Auf der Grundlage von Sīla und einem ruhigen Geist können wir leichter in einem glücklichen, entspannten Zustand verweilen, welcher der Konzentration zuträglich ist. Obwohl wir häufig über die Schwierigkeiten der Praxis sprechen, ist sie letztlich ein Weg, um zunehmend glücklich zu sein.
DIE KONTINUITÄT DER ACHTSAMKEIT
Die Kontinuität der Achtsamkeit stärkt die Konzentration. Wir können diese Kontinuität in zweierlei Weise üben: Zum einen können wir das direkte Gewahrsein eines einzelnen Objekts kultivieren. Wir üben, mit dem Geist zuverlässig beim Atem zu verweilen oder bei den Bewegungen eines Schritts oder bei einem Klang. Zum anderen können wir ein wahlloses Gewahrsein entwickeln. Dabei stärken wir die Einspitzigkeit des Geistes in Bezug auf wechselnde Objekte. Das ist das sogenannte »momentane Samādhi«. Bei unserer Praxis verknüpfen wir beide Ansätze geschickt miteinander. Wenn der Geist träge oder abgelenkt ist, können wir uns auf ein einzelnes Objekt konzentrieren, um innere Freude und Gelassenheit zu kultivieren, um uns, wenn der Geist dann wieder gesammelt ist, für ein ungerichtetes Gewahrsein zu öffnen. Nach einer Weile bekommen wir ein intuitives Gespür dafür, was jeweils gerade angemessen ist.
Als ich mit der Meditationspraxis begann, verfügte ich über sehr wenig Konzentration. Ich genoss das Denken und verbrachte viel Zeit mit Träumereien. Im Laufe der Jahre fand ich eine Praxis, die mir besonders half, diesen Samādhi-Faktor zu stärken: Sowohl bei der Gehmeditation als auch beim freien Gehen lenkte ich meine Aufmerksamkeit von dem einfachen Wissen, dass ich gehe, auf das genaue Erspüren der Empfindungen jedes einzelnen Schrittes – die Leichtigkeit, die Schwere, den Druck, die Steifheit und so weiter. Dies ist eine Möglichkeit, die verkörperte Präsenz zu üben, die Ajahn Sucitto erwähnte.
KONZENTRATION ZU ENTWICKELN BRAUCHT ZEIT
Zu den großen Geschenken der vertieften Konzentration gehört es, dass sie die verschiedenen mentalen Hindernisse in Schach zu halten hilft, ähnlich wie ein Zaun unerwünschte Eindringlinge fernhält. Indem wir vorübergehend die Kräfte der Sinnesbegierde und des Verlangens, der Abneigung und der Rastlosigkeit dämpfen, eröffnen sich uns verfeinerte Annehmlichkeiten des Geistes. Dies wiederum motiviert uns, unsere Konzentrationsfähigkeit noch weiter zu entwickeln. Im Laufe der Zeit erkennen wir, wie das Ausgangsniveau unserer geistigen Konzentrationsfähigkeit steigt. Dadurch verändert sich unser Befinden und die Art, wie wir in der Welt sind. Wir erschaffen ein inneres friedliches Umfeld.
Konzentration ist zwar nicht das letztliche Ziel der Praxis, aber auf dem Weg des Erwachens spielt sie eine wesentliche Rolle. Der Buddha betont dies, wenn er sagt, die Würdigung der Konzentration gehöre zu den Dingen, die zur Langlebigkeit des Dharma, seinem Nicht-Verfall und seinem Nicht-Verschwinden beitragen.
Für die Dharma-Übertragungen an den Westen ist das ein wichtiger Punkt. Wir wollen alles sofort – selbst die Erleuchtung – und sind häufig nicht bereit, Zeit oder Mühe zu investieren, um unsere Konzentration zu entwickeln oder zu vertiefen. Doch je stärker das Samādhi in unserem täglichen Leben wird, desto mehr hilft es uns, jenen inneren Ort zu finden, an dem wir zunehmend frei von weltlichem Verlangen und Unzufriedenheit verweilen können. Diese friedvolle Haltung wird dann zur Grundlage von umfassenderem Glück und Freiheit.
Im zweiten Band werden wir uns das Thema »Konzentration« noch genauer anschauen.
1. Ajahn Sucitto, aus seinem Vortrag vom 10. März 1999 in der Insight Meditation Society. (Eigene Übersetzung; Anm. d. Übers.)
