Hisian - Land der Sehnsucht. Andrea Zaia. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrea Zaia
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783957448026
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vorbereitet. Sie dürfen sich auf der Erde einfach ausprobieren. Diese Roo dürfen sich ihr Spielzeug selbst aussuchen und sind deshalb in einem anderen Raum untergebracht. Dort geht es lebhafter zu. Deshalb werden dort auch mehr Vualo gebraucht, um Reibereien zu vermeiden. Diesen Ort besuchen wir heute nicht. Der Besuch dort würde dich nur verwirren.

      In diesem Raum Roonias geht es deshalb sehr ruhig und konzentriert zu, weil die jungen Roo wissen, dass ihre Duma einmal wichtig sein wird. Das solltest du dir gut merken, denn du hast auf der Erde auch einmal eine wichtige Duma zu erfüllen.“

      „War ich auch schon einmal hier?“ Amelie konnte nicht verhindern, dass diese Frage über ihre Lippen sprudelte.

      „Könnte das sein?“ Die Duse schaute Amelie tief in die Augen und in diesem Augenblick fiel es wie ein Blitzstrahl in ihr Herz. Sie war natürlich schon hier gewesen. Wie hätte sie sonst sofort ein so tiefes Sicherheitsgefühl beim Anblick der Vualo spüren können?

      Habe ich auch so eine Duma bekommen, wie die Roo hier?

      Amelies Augen standen voller Tränen als sie diese Frage stellte.

      Was war nur mit ihr los?

      Was rührte sie in diesem Augenblick zu Tränen?

      Die Guse schwebte direkt vor das Mädchen und nestelte dabei an ihrem Gürtel herum. Sie löste das Henkelkreuz von ihrem Gürtel und hielt es direkt an Amelies Stirn. Ein Gefühl, das Amelie nicht kannte durchströmte ihren Körper. Sie war augenblicklich zurückversetzt in die Zeit als sie selbst in diesem Raum gewesen war. Nun war ihr klar mit welchen Spielzeugen sie hier gespielt hatte. Ein Frieden zog in ihr Herz ein, den sie noch nie gefühlt hatte. Sie wurde durch die Berührung mit dem Henkelkreuz gestärkt und ihre Verbindung zu Roonia wurde erneuert. Das war ihr in den wenigen Sekunden, als die Guse das Henkelkreuz an ihre Stirn hielt, sonnenklar.

      „Was für ein Wunderwerkzeug Guse – ich habe keine Fragen mehr.“

      Amelie brauchte keine Fragen, die sie selbst betrafen mehr zu stellen. Das Henkelkreuz hatte sie Roonia als Hort für ihre Roo erkennen lassen. Die Verbindung zum Reich der Guse war in wenigen Sekunden wieder hergestellt worden.

      „Mein Salaba stellt für alle Roo die Verbindung nach Roonia her. Es ist das Zeichen meiner Macht und Verantwortung. Du bist nun verbunden mit dem Teil von dir, der das Wilajat Mandalisi bereits kennt.“ Die Guse befestigte das Salaba wieder an ihrem Gürtel und schwebte erklärend weiter.

      „Nun müssen wir weiter, denn im nächsten Raum finden wir die Erklärung für deine schrecklichen Träume.“ Amelie und die Duse folgten der Guse. Jede für sich in ihre Gedanken versunken. Nur gut, dass Hisian ein wahres Wunderland war, denn diese Gedanken blieben verborgen.

      Im nächsten Raum war es taghell. Es fühlte sich an, als stünde Amelie unversehens mitten im Leben. Überall wo sie hinschaute war geschäftiges Treiben. Amelie fühlte sich mitten in diesem Geschehen, als liefen hunderte von Filmen gleichzeitig ab. In diesem Gewusel konnte sie kaum erkennen, wer gerade was tat.

      Hier leben viele Roo. Für Amelie sahen sie genauso aus wie jeder Mensch auf der Erde. Sie waren überhaupt nicht von den Nachbarn zu Hause in ihrem Dorf zu unterscheiden. Seltsam, seltsam, wer konnte ihr erklären was das alles zu bedeuten hatte?

      Amelies Gedanken aufgreifend erklärte die Guse: „Dieser Raum gehört zum Wilajat Anjali. Hier leben Roo, die durch einen Unfall viel zu schnell ihren Körper verlassen mussten ihr Leben einfach weiter. Sie sind so schnell gestorben, dass sie nicht verstanden, dass sie ihren Körper verloren haben. Sie irrten immer wieder auf den gleichen Wegen herum und redeten mit ihren Angehörigen. Die Angehörigen konnten sie aber nicht mehr hören.“

      „Wie schrecklich muss das sein?“ Amelie war entsetzt.

      „So schrecklich wie es sich anhört, ist es nicht. Die Roo müssen sich langsam daran gewöhnen, dass sie nicht mehr auf der Erde sind. Es wäre ein Schock für sie, wenn sie von einer Sekunde zur anderen begreifen müssten, dass ihr irdisches Leben zu Ende ist.

