»Aber es ist nicht geplant, dass Fiona und das Baby mit im Kapitänshaus wohnen? Eine große, glückliche Familie unter einem Dach?«, antwortete Caro mit beißendem Spott.
»Natürlich nicht«, sagte Fiona unter Tränen. »Es tut mir so leid, dass alles so kompliziert ist! Ich suche mir so schnell wie möglich eine kleine, bezahlbare Wohnung hier in der Nähe. Ich habe schon Leute angesprochen, und die nette Kioskbesitzerin hat einen Aushang gemacht.«
»Afra!«, murmelte Caro und warf die Serviette zerknüllt auf den Tisch. »Na, bravo! Dann weiß es jetzt ja das ganze Alpenvorland.«
»Aber was soll ich denn tun?« Unglücklich schaute Fiona das junge Paar an. »Wenn ich eine Wohnung finden will, dann muss ich doch rumfragen.«
»Schon gut, mach dir jetzt keine Gedanken.« Felix drehte nervös das Glas zwischen seinen Fingern. »Wir müssen nur zusammenhalten, dann schaffen wir das!«
»Zu welcher von uns beiden hast du das jetzt gesagt?« Caro war sehr blass geworden. »Mir reicht’s an Gesprächen für heute Abend! Ich gehe ins Bett.«
»Caro, bitte …«, sagten Fiona und Felix wie aus einem Mund, aber das hörte die junge Frau nicht mehr, sie war schon halb die Treppe hinaufgelaufen.
»Sie ist verletzt«, sagte Fiona unglücklich. »Und das ist das Letzte, was ich wollte. Ach, Felix, ich wusste doch nicht, dass du mit einer Freundin zusammenlebst, als ich nach Bergmoosbach gereist bin.«
»Schon gut, du willst ja nur das Beste für das Baby«, murmelte Felix und tätschelte abwesend ihre Hand. »Caro wird sich wieder beruhigen.«
»Meinst du?« Fiona lächelte unter Tränen. »Der Gedanke, dass ihr meinetwegen streitet, ist ganz schrecklich! Ihr gehört doch zusammen!«
»Ja, das tun wir«, antwortete Felix. »Komm, setzt dich drüben ins Wohnzimmer und leg die Beine hoch. Ich räume ab, klare die Küche auf und gehe dann ins Bett. Morgen wartet ein langer Tag im Sonnenhof auf mich, wir haben eine Hochzeit.«
»Ich denke, ich werde auch ins Bett gehen, diese Zeit der Schwangerschaft ist ziemlich anstrengend. Gute Nacht, Felix, und danke für alles!« Fiona stand auf und hauchte einen zarten Kuss auf seine Wange. »Schlaf gut.«
»Äh, ja, schlaf auch gut, Fiona.«
Die Arbeiten in der Küche dauerten nicht lange, und bald darauf betrat Felix leise sein Schlafzimmer. Es brannte kein Licht, aber im Flackern des herannahenden Gewitters konnte Felix erkennen, dass Fiona wach im Bett lag. Er legte sich neben sie und zog sie behutsam in seine Arme. In ihren waldseegrünen Augen las Felix Liebe und Angst. In das Krachen der ersten Donnerschläge hinein sagte sie: »Bitte, Felix, lass nicht zu, dass das zwischen uns kommt. Ich liebe dich so sehr.«
»Und ich liebe dich, meine Einzige!«, murmelte er an ihren Lippen.
Caro schlang die Arme um seinen Hals und versank in seinem Kuss. Alles wird gut!, dachte sie verschwommen. Sie hörten weder den nächsten lauten Donnerschlag, noch den ängstlichen Schrei, der aus dem Treppenhaus zu kommen schien. Erst lautes Klopfen und dann das Öffnen ihrer Schlafzimmertür ließ das Liebespaar aufschrecken.
Fiona stand im Zimmer, barfuß und mit angstgeweiteten Augen. Mit ihren offenen, langen Haaren und dem weißen Nachthemd sah sie aus wie ein verloren gegangenes Sterntalermädchen. »Bitte, bitte«, flehte sie. »Ich kann nicht allein sein, ich habe solche Angst vor Gewitter, solche Angst!«
»Aber du möchtest jetzt nicht zu uns ins Bett!«, höhnte Caro bitter.
»Bitte!« Fionas Hände flogen an ihren Hals. »… keine … Luft …!«
»Fiona!« Mit einem Satz war Felix aus dem Bett und legte beruhigend den Arm um die heftig zitternde Frau. »Fiona, kein Grund für eine Panikattacke, wir sind bei dir! Siehst du? Du bist nicht allein.«
»Panikattacke? Du kennst das bereits an ihr?«, fragte Caro.
