Weisheit des Lebens für Dummies. Marco Kranjc. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marco Kranjc
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Серия:
Жанр произведения: Личностный рост
Год издания: 0
isbn: 9783527818389
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und wie man weise werden kann.

      Weil das Wort Weisheit irgendwie altmodisch klingt und im alltäglichen Sprachgebrauch selten auftaucht, könnte man meinen, dass Philosophen oder Religionen das Thema Weisheit für sich in Anspruch genommen haben. Oder Lebenshilfebücher. Tatsächlich aber ist es so, dass das Thema Weisheit seit den 1990er-Jahren auch Wissenschaftler beschäftigt. Man hat sich gefragt, warum und wie eigentlich Menschen aus ihren Erfahrungen lernen, was Intelligenz damit zu tun hat und warum manche Menschen durch ihre Erfahrungen klüger werden – andere aber nicht. Bahnbrechend waren auf diesem Gebiet Forscher aus Berlin.

       Das Berliner Weisheitsparadigma

      Weniger Geburten und eine immer älter werdende Bevölkerung brachten Psychologen besonders ab den 1980er-Jahren dazu, sich mit dem Thema Alter und dem Altern zu beschäftigen. Dabei stellte sich zum Beispiel heraus, dass es nur sehr wenige positive Eigenschaften gibt, die Menschen dem Alter zuschreiben. Neugier, Toleranz und Offenheit schreibt man eher jungen Leuten zu. Dem Alter bleiben Angst, Verbitterung oder sogar Demenz. Nur zwei positive Begriffe tauchten bei den Untersuchungen auf: Weisheit und Würde.

      Die folgenden Punkte machten für die Wissenschaftler einen weisen Menschen, also einen Lebensexperten aus. Menschen, bei denen man also folgende Fähigkeiten entdeckte, wurden als weise angesehen:

       Reiches Faktenwissen: Um ein Experte in Lebensfragen zu werden, hilft es, viele Dinge über das Leben zu wissen. Bildung muss zwar nicht unbedingt weise machen, aber sie hilft dabei, weise zu werden.

       Verfahrenswissen: Hier geht es um das Wissen des Wie und darum, wie man zum Beispiel zu guten Entscheidungen kommt oder Beziehungen gestalten kann.

       Probleme im Zusammenhang des eigenen Lebens sehen: Jeder Mensch hat seine Geschichte. Weise Menschen kennen ihre Geschichte und können aktuelle Probleme mit ihren früheren Erfahrungen vergleichen.

       Wert-Relativismus: Weise Menschen legen ihre eigenen Werte nicht als Maßstab für andere Menschen fest. Sie wissen, dass Menschen unterschiedliche Werte haben, und können sie tolerieren und respektieren.

       Erkennen und Umgehen mit Ungewissheit: Ein weiser Mensch weiß, dass er nie im Vorhinein sagen kann, ob eine Entscheidung wirklich richtig war. Er weiß, dass der Tod jederzeit eine Möglichkeit ist und dass selbst Erinnerungen trügerisch sein können. Man muss diese Unsicherheiten in sein Leben einschließen und seinen Frieden mit ihnen gemacht haben.

      

Natürlich wurde auch schon Kritik am »Berliner Weisheitsparadigma« aus den 1990er-Jahren laut. Es scheint sich zu sehr auf Wissen und Verstand zu konzentrieren, Gefühle und Intuition spielen weniger eine Rolle. Die befragten Testpersonen müssen sich außerdem schriftlich ziemlich gut ausdrücken können, um zu bestimmten Fragen und Fallbeispielen mögliche Lösungen zu beschreiben. Die Berliner starteten daraufhin weitere Untersuchungen und spätere Beschreibungen von Weisheit beziehen auch Emotionen und das »Bauchgefühl« ein. So fand man zum Beispiel heraus, dass weise Menschen zwar auch emotional sind, aber positive und negative Gefühle nicht sehr extrem auftreten. Außerdem scheinen sie einem einfachen, angenehmen Leben wenig Bedeutung beizumessen. Sie nehmen es als normal hin, dass Schwierigkeiten zum Leben dazugehören.

