Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Perry Rhodan
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845333458
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Aankhpanali kaute auf dem gebratenen Fleisch. Die nadelspitzen Zähne blieben sogar zu sehen, wenn der Mund geschlossen war, denn er schloss sich nie vollständig. Etwas Speichel rann darüber. Die sechs kreisförmig darum liegenden dunkelroten Augen richteten ihren Blick auf Tsaras. »Ich habe keinen Namen. Nicht mehr, seit ich mein Leben verlor und auf der Ausweglosen Straße gelandet bin.«

      »Wie hat man dich früher genannt?«

      »Was spielt es für eine Rolle?«

      »Es ist wichtig«, sagte Desach, »weil du immer noch jemand bist. Nicht nur ein Gefangener.«

      »Ich fühle mich aber nicht so«, sagte der Aankhpanali. »Ihr etwa?«

      »Wir sind Brüder. Damals und heute genauso. Außerdem ...«

      »Ihr seid Terraner, richtig? Ihr seht zumindest so aus.«

      »Hast du etwas dagegen?«

      »Hätte ich mich dann an euch gewandt? Es ist immer ein Risiko, jemanden anzusprechen.« Der Aankhpanali biss erneut von seinem Fleischstück ab.

      »Du besitzt eine Paragabe«, sagte Lirach. »Das ist mehr, als die meisten sagen können.«

      »Viele aus meinem Volk sind derart begabt«, erklärte das Wesen mit dem Augenkranz. »Die Cairaner wissen das. Deshalb holen sie uns hierher.«

      »Sie haben ... Angst vor euch?«, fragte Desach.

      »Sie stehlen mit dem Vital-Suppressor unsere Vitalenergie, die dank der Paragabe besonders ist«, widersprach der Fremde. »Zumindest glaube ich das. Wie sollte ich es beweisen? Ich habe anderes zu tun. Zum Beispiel zu überleben.«

      Alle schwiegen und aßen.

      »Schmeckt dir dein Willkommensgeschenk?«, fragte Tsaras.

      »Nein. Aber es hilft, den Hunger zu stillen. Ich habe nie Fleisch gegessen. Es ekelt mich an.«

      »Du bist ...«

      »Ich bin ehrlich. Was ist uns denn sonst noch geblieben?« Er schlang den letzten Bissen hinunter.

      Tsaras' Zeitgefühl sagte ihm, dass der Tag sich dem Ende zuneigen müsste – doch wie immer blieb es gleichbleibend hell. Der Sliwaner fürchtete sich vor dem Moment, an dem das Feuer abbrannte und sie ihr Lager und den Krater verlassen würden.

      Vor der Kälte, die auf ihn wartete und die das Erstarren seines Körpers mit sich brachte.

      Davor, dass er wieder auf die Hilfe seiner Freunde angewiesen war, die ihn auf einer Trage mit sich schleppen mussten.

      Unvermittelt bebte die Erde. Zuerst war es eher ein Gefühl, als dass Tsaras tatsächlich etwas spürte, dann rollten Steine die Kraterwand hinab. Sie rissen weitere mit sich, die donnernd hinabkrachten.

      Alle sprangen auf, auch Tsaras konnte sich dank der Hitze des Feuers geschmeidig bewegen.

      Der See einige Meter tiefer kochte mit einem Mal auf, die Giftschwaden wallten höher als zuvor, und eine Wasserfontäne spritzte wie ein Geysir auf. Sie versprühte zu Millionen Tropfen, die sich weit ausbreiteten – und plötzlich in einem Schutt herabregneten und die Gefährten überschüttete.

      Zischend verdampfte Feuchtigkeit im Lagerfeuer, bis das Feuer erlosch.

      Der Schock des eiskalten Wassers lähmte Tsaras. Es fühlte sich an, als würden seine Schuppen erstarren oder ihm herausgerissen werden. Er versuchte zu atmen und bekam kaum Luft.

      Er schmeckte das Salz des Wassers, das ihm in den Mund rann.

      Desach und Lirach standen klatschnass da, die Kleider klebten ihnen am Leib.

      Der Aankhpanali schrie auf, mit seltsam schriller Stimme. Wasser rann in Strömen über seinen dunklen Körperpanzer. Der Augenkranz weitete sich. »Wir müssen weg hier!«

      »Warte!«, rief Lirach ihm zu.