Der Satipaṭṭhāna-Refrain
5. Betrachtung der vier Grundlagen
Ein Element des Satipaṭṭhāna Sutta sticht durch seine Wiederholung hervor: Es ist ein Refrain, der im Laufe der Lehrrede dreizehn Mal auftaucht. Er folgt immer auf eine Meditationsanleitung, die sich auf die vier Grundlagen der Achtsamkeit bezieht.
»Auf diese Weise verweilt er, indem er den Körper [die Gefühle, den Geist, die Dhammas] innerlich als einen Körper [Gefühle, Geist, Dhammas] betrachtet, oder er verweilt, indem er den Körper [die Gefühle, den Geist, die Dhammas] äußerlich als einen Körper [Gefühle, Geist, Dhammas] betrachtet, oder er verweilt, indem er den Körper [die Gefühle, den Geist, die Dhammas] sowohl innerlich als auch äußerlich als einen Körper [Gefühle, Geist, Dhammas] betrachtet. Er verweilt, indem er die Ursprungsfaktoren im Körper [in den Gefühlen, im Geist, in den Dhammas] betrachtet, oder er verweilt, indem er die Auflösungsfaktoren im Körper [in den Gefühlen, im Geist, in den Dhammas] betrachtet, oder er verweilt, indem er die Ursprungs- und Auflösungsfaktoren im Körper [in den Gefühlen, im Geist, in den Dhammas] betrachtet. Die Achtsamkeit, dass da ein Körper [Gefühl, Geist, Dhammas] vorhanden ist [sind], ist in ihm verankert in dem Ausmaß, das zum reinen Erkennen und für andauernde Achtsamkeit erforderlich ist. Und er verweilt unabhängig, an nichts in der Welt haftend.«
Durch die Wiederholung dieses Refrains erinnert uns der Buddha immer wieder daran, was die wesentlichen Aspekte der Praxis sind:
• Die Betrachtung unserer Erfahrung – innerlich, äußerlich und sowohl innerlich als auch äußerlich.
• Die Betrachtung der Natur der Unbeständigkeit – das Entstehen, das Vergehen und beides, Entstehen und Vergehen, in Bezug auf unsere Erfahrung.
• Die Entwicklung von ausreichend Achtsamkeit, um einfach zu erkennen, was sich von Augenblick zu Augenblick entfaltet – ohne mentale Kommentare –, und sich dessen bewusst zu bleiben, was geschieht.
• Verweilen, ohne an irgendetwas anzuhaften, was in unseren Erfahrungsraum tritt.
In diesem und im 6. Kapitel – »Reines Erkennen und andauernde Achtsamkeit« – werden wir jeden dieser Aspekte genauer erforschen. In dem Sutta taucht der Refrain das erste Mal nach der Anleitung für den Atem auf. Aus diesem Grund und um es übersichtlich zu halten, sind die Beispiele des 5. und 6. Kapitels auf den Körper fokussiert. Behalten Sie beim Lesen jedoch bitte im Sinn, dass die im Refrain ausgeführten wichtigen Elemente der Praxis sich auch auf all die Aspekte unserer Praxis beziehen, die in den anderen drei Grundlagen der Achtsamkeit erwähnt werden.
INNEN UND AUSSEN
Den Körper innerlich zu betrachten, erscheint selbstverständlich; so praktizieren wir meistens. Wir sind uns dessen bewusst, was in jedem Moment im Körper aufsteigt – seien es die Empfindungen des Atems oder andere Körperempfindungen, wie Wärme oder Kälte, Enge oder Druck. Aber was bedeutet die äußere Betrachtung des Körpers? Es gibt dazu ein paar interessante Aspekte, die sich Meditationspraktizierende nicht so oft vergegenwärtigen.
Die äußere Betrachtung des Körpers kann bedeuten, sich des körperlichen Verhaltens anderer bewusst zu sein, wenn es unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Statt unserer gewöhnlichen Neigung zu folgen, das Verhalten anderer zu beurteilen oder darauf zu reagieren, können wir einfach in der Achtsamkeit dessen ruhen, was die andere Person jetzt tut. Wir können achtsam wahrnehmen, dass die andere Person gerade geht oder isst, ohne uns in Gedanken darüber zu verlieren, wie schnell oder langsam, wie achtsam oder unachtsam sie momentan sein mag.
Ein unnützes Muster, das ich bei mir selbst in Retreats bemerkt habe, sind meine inneren Kommentare darüber, dass jemand anderes nicht achtsam ist – oder es zumindest in meinen Augen nicht zu sein scheint