Sūrya, ein Sonnengott, wurde mit einer Familie versehen. Er ist nicht mehr von allgemeiner Bedeutung, blieb aber populär bei einer Gruppe von Anhängern, die Sauras genannt werden (nach seinem Namen) und als Schutzpatron der Astrologen. Sein alter Kumpel Mitra (Freund) ist nun auch eine Gottheit der Sonne, vorausgesetzt, er wird überhaupt erwähnt. Sein Kult erlebte im 1. Jh. in Nordwestindien eine Renaissance dank der Perser, die ihren eigenen solaren, wilden Mithras einführten. Sonnengott Savitar blieb praktisch nur noch dank seinem Vorkommen in der Gāyatrī bekannt.
Yama (Zwilling) bleibt der Herr des trostlosen Reiches der Toten. Er wurde noch dunkler und schrecklicher als zuvor: Die großen Epen machen ihn zum Gott des Krieges, der Schicksals und der Krankheit. Er erscheint als Herr aller Höllen, Richter der Toten und wird gelegentlich gleichgesetzt mit Kāla, der Zeit als Verschlinger von allem. Ob er viel Verehrung erhielt oder als populäre literarische Figur überdauerte, ist die Frage. Von seiner Zwillingsschwester Yamī hört man nicht viel.
Vāyu, ein Gott des Windes und der Stürme, spaltete sich auf in mehrere Vāyus, die für verschiedene Phänomene zuständig sind. Er taucht gelegentlich als Indras Botschafter auf, dann wieder ist er unabhängig und wird als Gott der Sprache, der Freiheit, der Poesie und sogar der Seele verehrt. Manche preisen ihn als die Essenz des Lebens und identifizieren ihn mit dem Prāṇa. Er schluckte schnell die Funktionen der Maruts (Leuchtende, Winde, Atem) und die des Vāta (Wind, Sturm).
Die Göttin des Wohlstands und des Gedeihens, Śrī, verschmolz mit der Göttin der Schönheit und der landwirtschaftlichen Fruchtbarkeit, Lakṣmī; zusammen wurden sie Śrī Lakṣmī, die bis zum heutigen Tag beliebteste Göttin in Indien. Während der Entwicklung des Hinduismus wird Viṣṇu zum Hauptgott, und Lakṣmī als seine Frau angesehen, denn ohne Reichtum und Wohlstand hat auch der Himmelskönig wenig zu sagen. Doch auch die Anhänger Śivas preisen Lakṣmī gelegentlich als dessen Gattin; diese Idee wird in verschiedenen tantrischen Lehren deutlich.
Die Flussgöttin Sarasvatī vereinigte sich mit der Göttin Vāc/Vāk (Stimme, Sprache). Zusammen wurden sie die Göttin des Lernens, der Musik, der Poesie und des Wissens. Der Fluss Sarasvatī blieb einer der heiligen Flüsse Indiens, selbst nachdem klimatische Veränderungen ihn austrocknen und verschwinden ließen. Er wird noch immer in Segnungen und Wasserritualen angerufen. Sarasvatī bekam eine große Popularität in der Literatur, hauptsächlich weil Dichter und Schriftsteller sie als eine Schutzgottheit ihres Handwerks ansahen und am Anfang eines Buches regelmäßig ihren Segen beschworen.
Kāma, der vedische Gott des Begehrens, war unter den frühen Buddhisten zu einem Inbegriff von Laster und Versuchung geworden, die ihn gelegentlich mit Māra gleichsetzten, dem Gott des Bösen, des Todes und dem schlimmsten Widersacher Buddhas. Im Hinduismus war er keine derartig negative Figur. Mit einem Bogen aus Blumen ausgerüstet, verschießt er Pfeile des Begehrens und der Liebe; dies macht ihn zu einer populären Gottheit der Verliebten und einer gängigen literarischen Figur. Er hat eine Ehefrau namens Rati (Wollust), zusammen tauchen die beiden in der tantrischen Kunst auf. Er entwickelt eine Verbindung zu Śiva, der ihn einst versehentlich verbrannte und ihn auf allgemeine Bitte wiederherstellte.
Viṣṇu ist einer der beiden Sieger im frühen Hinduismus. In den frühen Veden war Viṣṇu ein kleinerer Gott in der Gesellschaft von Indra, dessen Hauptfunktion darin bestand, Platz für Indras Kampf mit Vṛta zu schaffen, indem er drei Schritte ging. Dies erzeugte die drei Reiche von Himmel, Erde und Unterwelt und ermöglichte Indra, seinen Blitzstrahl (Vajra) zu schleudern. Von diesen bescheidenen Anfängen an wurde Viṣṇu so populär, dass Indra mit dem Aufkommen des frühen Hinduismus zu einem dürftigen Schatten verblasste und Viṣṇu als derjenige auftrat, der Könige einsetzte, den Kosmos regierte und der höchste Souverän der spirituellen Welt war. Er ist, unter anderem, mit Bhūmi (Erde, Welt) verheiratet, der Göttin der heiligen Erde und allen Gedeihens. Zur Zeit des Mahābhārata regierten die Könige in Viṣṇus Namen, und Viṣṇu ist in der einen oder anderen Form die meistgefeierte Gottheit jenes Monumentalepos.