      »Was ...«

      »Ich glaube, es war ein einmaliges Beben. Hör doch ... es bleibt still.«

      Die Welt verschwamm vor Tsaras. Noch immer konnte er nicht atmen, als würde etwas seinen Körper zusammenpressen und jede Luft aus ihm quetschen.

      Dieser plötzliche Kälteschock!

      Die Stimmen der anderen klangen wie ferne Erinnerungen hinter einem Nebelschleier.

      »Behalt die Umgebung im Auge.« War das Desach?

      »Es strömt mehr Giftgas aus!« Lirach?

      »Komm so...« – »Aber es ...« – »...hal...to...«

      Er konnte nichts mehr zuordnen.

      Jede Silbe verhallte.

      Und: Stille.

      *

      Etwas an der Schwärze tröstete ihn. Sie verhieß Ruhe, vielleicht sogar ein besseres Leben. Gab es also doch etwas im Danach. Wie gerne hätte Tsaras es den großen Denkern seines Volkes mitgeteilt. Seltsam, dass er zuerst die Ausweglose Straße hatte betreten müssen, um diese Erkenntnis zu gewinnen.

      Ja, es war gut, an diesem Ort zu sein.

      Mit der Zeit würde er sich vielleicht orientieren können.

      Ob es andere Wesen gab auf der Straße?

      Oder existierte nur noch er selbst?

      Verging Zeit?

      Er wusste es nicht, aber mit einem Mal änderte sich etwas. Zuerst drang Wärme zu ihm durch. Sie kroch über seinen Oberkörper, umschmeichelte die Schuppen, pulste in sein Blut, das nicht mehr so träge dahinfloss.

      Es fühlte sich friedlich an, stark und lebendig. Tsaras nahm seinen Körper wahr und verstand, dass er nicht gestorben sein konnte.

      Es gelang ihm, die Augen zu öffnen. Er sah in sechs rote Ringe. Dazwischen schnappten Zähne, und der Anblick erschreckte ihn. Doch die Angst verschwand, als er begriff, dass er in das Gesicht des Aankhpanali schaute.

      »Korelasimata«, sagte der Fremde, dem er Fleisch geschenkt und der ihm im Gegenzug ins Leben zurückgeholt hatte. Er befand sich dicht bei ihm. »Das war mein Name.«

      »Das ist er immer noch«, widersprach Tsaras. Seltsam, er fühlte sich in der Lage zu reden, und glaubte sogar, sich bewegen zu können.

      »Meine Freunde, und zu denen zähle ich dich«, fuhr der Aankhpanali fort, »nennen mich Relas.«

      »Wie hast du mich ...«

      »Erweckt?« Der Fremde schloss den Mund, so weit er ihn eben schließen konnte. Er war so nah, dass Tsaras die Zähne aufeinander knirschen hörte. »Die terranischen Brüder haben mir gesagt, wo dein Problem liegt, Wechselwarmer. Die plötzliche Kälte hätte deinen Körper fast versagen lassen. Ich gab dir, was du brauchst, um dir zu helfen.«

      Zum ersten Mal seit seinem Erwachen wandte der Sliwaner den Blick vom Gesicht seines Retters – und verstand. Relas lag auf ihm. Der Fremde hatte den schwarzen Körperpanzer geöffnet und die Hälften um Tsaras' Oberkörper wieder geschlossen.

      »Mein Volk ist extrem widerstandsfähig gegen Kälte«, sagte der Aankhpanali. »Der Panzer schützt uns, indem er Wärme abgibt. Unter dem Einfluss des Vital-Suppressors weniger als sonst, aber immer noch genug, um wenigstens nicht unter der Kälte zu leiden. Und um dich zu retten.«

      »Danke.«

      »Ich glaube, du wirst Gelegenheit bekommen, dich zu revanchieren.« Korelasimata löste sich von ihm, und für einen Augenblick sah Tsaras blasse, dunkelblau geäderte Haut, ehe sich der Körperpanzer um den Aankhpanali schloss.

      Sofort wich die lebendig machende Wärme – aber nur bis zu dem Zustand, den der Sliwaner aus vielen Tagen der Gefangenschaft kannte. Er würde überleben. Sein Körper hatte den Schockzustand überwunden. Er konnte mit seinen Gefährten weiterziehen – oder besser gesagt, sich von ihnen wieder mitschleppen lassen.

      Was blieb