       Weisheitssuche in den USA: Balance finden

      In einem anderen Teil der Welt machte sich Anfang der 2000er-Jahre an der Yale University (USA) der Psychologe Robert Sternberg Gedanken zum Thema Weisheit. Aufgrund seiner Forschungen ging er davon aus, dass das wichtigste Merkmal der Weisheit »implizites Wissen« ist. Das bedeutet das Wissen, das Menschen sich so nebenbei auf ihrem Lebensweg aneignen. Nicht das dem Menschen ausdrücklich beigebrachte (explizite) Wissen ist wichtig, um ein gutes Leben führen zu können, sondern das Wissen, das durch Erfahrung, durch Hören und Sehen eher unbewusst gelernt wird.

      

Besonders in Teil II werden Sie bemerken, dass ich dazu ermutigen möchte, »implizites« Wissen »explizit« zu machen. Das bedeutet, sich bewusst zu machen, was man aus dem, was man liest, hört und sieht, lernt. Weiter geht es dann darum, wie dieses Wissen praktisch wird und helfen kann, ein gutes Leben zu führen.

      Sternberg ist der Meinung, dass Weisheit dem Allgemeinwohl dienen muss. Nur daran erkenne man eine weise Entscheidung. Ebenfalls wichtig sind ihm Balance und Ausgeglichenheit. Weise Entscheidungen schaffen Ausgeglichenheit zwischen eigenen Interessen, den Interessen anderer und den Interessen der Gesellschaft. Gebildet, intelligent und kreativ sein macht nicht unbedingt weise. Es ist sogar möglich, dass jemand diese Gaben zum Schlechten benutzt. Es braucht die Weisheit, um einen Menschen zu gutem Handeln zu bewegen. Was aber jetzt unbedingt in der jeweiligen Situation gut ist, ist nicht immer leicht zu sagen. Das macht auch Robert Sternbergs Weisheit schwer zu beweisen und zu messen. Auch wenn Forscher sich über ihre unterschiedlichen Ergebnisse gern in die Haare bekommen, ist Sternbergs Weisheit nicht unbedingt das Gegenteil der Berliner Weisheit. Man sieht nur einmal mehr, dass die Weisheit schwer zu fassen ist und jede neue Meinung etwas zur Lösung eines großen Puzzles beiträgt.

      Lexikon der Dummheit: Drei Fallen intelligenter Menschen

      Auch die Weisheitsforscher haben schnell bestätigen können, dass große Intelligenz nicht bedeutet, dass ein Mensch auch weise ist. Leider sind sehr intelligente Menschen auch anfällig für große Fehler. Sollten Sie sich also zu den sehr intelligenten Menschen zählen, achten Sie auf folgende Fallstricke:

       Intelligente Menschen neigen zu Egoismus, da sie gern einmal den Eindruck haben, die Welt drehe sich um sie. Beziehungsweise, dass sich ohne sie die Welt gar nicht erst drehen würde.

       Sich mit anderen Menschen zu beraten oder sogar einen Rat anzunehmen, ist auch nicht ihre große Stärke. Große Intelligenz verleitet manchmal zu der schrägen Selbsteinschätzung, dass man alles selbst weiß und keinen Menschen braucht.

       Und dann gibt es noch das Problem, dass intelligente Menschen sich manchmal für unantastbar und unverletzlich halten. Im besten Falle tragen diese Menschen nur die Nase etwas hoch, im schlechtesten Falle meinen sie, sich vieles erlauben zu können, weil der Rest der Welt eh zu dumm ist, sie zu erwischen.

       Weisheitssuche in Österreich: Fünf Ressourcen

      Wieder zurück über den großen Teich