Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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Nähe zu genießen, aber sie sagte kein einziges Wort über seine Komposition. Ihre freundliche Aufmerksamkeit galt auch nicht ihm im Besonderen, sondern seine Angebetete schien sich in Gesellschaft aller wohl zu fühlen.

      Leander sah sie drüben im Wintergarten stehen, wo Benedikt Seefeld ihr ein Cocktailglas reichte. Ihre Augen lachten, und sie hatte schwesterlich (oder mütterlich?) den Arm um Emilia gelegt. »Ihr ahnt ja gar nicht, wie sehr ich mich über euer Geschenk freue!«, hörte Leander sie sagen. »Diese Ausstellung ist wirklich ganz besonders, und ich kann das Wochenende mit Sebastian in Salzburg kaum erwarten.«

      Natürlich – Sebastian. So freundlich und verständnisvoll, überaus gutaussehend und mit einer großen Liebe zur Malerei. Und das Schicksal hatte ihm eine schwere Bürde aufgeladen.

      Sophia an seiner Seite –, war es das, was die Seefelds zu sehen begannen?

      Leander setzte abrupt sein Glas ab. Das musste er sich nicht weiter mit anschauen! »Ich möchte die Feier nicht mit einer Verabschiedungsrunde stören, aber ich muss jetzt los«, sagte er zu Traudel. »Danke für die Einladung. Richten Sie bitte Sophia meine Grüße aus. Gute Nacht.«

      »Gute Nacht, Leander«, sagte Traudel überrumpelt. Verwundert schaute sie dem Mann hinterher. Was mochte der Grund für seinen plötzlichen Aufbruch gewesen sein? Einen Moment noch machte sie sich darüber Gedanken, aber dann bat Benedikt sie zum Tanzen und nichts anderes war mehr wichtig.

      »Eigenartig, dass Leander so sang- und klanglos verschwunden ist«, sagte Sophia später, als sie gemeinsam mit der Familie die Küche aufräumte. »Er hat mir nicht einmal auf Wiedersehen gesagt.«

      »Bist du enttäuscht deswegen?«, fragte Sebastian.

      »Ein wenig schon«, gestand die junge Frau. »Wir hatten …, es gab Momente, da dachte ich, wir stehen uns besonders nahe.«

      »Mach dir nicht zu viele Gedanken deswegen.« Benedikt legte väterlich seinen Arm um ihre Schultern. »Vielleicht war es ihm einfach nur zu laut und umtriebig hier. Er scheint mir eine empfindsame Künstlerseele zu sein, jemand, der die Zurückgezogenheit schätzt.«

      »Da hast du wohl recht. Auf jeden Fall war es ein wunderschöner Tag, den ich mir nicht durch dunkle Gedanken trüben lassen will!«, antwortete Sophia entschieden. Was immer es auch gewesen sein mochte, was Leander zu seinem frühen Aufbruch getrieben hatte, ihr blieben sein wunderbarer Einfall mit den Blumen und die Mühe, die er sich gemacht hatte, heimlich ihren Platz zu schmücken. Also konnte sie dem Mann nicht gleichgültig sein, und dieser Gedanke erfüllte Sophia mit einem prickelnden Glücksgefühl.

      *

      Die Arbeiten an der Kirche in Bergmoosbach waren fast abgeschlossen. Leander trug schwer an der Enttäuschung, dass Sophia seine Komposition mit keinem Wort erwähnte, und sein Stolz hielt ihn davon ab nachzufragen. Wie hätte er damit leben sollen, wenn die junge Frau seine Liebe direkt zurückwies? Ihre indirekte Antwort, ihr Schweigen war schon schlimm genug für ihn.

      Dazu kam das Wissen um das Wochenende, das Sophia mit Sebastian in Salzburg verbrachte. Obwohl der Orgelbauer versuchte, sich abzulenken und nicht andauernd an das Paar zu denken, ging seine Fantasie mit ihm durch. Sophia, beeindruckt von der Ausstellung, in Fachgespräche mit Sebastian vertieft. Sophia, Hand in Hand mit ihm beim Bummeln durch alte Gassen. Die elegante Sophie beim Diner im Sternerestaurant, ihr gegenüber der weltgewandte, charmante Doktor Seefeld. Sophia und Sebastian im Hotel, hingebungsvoll und leidenschaftlich … Leanders Kopfkino versorgte ihn mit äußerst lebendigen und äußerst störenden Bildern.

      Am Montag nach diesem Wochenende war er ein Wrack.

      Er hatte nicht geschlafen, kaum etwas gegessen und hätte aus der Haut fahren können! Sophia hatte eine Woche Urlaub genommen und war nur zu einer kurzen Stippvisite auf die Orgelempore gekommen, um sich von ihm zu verabschieden, sie war bereits beim Packen für den Besuch bei ihrer Großmutter in der Toskana. Aber so viel Zeit, um ausgiebig von der Fahrt nach Salzburg zu schwärmen, hatte sie!

