Wohin die Flüsse fliessen. Frederik Hetmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frederik Hetmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783862871377
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sie.

      Rauch hing da.

      Sie brachte mit sich den gelben Mais und den mehrfarbigen Mais.

      So sagen sie.

      Rauch hing ausgebreitet.

      Sie brachte mit sich die verschiedenen Tiere und die Dinge, die da wachsen. So sagen sie.

      Rauch hing überall, so sagen sie.

      Da gab es noch keine Menschen.

      Rauch war ausgebreitet überall.

      Es gab noch keine Menschen.

      Nur über allem hing Rauch.

       Ehe der weiße Mann kam

      Ein Weißer wollte von einem Indianer wissen, wie Amerika genannt worden sei, ehe der Weiße Mann es entdeckte. »Es wird wohl ein schwieriges Wort sein«, fügte er hinzu, »bitte, sprechen Sie es langsam und deutlich aus, damit ich es mir notieren kann.«

      Der Indianer schüttelte den Kopf. »Es ist ganz einfach«, antwortete er, »wir nannten es unser!«

       Roter Saynday trifft weißen Saynday

       Eine Wintergeschichte der Kiowa

      Die Kiowa-Indianer lebten im südwestlichen Oklahoma. Saynday ist einer jener Trickster-Helden, die in vielen indianischen Mythen auftauchen. Alice Marriott, die die Sommer- und Wintergeschichten Mitte der dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts bei den Kiowa gesammelt hat, meint von der Gestalt des Saynday: »Noch am ehesten lässt sich Saynday in der europäisch-amerikanischen Literatur mit Till Eulenspiegel oder mit Merlin vergleichen ... wie viele Saynday-Geschichten es in der Welt der Büffel gibt, wage ich gar nicht zu schätzen. Es mögen hundert sein, vielleicht aber auch tausend ...«

      Saynday kam daher, und wie er so seines Weges ging, sah er einen weißen Mann. Der weiße Mann trug einen 20-Gallonen-Stetson-Hut, eine Wildlederweste mit allerlei Schnickschnack daran. Er hatte Wildlederhandschuhe mit langen Fransen an, seine Hosen waren aus Wildkatzenfell, und an den Beinen trug er ein Paar Cowboystiefel. Er ritt ein gutes Pferd mit weißer Mähne und weißem Schwanz, von der Rasse, die man Palomino nennt. Und der weiße Mann und sein Pferd wussten, dass sie eine gute Figur machten.

      Saynday blieb stehen und musterte sie genau.

      »Ja«, sagte er bei sich, »ein solches Pferd und solche Kleider hätte ich auch gern.« Also ging er auf den weißen Mann mit dem schönen Palomino-Pferd und den eleganten Kleider zu und fragte: »Wie heißt du?«

      »Saynday««, sagte der weiße Mann.

      »Saynday? Nein, das kann nicht sein. Saynday, das bin ich. Saynday, das ist ein Indianername.«

      »Ich bin der weiße Saynday.«

      »Wirklich«, sagte der rote Saynday, »nun, ich bin der Saynday der Indianer.« – »Tja«, sagte der andere, »wenn das so ist ... von dir habe ich schon viel gehört. Aber ich habe mir dich ganz anders vorgestellt. Du siehst nicht wie jemand aus, der den Leuten ständig etwas zu reden gibt.«

      Er musterte den Indianer-Saynday, der nur ein Paar alte Mokassins und ein schäbiges Gewand trug und darin recht komisch aussah.

      »Na ja«, sagte der rote Saynday, »ich bin eben der alte gute Onkel Saynday. Saynday der Indianer. Ich bin der Mann, der immer daherkommt ...«

      »Gut«, sagte der weiße Saynday, »besonders großartig siehst du aber nicht aus.« – »Wohl wahr«, sagte der rote Saynday, »aber ich finde, du hast die schönsten Kleider, die ich je gesehen habe.«

      »Ach weißt du, das ist nur mein Anzug für alle Tage«, sagte der weiße Saynday, »ich habe ihn mir aus dem Montgomery-Versandhaus schicken lassen.«

      »Er steht dir gut«, sagte der rote Saynday, »und ein gutes Pferd hast du auch.« Der weiße Mann sagte nichts. Er wusste wohl, dass es das beste Pferd in seinem Stall war. »Man hat mir gesagt«, fing er an, »du spieltest den Leuten immer Streiche.«

      »Das ist richtig«, antwortete der rote Saynday, »bisher habe ich noch fast jeden hereingelegt.«

      »Kommt es denn nie vor, dass dir ein Streich misslingt?« erkundigte sich der weiße Saynday.

