Das Kreischen des gequälten Metalls und die entsetzten Schreie der Verfolger bildeten eine seltsame Geräuschkulisse in der friedlichen Gegend.
Einer der Polizisten wurde aus dem Sattel gehoben und flog im weiten Bogen über den Wagen hinweg. Mit hartem Aufschlag klatschte er seitlich neben der Straße auf die Grasnarbe unmittelbar neben dem nackten Felsen.
Steve warf dem Mann nur einen kurzen Blick zu. Mit ein wenig Glück überlebte der Mann den Sturz.
Der zweite war voll gegen den Wagen geknallt. Steve McCoy hörte den Sturzhelm gegen eine Scheibe schlagen, die prompt zersplitterte. Eines der Motorräder hatte sich selbständig gemacht und rollte auf den Abhang zu. Steve war mit zwei Schritten heran und beförderte das Vehikel in den Abgrund, der hier ziemlich steil nach unten abfiel.
Es brach noch durch die Büsche, als der Agent schon um den Wagen herum war und sich den Erfolg der Aktion ansah.
Das zweite Motorrad hätte nur noch einem Schrotthändler Freude bereitet, aber auch die Seite des Wagens sah böse aus. Trotzdem würde man damit noch fahren können.
Er beugte sich zu dem Polizisten hinunter, der zwischen Wagen und Motorrad eingekeilt war. Sein Gesicht war blutüberströmt, aber der Mann lebte. Die Verletzungen waren äußerlich. Schrammen und Abschürfungen. Er würde eine Zeit lang nicht Motorrad fahren können.
Steve steckte seine Waffe wieder ein und zerrte den Mann unter seinem Motorrad hervor. Der Polizist stöhnte und schlug die Augen auf. Er schien nicht ganz zu begreifen, was vorgefallen war. In seiner Erinnerung würde er das Gefühl haben, von einer Dampfwalze überrollt worden zu sein.
Steve packte ihn unter den Achseln und schleifte ihn zur Seite. Danach nahm er den Revolver aus dessen Hüfttasche und schleuderte ihn im weiten Bogen in den Abgrund.
Er ging wieder auf die andere Seite des Wagens, wo Leila sich über den zweiten Polizisten beugte. „Er lebt“, sagte sie.
Steve nickte. „Er wird sich ein paar Knochen gebrochen haben.“
Auch ihm nahm er die Waffe ab und warf sie weg. „Wir müssen weiter, man wird die beiden schon finden. Sie werden sich nicht genau erinnern können, was eigentlich passiert ist.“
Sie nickte, und gemeinsam stiegen sie ein.
„Es ist am besten, wenn wir den Weg zurückfahren“, sagte Leila, als er den Motor angelassen hatte. „Wir müssen schnell weg aus dieser Gegend.“
„Der Ansicht bin ich allerdings auch.“ Die Abfahrt den Berg hinunter ging leichter, aber das lag sicher daran, dass sie diesmal keine Verfolger im Nacken hatten.
Wieder begegnete ihnen kein Mensch. Erst am Anfang der kleinen Straße sahen sie eine Eselskarre, auf der ein Araber saß. Aber der Mann achtete überhaupt nicht auf das Auto.
Steve deutete auf den Mann. „Er will sicher in die Berge. Er wird die Polizisten finden.“
Einige Zeit später waren sie wieder auf der Straße, die nach Damaskus führte. McCoy war hundemüde, aber er wollte weiter. Jeder Kilometer war wertvoll und brachte ihn seinem Ziel näher.
Leila schloss die Augen und lehnte sich zurück. Auch ihr stand die Anspannung der letzten Stunden im Gesicht.
Sie erreichten den Stadtrand von Damaskus erst am Nachmittag, ohne angehalten zu werden.
Leila setzte eine Sonnenbrille auf, die in der Ablage lag. Sie sah zwar unmöglich aus, veränderte ihr Gesicht aber sofort. Im Handschuhfach fand das Mädchen ein sauberes buntes Tuch, das sie in arabischer Weise um den Kopf schlang. So leicht würde man sie jetzt nicht erkennen.
Steve fuhr langsam an das Hotel heran. Es schien nicht bewacht zu sein. Er fuhr in eine Seitenstraße und stellte den Wagen ab. Die zerschrammte Seitenflanke fiel nicht so sehr auf. Hier gab es eine ganze Menge Autos, die weitaus schlimmer aussahen.