      »Ich kann dir gar nicht in allen Einzelheiten beschreiben, wie schön es tatsächlich gewesen ist«, schloss sie ihre begeisterte Erzählung. »Es war toll mit Sebastian! Er weiß so viel, sowohl über Salzburg, als auch über die impressionistische Malerei, wir haben uns so gut verstanden.«

      »Das ist ja schön«, antwortete Leander erschöpft.

      »Ich muss jetzt meine Sachen packen und mich auf den Weg nach München zum Flughafen machen.« Plötzlich lagen Sophias Arme um seinen Hals, und ihre Lippen streiften den Winkel seines Mundes. »Auf Wiedersehen, Leander.«

      »Wiedersehen«, murmelte er, ohne die Umarmung oder den Kuss zu erwidern.

      Sophias leichter Schritt verhallte auf der Treppe der Empore, und Leander blieb allein zurück.

      Wenn sie aus der Toskana zurückkommt, bin ich weg, dachte er. Morgen bin ich mit meiner Arbeit fertig, und dann reise ich ab. Adieu, Sophia!

      Mechanisch verrichtete er seine Arbeit, die sonst seine ganze Aufmerksamkeit beansprucht hatte. Irgendwann fiel ihm auf, dass es Mittagszeit war, und dass er großen Hunger hatte. Müde ging Leander in den Biergarten der Brauerei Schwartz hinüber und ließ sich auf einen freien Platz fallen. Er fühlte sich einsam unter den anderen Gästen, aber eigentlich war es ihm egal. Stumpfsinnig wartete er darauf, dass sein Essen serviert wurde, und leerte erst einmal eine Maß Bier. Und zum Essen eine zweite.

      Leander war ein Mensch, der wenig Alkohol trank und wenn, dann mäßig. Deshalb hatte das Bier, das er schnell auf nüchternen Magen getrunken hatte, eine ziemliche Wirkung auf ihn, die von der zweiten Maß noch erheblich verstärkt wurde. Nur so konnte er sich im Nachhinein sein Verhalten erklären, das zu dieser peinlichen Auseinandersetzung mit Sebastian führte …

      Der Landdoktor war von seinen Hausbesuchen gekommen, die ihn müde, hungrig und vor allem durstig gemacht hatten. Er wusste, dass ihn heute zu Hause niemand erwartete, seine Familie war ausgeflogen, also ging er hinüber in den Biergarten. Er sah den Orgelbauer alleine, an einem Tisch sitzen und ging zu ihm hinüber. »Hallo, Leander, was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?«, fragte er freundlich.

      »Mhm«, kam die gebrummelte Antwort.

      Sebastian setzte sich gemütlich zurecht, streckte entspannt die Beine von sich und leerte seine große Apfelschorle in einem Zug. »Das tat gut!«, sagte er zufrieden.

      »Ja? Auch wenn es kein französischer Champagner war?«, fragte Leander.

      »Champagner?« Überrascht lachte Sebastian auf. »Wie kommst du denn jetzt darauf?«

      »Na, das Sternerestaurant in Salzburg. Habt ihr da keinen Schampus getrunken?«

      »Wie bitte?« Perplex schaute der Landdoktor sein Gegenüber an. »Wie kommst du auf die Idee, ich hätte Champagner getrunken?«

      »Macht man das denn nicht, wenn man mit einer tollen Frau ausgeht und sie beeindrucken will?«, sagte Leander dümmlich.

      Erstaunt musterte Sebastian den Orgelbauer, der gereizt zurück starrte. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, das war nicht der freundliche, zurückhaltende Leander Florentin! Der Arzt fasste den anderen Mann genau ins Auge. »Leander, was ist los?«

      »Gar nichts!«, kam die scharfe Antwort. »Alles bestens! Zumindest für dich, nicht wahr, mein alter Freund? Hattest ein tolles Wochenende mit einer tollen Frau. Ist ja auch ganz einfach für dich, du Frauenversteher! Man fühlt sich ja so wohl in deiner Gesellschaft! Dafür kennst du eine Menge Tricks, stimmt’s? Sag doch mal, Doktor Seefeld, gehört es auch in deine Trickkiste, dass du anderen ihre Überraschung stiehlst?« Leander war während seiner Anfeindung immer lauter geworden, und Sebastian bemerkte voller Unbehagen, dass man an den Nebentischen bereits aufmerksam zuhörte.

      »Leander, ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst!«, erwiderte er ernst.

      »Ach, nee!« Der Orgelbauer grinste gefährlich. »Was lag denn an Sophias Geburtstag morgens auf dem Gartentisch, nachdem ich es dort deponiert hatte, hm? Und was sie dann offensichtlich nicht gefunden hat! Zuerst hab ich gedacht, es hat ihr nichts bedeutet, aber was,