Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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haben!«

      »Ich verstehe«, antwortete die Künstlerin. Ihre Hand berührte sanft den Namen auf dem alten Stein, dann legte sie die weiße Rose in das weiche Moos. »Vi porto i saluti da Francesca«, sagte sie leise. Ich bringe dir Grüße von Francesca.

      In der Ferne war der Ruf eines Kuckucks zu hören, und in den blühenden Linden des Hofes summten die Bienen, sonst war es sehr still. Es roch nach Sommer, nach warmer Erde, Blumen und Heumahd, und Schwalben zogen ihre eleganten Flugbahnen vor der blauen Unendlichkeit. Mit einem zufriedenen Lächeln wandte Sophia sich an die Freunde, die neben ihr standen. »Es war schön, der Vergangenheit zu begegnen, aber jetzt sollten wir auch Zeit für die Gegenwart haben. Sind wir nicht eigentlich hergekommen, um uns zwei neugeborene Fohlen anzuschauen?«

      »Dann kommt, unsere beiden Schönheiten sind wirklich eine Augenweide!«, sagte Elise von Raven stolz.

      Gemeinsam gingen sie zu den Stallungen hinüber und waren schnell in angeregte Gespräche über Pferdezucht und Reiten vertieft. Dabei erzählten Sebastian und Emilia, dass sie in Kanada bei Freunden, die eine Farm bewirtschafteten, oft geritten waren. »Es ist lange her, dass ich geritten bin, aber ich würde es sehr gern wieder einmal tun«, warf Sophia ein.

      »Warum denn nicht jetzt?«, fragte Elise. »Diejenigen, die Lust dazu haben, könnten einen Ausritt machen.«

      »In dieser Kleidung?« Die Malerin wies auf das zarte Sommerkleid aus Baumwollbatist, das sie trug. »Wohl eher nicht.«

      »Hm!« Toni musterte abschätzend Größe und Figur der zierlichen Sophia. »Wenn du magst, kannst du gern meine Reitkleidung haben, sie müsste dir passen.«

      »Wenn du sie entbehren kannst, dann leihe ich sie mir gern aus«, antwortete die junge Frau. Ihre dunklen Augen blitzten unternehmungslustig. »Wer kommt denn alles mit?«

      Nach einigem Hin und Her wegen fehlender oder nicht passender Stiefel und Reiterhelme blieben schließlich nur Sebastian, seine Tochter und Sophia übrig, die sich für einen Ausritt entschieden. Als Emilia bemerkte, dass weder Toni noch Markus mitkommen würden, blieb auch sie zurück. »Es ist toll, ohne Schulaufgaben oder Training oder irgendwelche anderen Aufgaben mit meinen Freunden zusammen zu sein«, sagte sie zu ihrem Vater. »Mal einfach nur quatschen und Musik hören zu können. Wir sehen uns dann später.« Mit wehender Haarmähne war sie auf und davon Richtung Garten, wo Toni und Markus auf sie warteten.

      »Dann also nur wir beide«, stellte Sebastian fest. Er half Sophia beim Aufsitzen auf eine elegante Schimmelstute namens Sternsinger und bestieg dann den dunkelbraunen Wallach Deichgraf. »Bis nachher!«, verabschiedete er sich, und das Paar trabte über die Einfahrt hinaus ins Gelände.

      Vor ihnen öffnete sich im Hintergrund das herrliche Alpenpanorama, und in ihrer Nähe lockten die sanft gewellten Hügel mit ihren blühenden Wiesen und Weiden. Die beiden Reiter blieben zunächst in der Nähe des Gutshauses, dann folgten sie in einem sandigen Reitweg, der in weitem Bogen durch den Wald wieder zurück zum Brunnenhof führte. Anfangs waren sie getrabt, auf dem breiten Reitweg sogar in Galopp gefallen, aber nun ritten sie gemächlich im Schritt nebeneinander her und unterhielten sich.

      »Das Ende dieser Liebesgeschichte ist schon erstaunlich«, sagte Sebastian mit einem kleinen Auflachen. »Wer hätte gedacht, dass du ausgerechnet hierher kommst und deinen unbekannten Vorfahr aufspürst!«

      »Ja, damit habe ich ganz und gar nicht gerechnet. Meine Familie wird überrascht sein, wenn ich ihnen die Lebensgeschichte des Mannes, der bisher immer nur Alberto war, erzählen kann.«

      »Eine anrührende Liebesgeschichte – mit einem bitteren Ende«, sagte Sebastian nachdenklich.

      Sophias Gesicht wurde hart. »Ist das nicht bei fast allen Liebesgeschichten so?«, fragte sie. »Bei dir hat der Tod ein Ende gesetzt, und bei mir …« Sie schwieg.

