Buddhismus und kindliche Spiritualität. Alexander von Gontard. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander von Gontard
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783170351615
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und Kinder in der Kunst

      In seinem Buch über Bildnisse des Buddha, weist Schumann (2003) darauf hin, dass in der frühen buddhistischen Kunst der Buddha nicht als Person dargestellt wurde. Diese erste Periode dauerte mehrere Jahrhunderte nach seinem Tod an. Stattdessen wurden wichtige Lebensereignisse in seinem Leben ursprünglich symbolisch dargestellt: Seine Geburt als Gefäß, seiner Erleuchtung als ein Thron unter einem Pipalbaum und seine erste Lehrrede als ein Rad mit 24 Speichen. Dieses buddhistische Bild des Rades findet sich in der Mitte der heutigen Landesfahne Indiens wieder, obwohl der Buddhismus in Indien praktisch nicht mehr existiert. Sein Tod wurde ursprünglich als Stupa, ein dreidimensionaler Hügel in Mandala-Form dargestellt (Schumann 2003, S. 23). Andere Symbole des Buddha umfassten seinen Fußabdruck, dargestellt als eine Feuersäule und einen Dreizack, als Symbol der drei Juwelen des Buddha (des Erleuchteten), des Dharma (der Lehre) und der Sangha (der Gemeinschaft der Anhänger).

      Erste Abbildungen des Buddha als Person erschienen im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt und gehören zu den inspirierendsten Objekten menschlicher Kunst. In der typischen Ikonographie des Buddha, beziehen sich nur drei Szenen auf seine Kindheit: Seine Empfängnis, seine Geburt und seine Jugend (Schumann 2003, S. 31–33). Die Kindheit wird üblicherweise nicht in buddhistischer Kunst dargestellt, ebenso wie sie in den Erzählungen seines Lebens vernachlässigt werden. Was zeigen diese wenigen Szenen?

      Empfängnis

      Viele dieser Kunstgegenstände sind Reliefs, nicht freistehende Statuen. Nach den Legenden trat der Buddha direkt aus dem Himmel in die rechte Flanke seiner Mutter, Königin Maya, ein, während sie auf ihrer linken Seite lag. Anderen Legenden zufolge träumte Maja davon, dass sie einen weißen Elefanten in ihren Körper hatte eintreten sehen. Der Elefant wird manchmal mit einem Heiligenschein dargestellt, da diese Szene bei Vollmond stattfindet.

      Geburt

      In den Geburtsszenen steht Königin Maya typischerweise mit gekreuzten Beinen, während sie sich an einem Ast eines Salbaums festhält. Der Buddha erscheint aus ihrer rechten Seite, oft ebenfalls mit einem Heiligenschein. Eine vaginale Geburt hätte nach den Legenden seine Erinnerungen an frühere Leben ausradiert (Strong 2009). Der Gott Indra nimmt das Kind in seine Hände. Das Baby hat alle 32 Zeichen eines Buddha und ist voll geformt. Eigentlich ist es kein richtiges Baby, sondern kann eigenständig ohne Hilfe stehen, wie ein Kleinkind. Nach manchen Legenden blühen riesige Lotus-Blumen dort auf, wo der Buddha die Erde mit seinen Füßen berührt. Auch dieses kann in manchen der Reliefs gesehen werden. Der Buddha nimmt als Baby sieben Schritte in Richtung Osten, Süden, Westen und Norden. Zwei Götter, oft als Schlangen dargestellt, schütten Wasser über ihn, um ihn zu baden. Andere Götter gießen Blüten und duftendes Wasser über ihn. Es ist überraschend, dass keine Bilder von dem Tod seiner Mutter existieren.

      Kindheit

      Es gibt kaum Reliefs oder Statuen aus der Kindheit des Buddha. In einer Ausstellung im Weltkulturerbe Völklingen fand sich ein Relief über die berühmte Rosenapfelbaum-Szene, in der Siddhartha Gautama als Kind zum ersten Mal die tiefe Versenkung der Meditation erfuhr. In diesem Relief wird der zukünftige Buddha jedoch nicht als Kind, sondern als jugendlicher Herrscher präsentiert.

      Jugend

      In seinem Buch beschreibt Schumann (2003) Statuen des jugendlichen Siddhartha Gautama mit einem nachdenklichen, selbstbewussten, aber nicht arroganten Ausdruck. Er wird üblicherweise mit allen Zeichen der königlichen Pracht porträtiert, die er im Rahmen seiner spirituellen Suche zurücklassen sollte. Einige dieser Statuen stammen aus dem Gebiet des derzeitigen Pakistans, das damals von Alexander dem Großen erobert wurde. Diese Statuen zeigen Siddhartha Gautama oft mit typisch griechischen Gesichtsmerkmalen. Diese sogenannte Ghandara-Tradition (nach dem Fundort benannt) repräsentiert eine außergewöhnliche und wundervolle Mischung aus asiatischer und westlicher Kunst.