Der frühe Viṣṇu ist noch mit einigen Eigenschaften des vedischen Originals ausgestattet. Er ist allgegenwärtig, durchdringt alles und enthält das Universum in sich. Als solcher ist der Gott von so universeller Natur, dass wir nicht viel von einer Persönlichkeit an ihm ausmachen können. Dies änderte sich, als Viṣṇu mit zwei nichtvedischen Göttern vermischt wurde. Einer von ihnen ist eine Gottheit der Hirten, Bauern und Krieger namens Kṛṣṇa (Schwarzer, Dunkler), der in der Volksmythologie als Kriegergottheit und fröhlicher Flötenspieler auftaucht, der seine Tage am Rande der Wildnis mit den Rinderhirtenmädchen flirtend verbringt. Der andere ist Vāsudeva (Gottheit des Vāsu-Clans), der eine so aktive Rolle im Mahābhārata spielt. Vāsudeva und Kṛṣṇa dürften ab dem vierten Jh. v.u.Z. miteinander verschmolzen sein, und nur wenige hundert Jahre später wurden beide als Inkarnationen von Viṣṇu betrachtet. Kṛṣṇa begann nicht gleich als Gott. Der frühe Hinduismus war höchst interessiert an der Figur des Halbgottes, der inkarnierten Gottheit und des Menschen, der vergöttlicht wurde (im Allgemeinen nach dem Tod). Ein Großteil der Spannung im Mahābhārata geht darauf zurück, dass so viele wichtige Protagonisten inkarnierte Götter sind. Als solche sind sie von menschlicher Natur und den nichtinkarnierten Göttern unterlegen, sind aber immer noch zu weit mehr imstande als einfache Menschen und kehren nach dem Tod zu ihrem göttlichen Status zurück.
Wenn eine Gottheit inkarniert, neigt sie dazu, menschlichen Eigenschaften und Schwächen zum Opfer zu fallen. Sie kann sich irren, kann von Gefühlen, Täuschungen und Verlangen verleitet werden und hat es oft nötig, zu anderen Göttern zu beten. Im Mahābhārata ist Kṛṣṇa/Vāsudeva eine der entscheidenden Figuren. Er ist nicht der Held, sondern derjenige, der den Helden hilft, die Macht zu erlangen und die Gelegenheit nutzt, um eine neue Herangehensweise an die Religion zu diktieren. Dies ist das Thema des Bhagavadgītā, einer der späteren Ergänzungen zum Mahābhārata, die etwa um das dritte oder vierte Jahrhundert unserer Zeit verfasst wurde. Kṛṣṇa ist eine innovative Gottheit. Er ist nicht besonders zufrieden mit der alten brahmanischen Ordnung der Dinge und hat häufige Konflikte mit Indra. Kṛṣṇa ist auch der Gott, der eine neue Herangehensweise an die Erlösung predigt: die Bhakti (hingebungsvolle Liebe). Die hauptsächliche Innovation der Bhagavadgītā ist die Idee, dass Ritual und Opfer nicht so wichtig sind wie richtiges Handeln und völlige Hingabe an die Gottheit.
Handlung und Teilnahme am Dharma wurden angepriesen, statt Resignation und Rückzug. Hierbei zeigt sich Vāsudeva als göttlicher Wagenlenker, der dem Helden Arjuna hilft, den richtigen Weg zu gehen, ihm aber seine Entscheidungen und das aktive Handeln selbst überlässt. Diese revolutionäre Idee impliziert, dass man sich nicht einfach auf die Götter verlassen kann oder auf Wunder warten soll, sondern mit aller Kraft auf eigene Verantwortung, entsprechend dem Dharma, agieren muss. Bkakti, also liebevolle Hingabe, wurde als höchster Weg zum Heil gepriesen. Diese Hingabe war ursprünglich einfach Liebe und Zuneigung, aber als die Popularität der Bhakti-Bewegung zunahm, entwickelte sie eine ganze Reihe von verschiedenen Ansätzen. Wer das Göttliche verehrt, kann dies in sehr vielen unterschiedlichen Gefühlszuständen tun, welche von sanftem Gedenken bis zu rasendem Verlangen und trunkener Besessenheit reichen. Für manche Intellektuelle wurde Bhakti im Laufe der Zeit zu einer raffinierten Methode, bei der diese Zustände systematisiert und gezielt angewandt wurden. Natürlich ist die liebende Hingabe an eine Gottheit nichts, was erst mit dem Kult von Kṛṣṇa oder Viṣṇu begann. Zu allen Zeiten hat es Seher, Aussteiger und Verrückte gegeben, die sich in der einen oder anderen Weise in das Göttliche verliebten. Die große Innovation der Bhakti ist die Idee, dass liebende Hingabe systematisch angewandt werden kann und dass sie den früheren Formen von Verehrung, Ritual und Askese überlegen ist. Eine weitere Innovation von Kṛṣṇas neuer Lehre ist der Yoga. Yoga wird in der Bhagavad