      Der junge Arzt schwieg in seine eigenen Gedanken versunken. Erst nach einer ganzen Weile fragte er behutsam: »Ja? Und bei dir …?«

      Sophia zuckte mit den Schultern. »Die alte Geschichte: Frau liebt Mann, Mann liebt Frau, am allermeisten aber sich selbst. Betrug, aus, Ende, vorbei.«

      »Das klingt nach sehr viel Schmerz«, wagte Sebastian sich weiter vor. »Der Mann, den du geliebt hast, hat dich betrogen?«

      Sophia lachte bitter auf. »Das kann man wohl so sagen!« Sie sah das Mitgefühl in den Augen des Mannes und wusste nicht, ob es ihr guttat oder ob es sie beschämte. »Lass uns von etwas anderem reden«, wich sie aus. »Der Tag ist so schön, und ich will ihn mir nicht durch Vergangenes verderben lassen. Das Leben geht weiter, und nicht alle Männer sind so mies wie dieser Roberto Alvarino! Du, zum Beispiel, bist das völlige Gegenteil. Dir würde ich keine Falschheit zutrauen, Dottore.«

      »Na, das hoffe ich doch sehr!«, ging der Landdoktor auf ihren Tonfall ein. »Und von so netten Männern wie mich gibt es noch eine ganze Menge mehr.«

      »Zum Beispiel diesen Orgelbauer«, hörte sie sich zu ihrem eigenen Erstaunen plötzlich sagen.

      »Leander Florentin, magst du ihn?«, fragte Sebastian vorsichtig. Er war sich nicht sicher, wie Sophia reagieren würde, vielleicht war ihr diese Frage zu direkt?

      Sie überraschte ihn. »Ich mag ihn sogar sehr! Er ist freundlich, einfühlsam, eine verwandte Seele. In seiner Musik lebt er so wie ich in meiner Malerei. Es könnte ganz einfach sein, aber manchmal weiß ich trotz aller Übereinstimmung nicht, woran ich bin.«

      »Wie meinst du das?«

      »Manchmal wirkt er so abwesend, und das überrascht mich. Vorgestern haben wir zusammengesessen, und Leander hat mir etwas sehr Persönliches und Schmerzhaftes aus seiner Vergangenheit erzählt. Wir sind uns sehr nahe gewesen.

      Heute, als sich nach und nach meine Familiengeschichte zusammenfügte, da hätte ich mich über diese Nähe gefreut. Aber irgendwie stand Leander nur höflich und mäßig interessiert neben mir. Es schien nicht wichtig für ihn zu sein oder ihn in wirklich zu berühren.«

      »Das tut mir leid«, antwortete Sebastian aufrichtig.

      Sophia straffte ihre schmalen Schultern und reckte das Kinn in die Höhe. »Ist nicht so wichtig«, sagte sie betont munter. »Schließlich ist es nur eine uralte Liebesgeschichte, die schon lange keine Bedeutung mehr hat.«

      »Die Geschichte deiner Vorfahren vielleicht nicht, aber was ist mit deiner Beziehung zu Leander?«, fragte der junge Landdoktor weiter.

      »Keine Ahnung.« Die Künstlerin schaute stur geradeaus. »Außer, dass wir gemeinsam arbeiten, gibt es keine Beziehung zwischen uns.«

      Das klang aber eben noch ganz anders!, dachte Sebastian, sagte aber weiter nichts dazu. Er ging auf Sophias Plaudern ein, die von ihrer Nonna Anna-Maria und deren bevorstehendem Geburtstag erzählte. Dabei erwähnte die junge Frau beiläufig, dass sie selbst wenige Tage vorher Geburtstag hatte.

      »Oh, dann gibt es in deiner Heimat ja besonders viel zu feiern«, lächelte Sebastian. Dann schaute er sie von der Seite an. »Das heißt, dass du an deinem eigenen Geburtstag noch in Bergmoosbach bist? Wie willst du ihn denn hier feiern?«

      »Gar nicht«, antwortete die junge Frau. »Es ist ja kein besonderer, und ich bin davon ausgegangen, ihn allein in meinem Hotelzimmer zu verbringen.«

      »Jetzt wohnst du aber bei uns«, erinnerte sie Sebastian. »Und im Hause Seefeld wird immer Geburtstag gefeiert! Was, glaubst du, werden Traudel und Emilia zu deinen minimalistischen Plänen sagen?«

      Sophia lachte. »Wahrscheinlich gäbe es Proteste.«

      »Und dazu lassen wir es gar nicht erst kommen«, entschied Sebastian. »Du feierst bei uns!«

      »Si, Dottore!« Die junge Frau salutierte scherzhaft. »Ärztlichen Anweisungen sollte man sich nicht widersetzen.«

      »Das erkläre mal manchen meiner Patienten!«, seufzte der Landdoktor im Spaß.

      Den Rest des Ausritts verbrachten sie mit der Planung von Sophias Geburtstagsfeier und viel Gelächter und kehrten in bester Stimmung auf