      Erwachsenenalter

      Alle anderen Bilder zeigen Siddhartha Gautama, bzw. später den Buddha, als erwachsenen Menschen in typischen Szenen seines Lebens: der große Abschied, seine Periode des Asketentums und der Abmagerung, seine Erleuchtung unter dem Bodhi-Baum (Pipalbaum), seine lebenslange Rolle als Lehrer und schließlich sein Tod. Er wird während tiefer Meditation, beim Laufen, Sitzen und in der Interaktion mit anderen Menschen porträtiert. In einem seiner Reliefs ist er tatsächlich dabei, eine Frau mit einem Kind auf ihrem Schoß zu unterrichten. Dies ist die absolute Ausnahme, da üblicherweise nur Erwachsene abgebildet werden.

Images

      Abb. 8: Der Buddha lehrte Erwachsene während seines gesamten Lebens. Dies ist eines der wenigen Reliefs, das ein Kind darstellt (Museum of Asian Art, San Francisco). Es sitzt auf dem Schoß der Mutter. Sein Haar wird gekämmt. Ein weiteres Kind sieht man in der rechten Ecke.

      Es ist faszinierend wahrzunehmen, wie diese typischen ikonographischen Szenen des Buddha nach lokalen ästhetischen Idealen und Traditionen verwandelt wurden, als der Buddhismus sich von Indien über Asien und schließlich in den Westen ausbreitete.

      Buddhistische Kunst in anderen Ländern

      Buddhistische Kunst gibt es natürlich nicht nur in Indien, sondern in vielen anderen Ländern. Nach dem Tod des Buddha wurden seine Lehren immer beliebter und breiteten sich im ersten Jahrtausend von 500 vor bis zum Zeitpunkt von der Geburt Christi über ganz Indien aus, wie im klassischen Werk von Edward Conze (2007) »Buddhismus – eine kurze Geschichte« dargestellt wird. Bis 500 nach Christi breitete sich der Buddhismus dann in anderen asiatischen Ländern wie Nepal, Zentralasien und China aus. In der Zeit um 500 n. Chr. kam es schließlich in Südostasien, Tibet und zuletzt in China, Korea und Japan zu wichtigen Weiterentwicklungen des Buddhismus. Während der Buddhismus in diesen Ländern zur vollen Blüte kam, verlor er in Indien, der Heimat des Buddha, durch wiederholte Invasionen von muslimischen Herrschern um das Jahr 1280 seinen Rückhalt. Wie Stephen Batchelor in seinem Buch »The awakening of the west« (1994) aufzeichnete, verlief die Rezeption des Buddhismus in Europa in kleinen Schritten. Bis auf wenige Kontakte durch Missionare tauchten die ersten philosophischen Interpretationen und Übersetzungen der Texte des Buddha erst im 18. und 19. Jahrhundert auf und erreichten ihren Höhepunkt im 20. Jahrhundert. Seit den 1960er Jahren gelang es dem Buddhismus, in manchen westlichen Ländern sogar zum kulturellen Mainstream zu werden. Dies wurde mithilfe vieler junger Menschen begünstigt, die auf ihrer spirituellen Suche durch Asien damit in Berührung kamen.

      Obwohl die Grundlehren nach wie vor auf denselben Grundlagen basierten, entwickelte der Buddhismus in den jeweiligen Ländern einen Schwerpunkt und eine eigene besondere Note. Wie Josef Goldstein korrekt ausdrückte, gibt es nur »einen Dharma«, d. h. eine grundlegende Lehre des Buddha (Goldstein 2002). Zugleich flossen lokale ästhetische Ideale in die jeweilige buddhistische Kunst ein, die in einer Vielzahl von verschiedenen ästhetischen und künstlerischen Idealen zum Ausdruck kamen.

      Ich habe es immer als ein enormes Privileg empfunden, verschiedene künstlerische Richtungen wahrnehmen zu dürfen. Ich wurde sehr durch den unterschiedlichen Ausdruck des Buddha und seine Lehren inspiriert, wie sie in verschiedenen asiatischen Ländern dargestellt werden. Ich liebe die Vielzahl der weißen Stupas, die mandala- und turmförmigen, zeremoniellen Aufschüttungen in Myanmar, die überall auftauchen und einen begrüßen, selbst in den entlegensten Dörfern.

      Die ruhigen, ernsten, aber auch ausgeglichenen, länglichen Gesichter und Körper in der buddhistischen Kunst Thailands waren für mich immer direkte Erinnerungen daran, innezuhalten und nach innen zu schauen. Die Khmer-Kunst aus Kambodscha waren für mich die anrührendsten Stücke buddhistischer Kunst und drückten, durch das typische ruhige Lächeln der Statuen, Stille und Gelassenheit aus. Tibetische Kunst ist vermutlich die archetypischste buddhistische Tradition, mit einem reichen Ausdruck des gesamten Spektrums von inneren meditativen Zuständen der Psyche.

      Die minimalistische Reduktion künstlerischen Ausdrucks in der Zen-Kunst