      Sie dürfen bei uns noch eine Weile in ihrem Leben bleiben, bis sie dann begreifen, dass sie nun freier sind als in ihrem menschlichen Körper.“

      Amelies Mund blieb vor Staunen offen stehen.

      „Was heißt das, freier sein als im menschlichen Körper?“

      Amelie war völlig schleierhaft, wie das funktionieren sollte. Sie war jetzt auch ein Mensch. Wie konnte sie sich vorstellen, dass es eine Freiheit gab, die die menschliche Vorstellungskraft übersteigt?

      „Das musst du dir so vorstellen“, die Guse mischte sich ein. Sie wollte keine Zeit verlieren. Deshalb erklärte sie selbst Amelie was in dem Raum geschah, den sie gerade betreten hatten.

      „Die Roo, die durch einen Unfall hierher kommen, haben von einer Minute zur anderen ihren Körper verlassen. Das geht so schnell, dass die Roo es einfach nicht begreifen kann. Eine Roo, die nicht mehr im menschlichen Körper wohnt, hat viel mehr Freiheit zu reisen als ein Mensch. Deshalb können diese Roo plötzlich überall dabei sein. Sogar bei ihrer eigenen Beerdigung. Sie reden mit den Angehörigen, versuchen ihnen klar zu machen, dass sie überhaupt nicht gestorben sind. Oder sie erzählen ihren Lieben, dass es ihnen gut geht. Das heißt, so eine Roo muss zuerst einmal begreifen, dass sie durch den Tod die Freiheit erlangt hat. Eine Roo, die so plötzlich in Anjali angekommen ist, findet sich am Anfang einfach nicht zurecht. In dieser Zeit denken die Roo, sie müssen ihr Leben weiterleben und sich ihren Angehörigen erklären.

      Dabei reisen sie, nachdem sie den menschlichen Körper verlassen haben so schnell von einem Angehörigen zum anderen, dass sie alle wichtigen Ereignisse im Zusammenhang mit sich selbst miterleben können. Es dauert einige Zeit, bis sie das begriffen haben. Verstehst du Amelie, so eine Freiheit erreicht ein Mensch nie. Wenn die Roo dies begriffen haben, dürfen sie noch für eine Weile auf die Erde zurückkehren und bei ihren Lieben zu Hause nach dem Rechten sehen. Ganz bewusst erleben sie dann mit was in ihren Familien geschieht. Bis sie bereit sind in Roonia eine neue Duma anzunehmen. Sie werden dann das Wilajat Anjali verlassen, denn jeder der bei uns angekommen ist, setzt seine Lebensreise irgendwann fort. Meine Vualo und ich sind dafür verantwortlich, dass jeder seinen Platz findet.“

      Als die Guse erklärt hatte, schaute Amelie zu den vielen schwirrenden schleierähnlichen Geschöpfen hinauf. Sie flogen nicht, sie segelten, lautlos wie ein Luftballon. Es sah eigenartig aus, wenn sich über ihren Köpfen die Wesen begegneten und sich gegenseitig auswichen. Amelie hätte stundenlang stehen und zuschauen können. Dieses Roonia gefiel ihr gut. Es wirkte so geordnet und friedlich.

      „Ja, hier geht es friedlich und ruhig zu. Ganz anders als auf der Erde. In meinem Reich hat alles seine Ordnung und jeder findet seinen guten Platz. Das ist auf der Erde nicht immer so.“

      Der Gesichtsausdruck der Guse wandelte sich. Sie wirkte sehr ernst als sie erklärte: „Nun will ich dir sagen, warum du in den letzten Wochen diese schrecklichen Träume haben musstest. Manchmal kommen die Roo nach einem Unfall auf die Erde zurück. Sie dürfen eine Nachricht an die Familie zu Hause senden. Weil sie sich vor ihrem Tod nicht mitteilen konnten, suchen sie in der Familie eine Roo, die bereit ist, ihre Erklärung anzunehmen. Dieser Roo teilen sie mit was ihnen geschehen ist. In dem Traum, den du in den vergangenen Nächten träumtest, war also eine Mitteilung versteckt. Diese Mitteilung für dich und deine Familie soll heißen:

      Dein Großvater fuhr beim Militär ein Auto. Er hat mit dir gemeinsam noch einmal seinen tödlichen Unfall erlebt. So konnte er selbst begreifen, dass sein Leben nun wirklich ausgehaucht ist und er in Roonia einen neuen Platz finden wird.

      Außerdem war in deinem Traum noch eine Information für dich enthalten. Wenn die Zeit für dich gekommen ist, wirst du wissen, dass dein Großvater bei einem Unfall ums Leben gekommen ist.

      Also, Amelie was hast du nun bei uns in Roonia gelernt?“

      Die Guse stellte genau solche Fragen wie die Duse. Da gab es keinen Unterschied.

      Amelie musste kurz überlegen und konnte dann eine Antwort finden.

      „Mein furchtbarer Traum mit der tödlichen