Niemand achtete auf sie, als sie ausstiegen. Steve hatte nicht vor, den Wagen ein zweites Mal zu benutzen, man konnte ihn auch nicht damit in Verbindung bringen.
Er ging langsam zum Hoteleingang des „New Semiramis“, Leila dicht hinter ihm. In der Halle herrschte Betrieb, sodass die beiden überhaupt nicht auffielen. Steve McCoy holte seinen Schlüssel, und sie gingen die Treppe hinauf.
Als er die Tür aufgeschlossen hatte, überprüfte er sofort seine Sicherheitsvorkehrungen, aber in der Zwischenzeit war niemand hier gewesen. Er deutete auf die Tür zum Badezimmer. „Sie können sich dort in Ruhe frisch machen. Und dann schlafen Sie am besten, um wieder fit zu werden.“
Leila nickte wortlos. Sie wirkte erschöpft.
12.
Die Maschine der Aeroflot rollte im scharfen Bogen von der Landebahn und folgte dem Jeep mit dem „Follow me“-Zeichen. Der Flughafen von Damaskus lag unter brütender Hitze, obwohl die Sonne ihren höchsten Stand schon lange überschritten hatte.
Mit wippenden Tragflächen rollte die Tupolew langsam aus und blieb stehen, als der Lotse seine Kellen kreuzte.
Die Triebwerke verstummten, eines nach dem anderen. Eine Gangway wurde herangefahren, die Luke öffnete sich. Eine Stewardess erschien in der Öffnung und wartete, bis die Gangway ganz heran war. Danach gab sie den Weg frei.
Da die Maschine in einer entfernten Ecke des Flughafens ausgerollt war, gab es keine unerwünschten Beobachter, die bemerkten, dass aus der riesigen Düsenmaschine nur sechs Männer stiegen.
Ein paar Meter entfernt stand ein einzelner Mann, die Hände auf dem Rücken. Er wippte leicht auf den Fußballen und sah den Neuankömmlingen interessiert, aber mit nichtssagender Miene entgegen. Hinter ihm parkten zwei schwarze Limousinen mit Kennzeichen des Diplomatischen Corps.
Der einzelne Mann lächelte leicht, als er bemerkte, wie die Männer unter ihren schweren Anzugstoffen schwitzten. Sie sahen fast gleich aus. Aber das kam wohl nur daher, dass sie alle den gleichen Job hatten, obwohl es unter ihnen Spezialisten gab, die unterschiedliche Arbeitsgebiete beherrschten.
Als sie am Fuße der Gangway versammelt waren, ging der einzelne Mann mit elastischen Schritten auf sie zu und streckte die Hand aus. „Ich begrüße Sie, Genossen, und freue mich, dass Sie so schnell gekommen sind.“
Aus der Gruppe löste sich ein hoch gewachsener Mann mit eisgrauem Haar. Seine Jacke spannte sich über den breiten Schultern. „Wir danken für den freundlichen Empfang, Genosse Oberst, aber Sie hätten sich nicht selbst zum Flughafen bemühen müssen.“
Der Mann nahm mit langsamen Bewegungen seine Sonnenbrille ab.
Oberst Malakin verlor ein wenig von seiner gesunden Gesichtsfarbe. Er bekam einen leicht verkniffenen Zug um die Mundwinkel. „Genosse Kamarow, ich habe Sie gar nicht erkannt.“
Alexej Kamarow, dreiundvierzig Jahre alt, war Spitzenagent des KGB. Wo er auftauchte, ging es um wichtige Dinge. Das wusste Oberst Malakin. Und er wusste auch, dass ihm damit das Kommando entzogen war, selbst wenn das nicht offiziell ausgesprochen wurde. Der KGB hatte immer das Kommando, denn der militärische Nachrichtendienst GRU, dem Malakin angehörte, war nur ein verlängerter Arm des KGB. Aber es war besser, darüber nicht nachzudenken.
Malakin wusste nicht, welchen Rang Kamarow führte, aber das war gleichgültig, selbst ein KGB-Major oder gar ein Hauptmann hätte ihm, einem Oberst, Befehle geben können.
Malakin zuckte unbewusst mit den Schultern, als ihm diese Gedanken durch den Kopf gingen. Schließlich machte er eine einladende Handbewegung. „Darf ich Sie bitten, in die Wagen zu steigen.“
Kamarow winkte ab. „Einen Augenblick noch. Wir warten, bis unser Gepäck ausgeladen ist.“
Einige Leute vom