      »Nun ja, hin und wieder schon ... aber nicht sehr oft. Ich fange es immer ziemlich schlau an.«

      »Das sagt man«, meinte der weiße Saynday, »und eben deswegen wollte ich dir schon immer einmal begegnen. Ich möchte nämlich behaupten, dass du mich nicht hereinlegen kannst.«

      »Vielleicht hast du recht, vielleicht ich.«

      »Weich jetzt nicht aus ...«, sagte der weiße Saynday, »ich wette, es gelingt dir nie und nimmer, einen Mann wie mich hereinzulegen.«

      »Hier auf der Stelle würde es mir nicht gelingen«, antwortete der rote Saynday, »du weißt ja, wie es bei uns Indianern so geht. Wir müssen unsere Zaubermedizin zur Hand haben. Auch ich benutze für meine Streiche eine solche Medizin, ich habe sie gerade nicht bei mir, sonst würde mir jeder Streich gelingen.«

      »Du prahlst nur«, sagte der weiße Saynday, »ich wette, du besitzt überhaupt keine Zaubermedizin. Alles Schwindel und fauler Zauber. Du versuchst jetzt nur, dich herauszureden, weil du erkannt hast, dass deine billigen Tricks bei mir nicht verfangen.«

      »Nein, nein«, antwortete der rote Saynday, »es ist schon so, ohne meine Medizin bin ich machtlos.«

      »Wo hast du denn diese wunderbaren Sachen?«

      »Zu Haus!«

      »Und wo bist du zu Haus?«

      »Dort drüben«, sagte der rote Saynday und deutete mit dem Kopf unbestimmt in eine Richtung.

      »Ist es weit?«

      »Nicht sehr weit«, sagte der rote Saynday, »aber doch schon ein ganzes Stück.« – »Wie weit?« fragte der weiße Saynday ungeduldig.

      »Ich sagte ja ... ein ganzes Stück ... jedenfalls zu weit, um zu laufen.«

      »Warum reitest du nicht?« – »Sehr einfach ... ich besitze kein Pferd«, sagte der rote Saynday, »wo soll ein armer Indianer ein Pferd hernehmen?«

      »Du könntest dir eines kaufen!«

      »Wo soll ein armer Indianer Geld hernehmen?«

      »Also schön, ich mache dir einen Vorschlag«, sagte der weiße Saynday, »ich habe mir nun einmal in den Kopf gesetzt, dir bei einem deiner Streiche zuzuschauen. Ich bin bereit, dir mein Pferd zu leihen, damit du zu deiner Hütte reiten und rasch deine Zaubermedizinen holen kannst.«

      »Sehr freundlich von dir«, antwortete der rote Saynday, »aber das geht nicht. Ich würde mir ja gern dieses schöne Pferd von dir ausleihen, aber es wäre nicht recht, wenn ein armer Indianer ein so edles Tier reiten würde.«

      »Ach was. Es ist ein Rodeo-Pferd. Von mir aus darfst du es reiten ... wenn du dich im Sattel halten kannst.«

      »Gut«, sagte der rote Saynday, und es klang so, als habe er immer noch gewisse Zweifel, »ich kann es ja mal versuchen.« Der weiße Saynday stieg ab, und der rote Saynday schwang sich in den Sattel. Das schöne Palomino-Pferd trug einen Sattel mit Silberplatten und silberne Steigbügel, und am Sattel hingen zwei Pistolen, deren Griffe mit Silber und Elfenbein eingelegt waren. Auch das Zaumzeug war prächtig. »Dieses feine Zaumzeug ...«, sagte der rote Saynday bewundernd, »willst du es nicht besser abnehmen, ehe ich das Pferd reite?«

      Der weiße Saynday wurde ungeduldig.

      »Weshalb solche Umstände! Dazu müsstest du erst noch einmal absteigen. Nein, nein, wir haben schon genug Zeit vertan. Reite endlich los und hole deine Zaubermedizinen. Wenn du ohne sie zurückkommst, glaube ich kein Wort mehr von dem, was man sich über deine Streiche erzählt.«

      »Nun gut«, sagte der rote