenschaftstheoretisch zu hinterfragen und zu diskutieren. In einem zweiten, stärker praxisorientierten Teil werden Probleme förderdiagnostischer Informationsgewinnung unter Einbezug und kurzer Vorstellung möglicher Verfahren behandelt. In einem dritten Teil soll eingeführt werden in die Problematik der „förderungsorientierten Gutachtenerstellung“, wobei eigene praktikable Lösungswege aufgezeigt werden. Insgesamt gesehen soll die Schrift mit der Intention einer möglichst engen Verknüpfung von Theorie und Praxis über diagnostische Probleme im sonderpädagogischen Bereich informieren.

      3 Methode

      Den Ausgangspunkt bilden die Fragen: Welche Inhalte gehören zum Bereich der sonderpädagogischen Diagnostik, und wie können diese Inhalte reflektiert und weitergegeben werden.

      Um diese Problematik zu bewältigen, ist ein umfangreiches Sichten der Literatur aus den Fachgebieten Heil- und Sonderpädagogik (Teilbereiche der Pädagogik), Psychologie, Psychiatrie, Soziologie und Medizin erforderlich sowie eine Aktualisierung eigener Erfahrungen aus dem Problembereich. Es erfolgt dann ein systematischer Aufbau nach logischen Aspekten, wobei der Adressat lernzielorientiert informiert werden soll.

      4 Inhalte

      Die Arbeit teilt sich in drei große Bereiche: in einen wissenschaftstheoretischen, einen praxisorientierten und einen Teil, der den Aspekt Gutachtenerstellung diskutiert und praktisch aufzeigt.

      Im theoretischen Teil erfolgt zunächst ein geschichtlicher Aufriss der Intelligenzdiagnostik unter besonderer Berücksichtigung sonderpädagogischer Aspekte (Entstehung der Psychodiagnostik, Beiträge der Psychiatrie, Ansatz Binets, Fortschritte der Intelligenzmessung).

      Das 3. Kapitel enthält Erläuterungen zu Termini, Aufgaben, Funktionen und Bereichen sonderpädagogischer Diagnostik. Abschließend zu diesem Kapitel wird sonderpädagogische Diagnostik schwerpunktmäßig begründet unter dem Aspekt der Förderdiagnose.

      Im 4. Kapitel wird eine speziell für sonderpädagogische Fragestellungen notwendige Einführung in testtheoretische Voraussetzungen zur Realisierung von Förderdiagnostik gegeben. Als Grundlage dient die den Umgang mit psychologisch-pädagogischen Verfahren fundierende klassische Testtheorie (Begriff Test, Gütekriterien psychologischer Testverfahren und sonderpädagogische Relevanz, Probleme der Standardisierung und Klassifikation von Tests).

      Das 5. Kapitel, mit dem der zweite Teil der Arbeit beginnt, weist Möglichkeiten der Informationsgewinnung im Rahmen förderdiagnostischer Praxis auf, wobei teilweise eine kritische Auseinandersetzung mit vorliegenden Verfahren erfolgt, und praktische Fragen der Informationsgewinnung mittels Verhaltensbeobachtung, Intelligenz und Schullei- stungstests, Verfahren zur Überprüfung des sozialen, affektiv-emotionalen Verhaltens, des Arbeitsverhaltens, der Sprache und Motorik behandelt werden. Dieses Kapitel endet mit der theoretischen und praktischen Erörterung der Bereiche Exploration – Informationsgespräche.

      Das 6. Kapitel (dritter Teil) beschäftigt sich mit der förderungsorientierten sonderpädagogischen Begutachtung, denn sinnvoll wird sonderpädagogische Diagnostik nur, wenn sie einen Förderungsprozess auslöst, ihn begleitet, sich unmittelbar am Kind orientiert und damit eine effektive Hilfe zur Entfaltung von Möglichkeiten und Integration bietet.

      Unter diesem Aspekt wird das förderungsorientierte Gutachten von der psychologischen und medizinischen Begutachtung abgehoben, indem es durch seinen spezifischen Aufbau und Inhalt auf die Einleitung von Fördermaßnahmen (eines Förderungsprozesses) zielt.

      Bisher vorliegende Gutachtenschemata und -formen werden diskutiert.

      Abschließend möchte ich einen eigenen Gutachtenaufbau vorschlagen (Schwerpunkt Förderung) und dazu zwei praktische Falldarstellungen (Kind mit geistiger Behinderung und Kind mit Lernbehinderung) vorstellen.

      5 Ausblick

      Im Verlauf der Arbeit wurde mir immer stärker bewusst, dass der Aufgabenbereich sonderpädagogischer Diagnostik sehr weit reicht, denn er umfasst an sich alle Altersgruppen und sämtliche Behinderungsarten. Es wäre für mich ein Erfolg, wenn die Basis für einen systematischen Ansatz der Behandlung dieser umfangreichen Problematik für Theorie und Praxis gelegt wäre.

      1 Einleitung

      Praktische und wissenschaftliche Probleme fordern im Zusammenhang mit Beeinträchtigungen und Behinderungen immer wieder Diagnostik im sonder- und heilpädagogischen sowie lerntherapeutischen Arbeitsfeld gerade in der heutigen Zeit heraus. Dieser Bereich ist von einem Anstieg multidimensionaler und komplexer Fragestellungen im Hinblick auf individuellen Förderbedarf geprägt. Die bisherigen eher „klassischen“ diagnostischen Arbeitsfelder Lernbehinderung, geistige Behinderung, Verhaltensstörung, Sprachstörungen und -behinderungen, körperliche Behinderung, Beeinträchtigungen und Behinderung der Sinne (Seh- und Hörbehinderung) haben sich angesichts verstärkter und immer komplexerer Not- und Problemsituationen von Kindern bis in den Bereich der Regelschule erweitert. Dieses Problemfeld Regelschule ist teilweise durch Schüler mit Verhaltens-, Lern- und Leistungsstörungen, psychosomatischen Auffälligkeiten (Essprobleme, Bauch- und Kopfschmerzen, Tics, Obstipation, Magenbeschwerden,