»Ja, neulich in der Praxis hat sie auch eine bekommen, ich hab es dir doch erzählt.« Er strich der verängstigten Frau die Haare aus der Stirn und wiegte sie wie ein Kind in seinen Armen. »Komm, Fiona, ich bringe dich jetzt nach unten ins Wohnzimmer, wickle dich in eine warme Decke und bleibe bei dir, bis das Gewitter vorüber ist.«
Mit einem Aufschluchzen barg die junge Frau ihr Gesicht an seiner Brust. »Danke! Ihr seid so lieb«, stammelte sie.
Felix warf Caro einen entschuldigenden Blick zu und führte Fiona hinaus.
»Und koch ihr eine heiße Schokolade, das hat so eine angenehm beruhigende Wirkung!«, rief Caro ihm bissig hinterher.
Sie starrte auf das leere Bett, in dem sie eben noch in liebevoller, leidenschaftlicher Umarmung gelegen hatten, griff nach Felix’ Kissen und boxte heftig darauf ein.
»So kann das nicht weitergehen! Verdammt noch mal, wer bin ich denn schon neben einer so süßen, hilflosen werdenden Mami!«, knurrte sie.
Aber unmerklich wurde aus dem wütenden Schimpfen einsames Schluchzen, und schließlich weinte Caro sich in den Schlaf.
*
Der nächste Schock kam, als der Paketbote in der Praxis die Päckchen für Doktor Seefeld abgab und dann zu Caro sagte: »Ich weiß ja, dass bei euch jetzt niemand zu Hause ist. Ich habe hier eine Lieferung fürs Kapitänshaus, soll ich die hier bei dir abstellen?«
Caro runzelte leicht die Stirn. »Lieferung? Ich wüsste nicht, dass wir etwas bestellt haben, aber vielleicht ist es etwas für Felix’ neue Gastroküche und er hat vergessen, es mir zu erzählen.«
»Gastroküche könnte hinkommen, das Paket ist Sperrgut.«
»So groß? Na gut, stell es am Hintereingang ab, ich komme gleich und unterschreibe die Annahme.«
Es war ein großes, sperriges Paket aus England, und es war tatsächlich an Felix Messner adressiert. »Ach, du meine Güte, das müssen wir mit dem Auto nach Hause transportieren. Keine Ahnung, was Felix da bestellt hat.«
In der Mittagspause rief Caro bei ihrem Freund an und erkundigte sich, was er Großes bestellt habe. »Ich? Nichts!«, antwortete Felix entschieden. »Wie heißt denn die Firma?«
»Silver Cross«, antwortete Caro, jetzt leicht beunruhigt. War sie einem Betrüger auf den Leim gegangen, hätte sie die Annahme verweigern sollen? »Ich suche mal im Internet nach der Firma und rufe dich wieder an.«
»Tu das, Schatz. Ich muss jetzt dringend weitermachen, wir arbeiten am Hochzeitsmenü. Hab dich lieb!«
Nachdenklich schaute Caro auf das Telefon in ihrer Hand. Wie konnte Felix sich nur so völlig normal verhalten? So, als hätte es den gestrigen Streit nicht gegeben und die halbe Nacht, die er mit Fiona im Wohnzimmer verbracht hatte? Den Morgen beim Frühstück, bei dem sie sich angeschwiegen hatten? Caro schüttelte den Kopf. Darum musste sie sich später kümmern, jetzt war erst einmal das seltsame Riesenpaket an der Reihe. Als sie den Namen Silver Cross in den Computer eingab, blieb ihr vor Staunen der Mund offen stehen. »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«
»Was denn? Ist etwas nicht in Ordnung?«, fragte Gerti alarmiert.
»Das kann man wohl so sagen! Wie es aussieht, habe ich gerade einen Luxuskinderwagen für die Oberen Zehntausend in Empfang genommen!«, japste Caro. »Ich fass es nicht!« Bewaffnet mit einem scharfen Brieföffner stürmte sie zum Hintereingang, wo das sperrige Paket stand. Energisch durchtrennte sie die Klebestreifen und klappte den Deckel zurück.
Gerade in diesem Augenblick bog Familie Seefeld um die Ecke, die gemeinsam eingekauft hatte. »Hoppla!« Der Arzt konnte seine Schritte gerade noch rechtzeitig an dem großen Hindernis vorbei lenken. »Was haben Sie sich denn Schönes bestellt?«
»Ich? Nichts! Aber ich kenne jemanden, der für das hier verantwortlich sein könnte!«, antwortete Caro grimmig.
Auch Emilia schaute in das Paket, das einen edlen, dunkelblauen Kinderwagen der Luxusklasse enthielt. »Krass, das ist ja